Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Tagesbildungsstätte. Einsatz des Einkommens und Vermögens. Mittagessen als integraler Bestandteil. Kostenbeitrag für häusliche Ersparnis
Leitsatz (amtlich)
1. Der Verpflichtung des Empfängers von in einer Bildungseinrichtung erbrachten Eingliederungshilfeleistungen oder der übrigen gem § 19 Abs 3 SGB 12 Einstandspflichtigen zum Kostenersatz für häusliche Ersparnis steht nicht entgegen, dass die in der Einrichtung eingenommene kostenlose Verpflegung integraler Bestandteil der Eingliederungshilfe ist.
2. Für die inhaltliche Ausfüllung des im Gesetz nicht definierten Begriffs der "häuslichen Ersparnis" sind aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität auf Erfahrungswerten der Hilfeträger beruhende Pauschalierungen und Schätzungen zulässig. Insoweit eignet sich insbesondere der regelsatzmäßige Bedarf des Hilfeempfängers als brauchbarer Anhaltspunkt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird - endgültig - auf EUR 1.942,00 festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anforderung eines monatlichen Kostenbeitrages zu Hilfeaufwendungen des Beklagten ab April 2010 umstritten.
Die 1970 geborene Klägerin ist die Mutter der am 24.02.1996 geborenen X. Y. (im Folgenden: Hilfeempfängerin). Die Hilfeempfängerin leidet seit ihrer Geburt an einem Down-Syndrom. Sie ist seit dem 07.09.2008 vollstationär in der “...„, B., einem privaten Heil- und Erziehungsinstitut für seelenpflegebedürftige Kinder und Jugendliche, untergebracht. Die hierfür anfallenden Kosten einschließlich der Aufwendungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes der Hilfeempfängerin erbringt der Beklagte aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB XII; vgl. Bescheide vom 05.05.2008 und vom 10.08.2009).
Zu Beginn der Leistungsgewährung lebte die Klägerin zusammen mit der Hilfeempfängerin und deren 1997 geborenen Bruder L.. Sie erhielt für beide Kinder neben einem monatlichen Kindergeld in Höhe von EUR 328,00 (bis zum 31.12.2009) bzw. EUR 368,00 (ab dem 01.01.2010) von ihrem geschiedenen Ehemann und Vater der Kinder Unterhaltszahlungen in Höhe von monatlich EUR 538,00 (ebenfalls bis zum 31.12.2009) bzw. (seit Januar 2010) von monatlich EUR 668,00. Außerdem erzielte die Klägerin Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung in Höhe von monatlich EUR 400,00, ferner aus der Vermietung des zuvor selbst bewohnten Ein-Familienhauses eine monatliche Kaltmiete von EUR 950,00.
Am 01.04.2010 heiratete die Klägerin erneut. Sie teilte dem Beklagten am 29.03.2010 mit, sie sei schwangerschaftsbedingt seit dem 26.03.2010 arbeitsunfähig krank und erhalte seither kein Erwerbseinkommen mehr.
Durch Bescheid vom 14.04.2010 setzte der Beklagte gegen die Klägerin ab dem 01.04.2010 einen monatlichen Kostenbeitrag zu den Aufwendungen für die Hilfeempfängerin in Höhe von EUR 183,00 fest. In diesem Umfang habe sich die Klägerin an den für den häuslichen Lebensunterhalt der Hilfeempfängerin ersparten Aufwendungen zu beteiligen. Den Kostenbeitrag könne die Klägerin aus den für den Lebensunterhalt der Hilfeempfängerin bestimmten Unterhaltszahlungen des leiblichen Vaters sowie dem Kindergeld entrichten. Nach Abzug des Kostenbeitrages verbleibe noch ein Betrag zur Sicherung des Lebensunterhaltes der Hilfeempfängerin an deren Aufenthaltszeiten zu Hause. Bei der Berechnung des Kostenbeitrages habe er - der Beklagte - einen Aufenthalt der Klägerin zu Hause etwa jedes zweite Wochenende und während sämtlicher Ferien berücksichtigt. Außerdem führte der Beklagte aus, er sei davon ausgegangen, der (zweite) Ehemann der Klägerin komme ab dem Zeitpunkt der Heirat überwiegend für deren Unterhalt auf. Deshalb könne er für die Klägerin weder einen Regelsatz noch einen Mietanteil berücksichtigen.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, nach ihrer Hochzeit habe sich im Mietanteil wie auch im Regelsatz nichts geändert. Sie zahle nach wie vor einen monatlichen Nebenkostenanteil in Höhe von EUR 300,00 an ihren jetzigen Ehemann. Außerdem müsse sie für den Lebensunterhalt ihrer Kinder alleine aufkommen. Zu Unrecht habe der Beklagte auch das Kindergeld sowie die Unterhaltszahlungen des leiblichen Vaters für ihren Sohn auf ihr Einkommen angerechnet. Der Beklagte teilte der Klägerin hierzu mit, nach ihrer Heirat sei der (zweite) Ehemann kraft Gesetzes der Klägerin gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Dieser Unterhaltsanspruch umfasse alles, was nach den Erfordernissen der Ehegatten erforderlich sei, um die Kosten des Haushaltes zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten zu befriedigen. Der Unterhaltsanspruch umfasse auch den Mietanteil im Rahmen der bestehenden Wirtschaftsgemeinschaft. Deshalb bestehe weder eine Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung eines Mietanteils noch zur Berücksichtigung eines Bedarfs in Höhe des Regelsatzes für diese, s...