Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Rechtmäßigkeit einer Eingliederungsvereinbarung. Zulässigkeit einer Ausdehnung der Geltungsdauer eines die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes bis auf weiteres. Zulässigkeit der Anordnung einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung
Orientierungssatz
1. Die Geltungsdauer eines Verwaltungsaktes, der eine Eingliederungsvereinbarung im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ersetzt, kann im Rahmen des Ermessensgebrauchs so ausgestaltet werden, dass dieser bis auf weiteres gilt, jedoch spätestens nach Ablauf von sechs Monaten überprüft wird.
2. In einem Verwaltungsakt, der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt, kann auch die Teilnahme an einer Maßnahme zur beruflichen Eingliederung vorgegeben werden, deren Dauer sechs Monate überschreitet.
3. Jedenfalls bei einem Grundsicherungsempfänger, dem es seit mehr als 10 Jahren nicht mehr gelungen ist, eine Erwerbstätigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen, kann durch Eingliederungsvereinbarung auferlegt werden, an einer mehrmonatigen Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung in Vollzeit teilzunehmen.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt.
Der Kläger ist seit dem Jahr 2009 arbeitslos und bezieht fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten.
Mit Schreiben vom 28.05.2019 bot der Beklagte dem Kläger erstmalig eine Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung mit der Bezeichnung "Richtungswechsel - Neue Wege" bei der USB GmbH in C an. Die Maßnahme sollte 11,3 Monate andauern. Parallel dazu erließ der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 28.05.2019, die eine Teilnahme des Klägers an der Maßnahme vorsah. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und trat die Maßnahme nicht an. Dem Widerspruch gab der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 19.07.2019 aus formalen Gründen statt.
Mit Schreiben vom 02.08.2019 erfolgte das erneute Angebot zur Teilnahme an der Maßnahme bei der USB GmbH für die Zeit vom 07.08.2019 bis 14.05.2020 an den Kläger durch den Beklagten. Mit Eingliederungsverwaltungsakt vom 01.08.2019 verpflichtet der Beklagte den Kläger wiederum zur Teilnahme an der Maßnahme. Die Gültigkeit der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt wurde mit "gültig bis auf weiteres" angegeben.
Dagegen erhob der Kläger am 07.08.2019 Widerspruch. Der Kläger trat die Eingliederungsmaßnahme nicht an. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2019 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 01.08.2019 nach erfolglosen Verhandlungen über den Inhalt einer Eingliederungsvereinbarung erlassen worden sei. Deswegen sei der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes zulässig gewesen. Der Kläger habe sich bereits geweigert, die vorherige Eingliederungsvereinbarung vom 28.05.2019 mit dem Inhalt der Teilnahme an der bereits zuvor angebotenen Maßnahme zu unterschreiben. Eine vorherige Verhandlung oder gar eine neue Potenzanalyse habe sich angesichts des kurzen Zeitraums erübrigt. Hinsichtlich der Geltungsdauer der Eingliederungsvereinbarung "bis auf weiteres" sei die Formulierung nicht zu beanstanden. Hiermit sei ein unbefristeter Geltungszeitraum hinreichend bestimmt geregelt. Die Gültigkeit beginne mit dem 01.08.2019 und laufe bis auf weiteres. Der Geltungszeitraum " bis auf weiteres" sei auch von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen. Bereits aus der Dauer der Zuweisung zur Maßnahme bis zum 14.05.2020 ergebe sich die Erforderlichkeit einer längeren Gültigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes über den festgelegten Überprüfungszeitraum von spätestens sechs Monaten hinaus. Unter Nr. 6 des Verwaltungsaktes sei zudem die Regelung einer Überprüfung nach Ablauf von sechs Monaten getroffen worden. Dies erfolge insbesondere, wenn eine wesentliche Änderung in den persönlichen Verhältnissen des Klägers eine Anpassung der vereinbarten Maßnahmen, Leistungen des Jobcenters und der Pflichten des Klägers erforderlich mache. Das gleiche gelte, wenn das Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt nur aufgrund von Anpassungen und Änderungen erreicht bzw. beschleunigt werden könne. Ziel und Zweck des Eingliederungsverwaltungsaktes seien unter Punkt 3 mit der Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, der Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen, der Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung sowie Stabilisierung der Beschäftigungsaufnahme hinreichend dargestellt worden. Insbesondere sei durch die Arbeitsvermittlung eine individuelle Potentialanalyse und Integrationstrategie durchgeführt worden...