Nachgehend

BSG (Beschluss vom 07.11.2018; Aktenzeichen B 9 SB 2/18 BH)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "1. Kl.".

Der Kläger wurde 1983 geboren. Mit Bescheid vom 19.12.2001 wurde bei ihm neben einem Grad der Behinderung - GdB - von 100 und den Merkzeichen "G", "B", "RF" und "H" zusätzlich das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "Bl" festgestellt. Im Mai 2015 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Änderungsantrag und beantragte das Merkzeichen "1. Kl.". Er machte geltend, es lägen ein Wertungswiderspruch und eine Ungleichbehandlung vor, weil das Merkzeichen nur Kriegsblinden, nicht aber Zivilblinden erteilt werde. Mit Bescheid vom 17.06.2015 wurde der Antrag abgelehnt. In der Begründung wurde ausgeführt, das Merkzeichen stehe Kriegsbeschädigten zu, wenn die anerkannten Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz - BVG - mindestens einen Grad der Schädigung - GdS - von 70 bedingten und bei Bahnfahrten die Benutzung der 1. Wagenklasse erforderten; gleiches gelte für Entschädigungsberechtigte nach dem Bundesentschädigungsgesetz - BEG -. Zu diesem Personenkreis gehöre der Kläger nicht. Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und vertrat die Ansicht, die Voraussetzungen für die Anerkennung und Bewilligung des Merkzeichens "1. Kl." seien erfüllt. Ein Unterschied zwischen Kriegsblinden und Zivilblinden bestehe nicht. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2015 zurückgewiesen.

Der Kläger hat am 06.08.2015 Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und führt aus, zwischen einem Kriegsblinden und einem Zivilblinden bestehe kein Unterschied. Die Ursache der Blindheit sei unerheblich. Die nähere Ausgestaltung des Begünstigtenkreises dürfe nicht den tariflichen Bestimmungen der "Eisenbahnen" überlassen werden. Es liege eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor. Auch stehe die Regelung mit der UN-Behindertenrechtskonvention nicht in Einklang.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2015 zu verurteilen, bei ihm das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "1. Kl." festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die den Kläger betreffende Verwaltungsakte und auf die Gerichtsakte Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 17.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2015 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, bei dem Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "1. Kl." festzustellen.

Die Voraussetzungen, unter denen das Merkzeichen "1. Kl." zu vergeben ist, liegen nicht vor. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 der Schwerbehindertenausweisverordnung - SchwbAwV - ist im Schwerbehindertenausweis auf der Rückseite das Merkzeichen "1. Kl." einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch die im Verkehr mit Eisenbahnen tariflich festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse erfüllt. Der Nachteilsausgleich kommt für Schwerkriegsbeschädigte und Verfolgte im Sinne des BEG mit einem GdS von mindestens 70 in Betracht, wenn sich bei Anlegung eines strengen Maßstabes feststellen lässt, dass der auf den anerkannten Schädigungsfolgen beruhende körperliche Zustand bei Eisenbahnfahrten die Unterbringung in der 1. Wagenklasse erfordert. Dies wird unter anderem bei Kriegsblinden unterstellt. Da die Versorgungsmedizinischen Grundsätze - VMG - keine diesbezüglichen Regelungen beinhalten, ist insoweit zur Gewährleistung eines bundesweit einheitlichen Maßstabes weiterhin auf die in Nr. 34 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit - AHP - niedergelegten Kriterien abzustellen (vergl. Goebel in jurisPK-SGB IX, Rn. 64 zu § 69 SGB IX m. w. N.). Zu dem Personenkreis der Schwerkriegsbeschädigten und Verfolgten im Sinne des BEG gehört der Kläger nicht. Die zur Festlegung des Begünstigtenkreises getroffenen Regelungen sind nach Auffassung der Kammer nicht zu beanstanden. Im Übrigen würde aus einer nicht hinreichenden Ausgestaltung der Regelungen über den Begünstigtenkreis nach Auffassung der Kammer kein Anspruch auf eine Ausweitung dieses Kreises resultieren können.

Ein Anspruch auf die Zuerkennung des Merkzeichens "1. Kl." ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes oder anderen höherrangigen Rechts. Eine Ungleichbehandlung gegenüber nicht Behinderten ist nicht gegeben. Soweit der Kläger anders behandelt wird, als der P...

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