Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sanktion. bestandskräftiger Bewilligungsbescheid. keine Minderung des Auszahlungsanspruchs kraft Gesetzes. Erforderlichkeit eines Aufhebungsbescheides nach § 48 Abs 1 S 1 SGB 10

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Absenkung der Grundsicherungsleistungen bei Obliegenheitsverletzungen nach §§ 31, 31a SGB 2 ist weiterhin eine Aufhebungsentscheidung nach § 48 Abs 1 S 1 SGB 10 erforderlich, wenn für den betroffenen Zeitraum zuvor eine bestandskräftige Leistungsbewilligung erfolgt ist. § 31b Abs 1 S 1 SGB 2 führt nicht "von Gesetzes wegen" zur Absenkung des Arbeitslosengeldes II, sondern stellt weiterhin nur eine Regelung zur zeitlichen Bestimmung des Beginns des Absenkungszeitraumes dar.

 

Orientierungssatz

1. Enthält ein Sanktionsbescheid, mit dem die Absenkung einer Grundsicherungsleistung erreicht werden soll, nicht zugleich auch eine Aufhebungsentscheidung bezüglich des ursprünglichen Bewilligungsbescheides, so ist die Absenkung unwirksam und ein Anspruch auf Zahlung der ursprünglich festgesetzten Regelleistung besteht fort.

2. Einzelfall zur Absenkung eines Regelleistungsanspruchs wegen einer Pflichtverletzung durch Nichtbewerbung bei einem unter 25-jährigen Hilfsbedürftigen.

3. Einzelfall zur Glaubhaftmachung der tatsächlichen Durchführung eines Mietvertrages mit einem Verwandten (hier abgelehnt).

 

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller zu 1. den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 05.06. bis 30.06.2013 in Höhe von insgesamt 299 Euro (26/30 von 345 Euro) vorläufig zu gewähren.

Die Antragsgegnerin wird ferner verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit ab 05.06.2013 bis 31.12.2013, längstens jedoch bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens, vorläufig einen Mehrbedarf für dezentrale Wasserversorgung nach 21 Abs. 7 SGB II zu gewähren.

2. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

3. Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern 1/6 ihrer Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wege der einstweiligen Anordnung um Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II für die Zeit seit dem 1. Juni 2013, sowohl wegen einer eingetretenen Minderung des Arbeitslosengeldes II des Antragstellers zu 1., als auch wegen des Anspruches aller Antragsteller auf Kosten der Unterkunft und Heizung.

Der 1990 geborene Antragsteller zu 1. und die 1986 geborene Antragstellerin zu 2. sind verheiratet. Die 2010 und 2012 geborenen Antragsteller zu 3. und 4. sind die minderjährigen Kinder des Antragstellers zu 1. und der Antragstellerin zu 2. Die Antragsteller leben zusammen in Bedarfsgemeinschaft. Die gemeinsame Wohnung der Antragsteller befindet sich B-Straße in C-Stadt in einem dort gelegenen Haus, das im Eigentum der Mutter des Antragstellers zu 1., der Zeugin D, vormals A, steht.

Im Fortzahlungsantrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II vom 23.01.2013 gaben die Antragsteller an, ihnen entstünden Kosten der Unterkunft in Höhe von 300 Euro zuzüglich Vorauszahlungen von 120 Euro für Nebenkosten und 80 Euro für Kosten der Heizung. Maßgebend hierfür sei der mit der Mutter des Antragstellers zu 1., D, geschlossenen, vom 01.05.2012 datierende Mietvertrag, den die Antragsteller bei der Antragsgegnerin vorlegten. Nach diesem Mietvertrag (schriftlicher Mustermietvertrag) vermietet die Mutter des Antragstellers zu 1., die Zeugin D, ihm ein 80 qm Wohnfläche umfassendes Haus mit 5 Zimmern, 1 Küche, 1 Bad, 1 WC, 1 Flur und 1 Keller B-Straße in C-Stadt seit dem 01.05.2012 zu einer Netto-Miete ohne Nebenkosten von 300 Euro monatlich. Als Vorauszahlungen für Heizungs- und Warmwasserkosten werden 80 Euro angegeben, für die übrigen Betriebskosten (Pauschale für allgemeine Betriebskosten) 120 Euro. In § 6 des Mietvertrages findet sich zur Zahlungsweise der Miete der handschriftliche Eintrag “bar Zahlung„. Miete und Betriebskostenvorauszahlungen sind im Voraus, d. h. bis spätestens zum 3. Werktag des jeweiligen Monats, in bar zu zahlen (Kopie des Mietvertrages Blatt 721 ff. Verwaltungsakten). Gleiches ergibt sich aus der Mietbescheinigung der Zeugin D vom 23.01.2012 über die Höhe der Miete (Blatt 729 Verwaltungsakte).

Ferner legten die Antragsteller Kontoauszüge über das Konto Nummer XXX bei der VR-Bank E der Antragstellerin zu 2. für den Zeitraum vom 08.10.2012 bis 21.01.2013 bei der Antragsgegnerin vor (Blatt 736 ff. Verwaltungsakte). Aus ihnen ergeben sich jeweils zu Anfang eines Monats Zahlungen an die Stadt C in Höhe von 100 Euro mit dem Betreff “Steuern und Abgaben„ und weitere Überweisungen in Höhe von 55 Euro am 02.11.2012 und von 54 Euro am 2.4.2013 an den Wasserverband F.

Mit Bescheid vom 30.01.2013 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern unter Anrechnung von Elterngeld und Kindergeld Leistungen nach dem SGB II.

Mit Schreiben vom selben Datum forderte die Antragsgegnerin die Antragsteller zur Mitwirkung auf und erbat Quittungen über die Mietzahlungen sowie die Nebenkostenabrechnung für...

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