Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung: Gewährung einer Verletztenrente. Minderung der Erwerbsfähigkeit bei einer Distorsion der Halswirbelsäule. Aufhebung der Rentengewährung wegen wesentlicher Verbesserung der gesundheitlichen Folgen eines Arbeitsunfalls. Zulässigkeit eines Antrags auf Anhörung eines bestimmten Arztes

 

Orientierungssatz

1. Bei einer Distorsion der Halswirbelsäule als Folge eines Arbeitsunfalls kommt die Zuerkennung einer Verletztenrente auf unbestimmte Zeit wegen des Vorliegens einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 Prozent erst dann in Betracht, wenn die Folgen der Distorsionsverletzungen sich dauerhaft auf Funktionsbereiche auswirken, etwa durch eine HWS-Zwangshaltung, Kopf- und Armschmerzen bzw. Lähmungserscheinungen.

2. Wird ein Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes erst mehrere Monate nach Vorlage eines gerichtlich eingeholten Gutachtens in der mündlichen Verhandlung gestellt, obwohl bereits mit Vorlage des Gutachtens und spätestens mit Erhalt der Ladung zum Termin für die Klagepartei erkennbar war, dass durch das Gericht keine weitere Beweiserhebung vorgesehen ist, so kann der Antrag als verspätet zurückgewiesen werden.

3. Einzelfall zur Aufhebung der Gewährung einer Verletztenrente wegen eingetretener wesentlicher Verbesserung der gesundheitlichen Folgen eines Arbeitsunfalls.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wehrt sich gegen die Entziehung der Verletztenrente.

Am 28.05.1985 erlitt die Klägerin einen Autounfall, den die Beklagte als Versicherungsfall unter Berücksichtigung folgender Unfallfolgen mit Bescheid vom 10.04.1987 anerkannte:

"Geringfügige, endgradige Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, Druckschmerzhaftigkeit der Kopfgelenksregion mit Reizung im Hinterhauptbereich, Kraftminderung des 4. und 5. Fingers der linken Hand, Sensibilitätsstörungen im linken Arm und der Langfinger der linken Hand mit vermehrten Reflexveränderungen, leichte Minderung der Hohlhandbeschwielung links, nach HWS-Schleudertrauma mit Beteiligung des Bandscheibenzwischenraumes der Halswirbelkörper C 5 und C 6." Der Klägerin wurde wegen der Unfallfolgen Verletztenrente nach einer MdE von 20 % gewährt.

Im Rahmen einer weiteren Begutachtung durch die Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie Dr. E und Dr. K im Rahmen des Gutachtens vom 06.12.1988 kamen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass ein neurologischer Befund bei der Klägerin nicht festzustellen sei und hinsichtlich der Sensibilitätsstörungen und Lähmungserscheinungen im Bereich des linken Arms ein rein psychogenes Geschehen vorgelegen habe.

Im Rahmen eines Verschlimmerungsantrags der Klägerin wurde diese in der BG-Klinik Bergmannsheil durch den Chirurgen Dr. C1 erneut begutachtet. Im Rahmen des Gutachtens vom 28.11.1990 stellte der Sachverständige fest, dass die Beeinträchtigungen der Hand nicht objektivierbar seien. Allerdings lägen im Bereich der Halswirbelsäule voraussichtlich nach wie vor Unfallschäden vor, die eine MdE von 20 % rechtfertigten.

Mit Schreiben vom 23.10.2000 wandte sich der Bruder der Klägerin, Herr T2, an die Beklagte und teilte mit, dass diese auf ihrem eigenen Grundstück schwere Gartenarbeit, Rasenmäherarbeiten usw. verrichte. Im Übrigen betreue die Klägerin seit mehreren Jahren zwei Pflegefälle. Insofern sei bei der Klägerin nicht von einer "kranken Person" auszugehen.

Das Schreiben nahm die Beklagte zum Anlass ein Überprüfungsverfahren hinsichtlich der Verletztenrentenzahlung einzuleiten. Im Auftrag der Beklagten untersuchte der Neurologe und Psychiater Dr. C2 die Klägerin und kam im Rahmen seines Gutachtens vom 16.02.2001 zu dem Ergebnis, dass auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet keine Unfallfolgen feststellbar seien. Der Unfallchirurg Dr. T3 kam im Rahmen seiner Begutachtung vom 25.09.2001 zu dem Ergebnis, dass keine nennenswerten Funktionseinschränkungen der Hand mehr erkennbar seien. Nach wie vor bestehe eine endgradige Bewegungseinschränkung der HWS. Allerdings zeigten sich auch degenerative Veränderungen der HWS, die unfallnah noch nicht bestanden hätten. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Jahre 1996 nochmals einen Unfall mit HWS-Beeinträchtigung erlitten habe, der keinen Versicherungsfall darstelle.

Im Rahmen eines Attests vom 01.10.2000 vertrat der behandelnde Arzt Dr. M die Auffassung, dass der zweite Unfall von 1996 zu einer Verschlimmerung geführt habe. Die Beschwerden der Klägerin seien im Wesentlichen traumatisch bedingt.

Nach Anhörung der Klägerin entzog die Beklagte die Verletztenrente mit Bescheid vorn 25.10.2001 mit Wirkung zum Ablauf des Monats Oktober 2001. Es sei eine wesentliche Besserung der gesundheitlichen Verhältnisse dahingehend eingetreten, dass die Kraftminderung des 4. und 5. Fingers der linken Hand, die Sensibilitätsstörungen im linken Arm und der Langfinger der linken Hand mit vermehrten Reflexveränderungen sowie die Minderung der Hohlhandbeschwielung links nicht mehr beständen. Eine rentenb...

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