Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. mehrere Auftraggeber. Erhöhung der in Nr 2400 RVG-VV bestimmten Kappungsgrenze
Leitsatz (amtlich)
Unter den Voraussetzungen der Nr 1008 RVG-VV erhöht sich auch die in Nr 2400 RVG-VV bestimmte Kappungsgrenze.
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Abänderung ihres Kostenfestsetzungsbescheides vom 08.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2008 verpflichtet, den Klägern zu erstattende Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.07.2007 in Höhe von insgesamt 395,08 € festzusetzen.
2. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt die Beklagte.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der der Klägerin zu 1. und ihrem minderjährigen Sohn, dem Kläger zu 2., zu erstattenden Kosten in einem Widerspruchsverfahren.
Mit Bescheid vom 14.03.2007 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger auf Leistungen nach dem SGB II zeitlich unbeschränkt ab. Hiergegen legten die anwaltlich vertretenen Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte zum Az. WL 435/07 mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.2007 als unbegründet zurückwies.
Noch vor Bescheidung des Widerspruchs stellten die insoweit nicht anwaltlich vertretenen Kläger im Juli 2007 erneut einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II, den die Beklagte mit Bescheid vom 09.07.2007 ebenfalls ohne zeitliche Beschränkung ablehnte. In der Rechtmittelbelehrung wurden die Kläger auf die Möglichkeit eines Widerspruchs verwiesen.
Daraufhin legten die Kläger mit Anwaltschreiben vom 16.07.2007 auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, der bei der Beklagten unter dem Az. WL 1693/07 geführt wurde, und beantragten Akteneinsicht. Mit Anwaltsschreiben vom 19.07.2007 legten sie zum Az. WL 435/07 umfassend dar, dass der Bescheid Gegenstand dieses laufenden Widerspruchverfahrens geworden und der Widerspruch daher entsprechend der falschen Rechtsmittelbelehrung nur vorsorglich erhoben worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2007 wies die Beklagte diesen Widerspruch zum Az. WL 1693/07 zurück, erkannte die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren als notwendig an und erklärte die Erstattung der im Widerspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen dem Grunde nach. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Widerspruch sei unzulässig, da der Bescheid Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens WL 435/07 gegen den Bescheid vom 14.03.2007 geworden sei. Die Kostenentscheidung beruhe auf der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung.
Daraufhin beantragten die Kläger mit Anwaltsschreiben vom 26.11.2007 die Erstattung der durch die Beauftragung des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren WL 1693/07 entstandenen Kosten in Form einer Geschäftsgebühr von 312 € (Nr. 2400, 1008 VV RVG) und einer Auslagenpauschale von 20 € (Nr. 7200 RVG) zzgl. 19 % Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG), mithin insgesamt 395,08 €.
Mit dem streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsbescheid vom 08.02.2008 setzte die Beklagte die den Klägern zu erstattenden Kosten in Höhe von insgesamt 166,60 € fest (Geschäftsgebühr 120 €, Post-/Telekommunikationsgebühr 20 €, zzgl. Mwst). Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Erhöhung der Gebühr wegen zweier Auftraggeber nach Nr. 1008 VV RVG um 30% komme nicht in Betracht, da es sich um eine fremdnützige Mandatierung durch die Mutter zugunsten des Kindes gehandelt habe und das Kind deshalb nicht als eigenständiger Auftraggeber anzusehen sei. Es sei auch nur eine Gebühr in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr angemessen, da die Bevollmächtigten in weiteren Verfahren tätig waren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2008 zum Az. WL 254/08 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid als unbegründet zurück. Ergänzend zur Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, die mit Schreiben vom 19.07.2007 vorgebrachte Begründung sei im Verfahren WL 435/07 erforderlich gewesen, der Aufwand hierzu könne auch nur bei der Bemessung der dortigen Gebühren berücksichtigt werden.
Mit ihrer am 04.04.2008 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbescheides vom 08.02.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2008 zu verpflichten, den Klägern die Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.07.2007 in Form einer Geschäftsgebühr von 312 € und einer Auslagenpauschale von 20 € zzgl. 19% Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 395,08 € zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Gericht vorgelegten Verwaltungsakten (4 Bände) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten vom 08.02.2008 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Die Kläger haben einen Anspruch auf Erstattung ihrer im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 09.07.2007...