Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Leistungsanspruch eines EU-Ausländers. Aufenthaltsrecht aus Freizügigkeit bei länger zurückliegender Erwerbstätigkeit. Begründung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts des Kindes eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers bei Schulbesuch. Leistungsanspruch im Rahmen von Sozialhilfeleistungen bei einem Leistungsausschluss in Bezug auf Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende
Orientierungssatz
1. Ein Aufenthaltsrecht aus einer unionsbürgerrechtlichen Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmer kann bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit einen Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende jedenfalls dann nicht mehr begründen, wenn seit dem Ende der letzten erwerbsmäßigen Beschäftigung im Bundesgebiet mehr als zwei Jahre vergangen sind.
2. Die Kinder eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers können ein eigenes Aufenthaltsrecht, das zum Bezug von Grundsicherungsleistungen berechtigt, aufgrund eines Schulbesuchs nur geltend machen, wenn der Unionsbürger, von dem sie ihr Aufenthaltsrecht bisher ableiten, verzogen oder verstorben ist. Hält sich dieser dagegen weiter bei ihnen auf, so bewirkt allein der Wegfall seines Aufenthaltsrechts nicht das Entstehen eines eigenen Aufenthaltsrechts der Kinder zum Zwecke des Schulbesuchs.
3. Bei einem Ausschluss von Leistungen nach dem SGB 2 für einen EU-Ausländer scheiden jedenfalls seit dem 29.12.2016 auch Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB 12 aus.
Tenor
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Verfahren auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz.
Die Antragsteller sind spanische Staatsangehörige. Die Antragstellerin zu 1) lebt mit dem Antragsteller zu 2) und den gemeinsamen Kindern, den am 22.04.1995, am 17.05.2002 und am 20.04.2005 geborenen Antragstellern zu 3) bis 5) in einer 58 qm großen Wohnung in Köln zu einer Gesamtmiete von 544,05 Euro. Die Antragsteller zu 1), 3), 4) und 5) leben seit März 2013 in der Bundesrepublik Deutschland. Der Antragsteller zu 2) ist erstmals Ende Mai 2012 in die Bunderepublik Deutschland eingereist. Zwischenzeitlich lebte er vom 08.01.2015 an in Spanien und hält sich seit 01.02.2017 wieder dauerhaft in Deutschland auf.
Vom 23.07.2013 bis zum 28.02.2014 war der Antragsteller zu 2) bei der Firma U zu einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von 594,00 Euro beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete mit einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Bis zu seiner Eigenkündigung arbeite der Antragsteller zu 2) zudem vom 15.09.2012 bis 31.07.2013 für die Bauunternehmung L1 und erzielte aus diesem Arbeitsverhältnis einen Lohn von 550,00 Euro brutto im Monat.
Der Antragsteller zu 2) bezieht eine spanische Rente in Höhe von 887,00 Euro monatlich. Die Antragsteller beziehen zudem Kindergeld in Höhe von 582,00 Euro monatlich. Seit dem 29.09.2016 ist die Antragstellerin zu 3) bei der Firma H beschäftigt zu einem arbeitsvertraglich vorgesehenen monatlichen Bruttolohn in Höhe von 600,00 Euro.
Bis zum 31.07.2017 bezogen die Antragsteller zu 1), 3), 4) und 5) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Am 03.01.2017 stellten die Antragsteller zu 1), 3), 4) und 5) einen Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen bei dem Antragsgegner. Mit Bescheid vom 10.01.2017 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Gegen den Bescheid legten die Antragsteller keinen Widerspruch ein. Am 24.03.2017 stellten die Antragsteller einen weiteren Antrag auf Leistungen bei dem Antragsgegner und beantragten am 11.04.2017 die Überprüfung des Bescheids vom 10.01.2017. Den Antrag vom 24.03.2017 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 31.03.2017 mit der Begründung ab, den Antragstellern zu 1), 3), 4) und 5) stünde kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu, da sie ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitssuche hätten. Die Entscheidung beruhe auf § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Hiergegen legten die Antragsteller am 21.04.2017 Widerspruch ein mit der Begründung, die Antragstellerin zu 3) gehe seit dem 29.09.2016 einer Erwerbstätigkeit nach.
Am 28.04.2017 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Köln einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie tragen vor, aufgrund des länger als 12 Monate andauernden Beschäftigungsverhältnisses sei der Antragsteller zu 2) als Arbeitnehmer freizügigkeitsberechtigt. Die Voraussetzungen zum Erhalt der Arbeitnehmereigenschaft gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU seien auch dann als erfüllt anzusehen, wenn der Zeitraum von einem Jahr Erwerbstätigkeit durch die Addition der Beschäftigungsmonate verschiedener Arbeitsverhältnisse erreicht werde. Die Antragsteller zu 4) und 5) würden die Schule besuchen. Auch aufgrund des Schulbesuchs seien die Antragstelle...