Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Sozialhilfe. Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten. Anspruch eines Sicherheitsverwahrten auf Leistungen in Form des betreuten Wohnens, wenn dieses Voraussetzung einer Entlassung auf Bewährung ist
Leitsatz (amtlich)
Zum konkret einzelfallbezogenen Anspruch eines nicht seelisch kranken, begrenzt Sicherungsverwahrten gegen den örtlich zuständigen Sozialhilfeträger auf Hilfeleistungen in Form individuell ermittelten, fachspezifischen Betreuten Wohnens zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem SGB 12 im einstweiligen Rechtsschutz, wenn die Strafvollstreckungskammer dies nach ärztlichem Gutachten als Voraussetzung für eine Entlassung aus der Sicherungsverwahrung auf Bewährung deklariert (im Ergebnis bestätigt durch LSG Darmstadt vom 2.8.2012 - L 4 SO 86/12 B ER).
Tenor
Dem Antragsgegner wird aufgegeben, dem Antragsteller, einsetzend mit der Entlassung aus der Sicherungsverwahrung, vorläufig bis zur Bescheidung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 7. Februar 2012 sowie bei Zurückweisung des Widerspruchs und anschließender fristgerechter Klageerhebung bis zur Entscheidung im 1. Rechtszug, Leistungen nach § 67 SGB XII durch den Verein C.C. e.V., C-Stadt, in Form des Betreuten Wohnens, mit nach den Betreuungsplänen des vorgenannten Vereins 20 FLS/Monat für 6 Monate und 16,5 FLS/Monat für dann zunächst vorläufig weitere 6 Monate zu gewähren; dies bis zum Einsetzen einer Leistungsgewährung durch das hierfür zuständige Jobcenter im gesetzlichen Umfang zzgl. der Kosten, die durch das dem Antragsteller vom vorgenannten Verein zur Verfügung gestellte, möblierte Zimmer entstehen.
Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist im einstweiligen Rechtsschutz streitig, ob der Antragsgegner verpflichtet ist, dem Antragsteller vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache ambulante Hilfeleistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 67 Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) in der Form Betreuten Wohnens einschließlich der Kosten eines möblierten Zimmers zu gewähren, wobei Träger der Maßnahme die C.C. e.V., C-Stadt, sein und die Maßnahme einsetzen soll mit der Entlassung des Antragstellers aus der Justizvollzugsanstalt A-Stadt, wo der Antragsteller derzeit zur Vollstreckung einer mit Urteil des Landgerichts D-Stadt vom 25. Juni 1996 angeordneten Sicherungsverwahrung untergebracht ist.
Insoweit war mit Beschluss des Landgerichts B-Stadt vom 21. Juni 2011, 10 Js XY die Entlassung des Antragstellers aus der Sicherungsverwahrung zwar bereits mit Ablauf des 30. September 2011 zur Bewährung angeordnet worden; diese Entlassung hatte das Landgericht B-Stadt dann mit weiterem Beschluss vom 27. September 2011 jedoch wieder aufgehoben, weil das insoweit geplante Entlassungssetting nicht umzusetzen war. Ursprünglich war insoweit im Beschluss vom 21. Juni 2011 ausgeführt worden, dass der Antragsteller aus der Maßregel zu entlassen sei, weil nicht die Gefahr bestehe, dass er schwere Gewalt- oder Sexualstraftaten begehe, wobei diese Beurteilung jedoch voraussetze, dass die in Angriff genommenen und vorangekommenen Bemühungen um ein hinreichend strukturiertes Entlassungsumfeld in der von den hierfür verantwortlichen und dem Antragsteller beabsichtigten Weise zu Ende gebracht würden, wobei kein Zweifel daran bestehe, dass dies gelingen werde und dann auch bis zum 30. September 2011 gelungen sei, so dass das Datum der Beendigung der Maßregel entsprechend festzusetzen gewesen sei. Die Überzeugung hierfür habe das Gericht aus der Gesamtschau der Persönlichkeit des Antragstellers und vor allem seiner Entwicklung in den letzten Jahren im Vollzug gewonnen, wie sie in zwei Gutachten ausführlich und überzeugend dargestellt und bewertet worden sei. Die notwendigen Hilfen und Überwachungen würden dabei durch die erteilten Weisungen sichergestellt, die gleichsam mit dem vorgenannten Beschluss vom 21. Juni 2011 festgelegt worden waren. Dennoch war dann die mit Beschluss vom 27. September 2011 erfolgte Aufhebung der Aussetzung der Sicherungsverwahrung erfolgt, nachdem es bereits an einer ordentlichen Wohnmöglichkeit fehle, der Antragsteller praktisch auf die Straße oder, was der Sache nach dasselbe sei, in ein unbetreutes Männerwohnheim entlassen werden müsse. Insoweit liege es für das Gericht auf der Hand, dass der Antragsteller den damit notwendig einhergehenden Belastungen nicht gewachsen wäre. Damit sei ein unverzichtbarer Teil der hinreichend günstigen Kriminalprognose im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) entfallen, ohne dass dem Antragsteller in diesem Zusammenhang ein Vorwurf zu machen sei, sondern es lediglich die zuständigen Stellen nicht vermocht hätten, ihm eine hinreichend stabile Umgebung anzubieten. Abschließend war dann im Beschluss vom 27. September 2011 noch ausgeführt worden...