Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. Darlehen ab dem Monat nach Studienbeginn. Nichtvorliegen einer besonderen Härte. in Kürze zu erwartende (positive) Bescheidung des Antrags auf BAföG-Leistungen. Vorschussgewährung nach § 51 Abs 2 BAföG
Orientierungssatz
1. Die Leistungsberechtigung nach dem SGB 2 entfällt mit Semesterbeginn, dh ab dem ersten Tag des Monats, selbst dann, wenn die Immatrikulation tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte (vgl LSG Schleswig vom 17.9.2018 - L 6 AS 111/16 = juris RdNr 36).
2. Über den Monat der Aufnahme der Ausbildung hinaus kommt eine Leistungsgewährung nach § 27 Abs 3 S 3 SGB 2 nicht in Betracht.
3. Eine besondere Härte iS des § 27 Abs 3 S 1 SGB 2 ist jedenfalls nicht darin zu erblicken, dass das Studentenwerk eine (positive) Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von BAföG in Kürze in Aussicht stellt.
4. Dauert die Übergangsphase zwischen dem Ausbildungsbeginn und der Bescheidung des Antrags auf BAföG-Leistungen länger als den in § 27 Abs 3 S 3 SGB 2 geregelten ersten Kalendermonat an, kann nur über eine Vorschussgewährung nach § 51 Abs 2 BAföG überbrückungsweise Hilfe erlangt werden.
Tenor
1. Der Eilantrag wird abgelehnt.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von darlehensweisen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Oktober 2022.
Die Antragstellerin stand bei dem Antragsgegner bis zum 30. September 2022 im Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Sie immatrikulierte sich zum 1. September 2022 an der Europa-Universität in Flensburg; seit dem 12. September 2022 hat sie ihr Studium tatsächlich aufgenommen. Am 22. August 2022 beantragte sie bei dem Studentenwerk Schleswig-Holstein die Bewilligung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Ferner stellte sie bei dem Antragsgegner einen Antrag auf Bewilligung von darlehensweisen Leistungen für Oktober 2022. Mit Bescheid vom 22. September 2022 lehnte der Antragsgegner diesen Antrag ab; der hiergegen eingelegte Widerspruch ist noch nicht beschieden.
Der am 1. Oktober 2022 bei dem Sozialgericht Kiel gestellte Eilantrag,
den Antragsgegner vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin für den Monat Oktober 2022 darlehensweise Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes nach dem SGB II in der gesetzlichen Höhe zu erbringen,
ist zulässig, aber unbegründet.
Ist ein einstweiliger Rechtsschutz weder durch aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt noch durch die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes gem. § 86b Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu gewährleisten, kann auf Antrag das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustands nach § 86b Abs.2 S.1 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Nach S.2 der Norm sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Entscheidungserhebliche Angaben sind dabei von den Beteiligten glaubhaft zu machen, § 86b Abs.2 SGG i.V.m. § 920 Abs.2 Zivilprozessordnung. Zusammengefasst müssen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss es im Ergebnis nach einer Prüfung der materiellen Rechtslage überwiegend wahrscheinlich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren im hauptsächlichen Verwaltungs- oder Klageverfahren erfolgreich sein wird (Anordnungsanspruch). Zum anderen muss eine gerichtliche Entscheidung deswegen dringend geboten sein, weil es dem Antragsteller wegen drohender schwerwiegender Nachteile nicht zuzumuten ist, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten; es ist eine existenzbedrohende Notlage erforderlich (Anordnungsgrund).
Nach dieser Maßgabe hat die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Weder aus § 27 Abs.3 S.3 SGB II noch aus § 27 Abs.3 S.1 SGB II hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Gewährung eines Darlehens für den Monat Oktober 2022 in Höhe der mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2022 geltend gemachten monatlichen Unterdeckung von 677,81 €.
Vorauszuschicken ist zunächst, dass § 7 Abs.6 Nr.2b SGB II zugunsten der Antragstellerin nicht eingreift, da sie nach Aktenlage eine außerhalb des Elternhauses wohnende Studierende an einer Universität ist.
§ 27 Abs.3 SGB II lautet: Leistungen können für Regelbedarfe, den Mehrbedarf nach § 21 Absatz 7, Bedarfe für Unterkunft und Heizung, Bedarfe für Bildung und Teilhabe und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Darlehen erbracht werden, sofern der Leistungsaussc...