Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Kosten des Probewohnens als Kosten des Maßregelvollzugs. Leistungsausschluss bei Unterbringung in stationärer Einrichtung. richterlich angeordnete Freiheitsentziehung. keine Ausnahme bei Außenbeschäftigung aufgrund Vollzugslockerung
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten des Probewohnens sind Kosten des Maßregelvollzugs (Art 18 Abs 1 S 3 BayMRVG).
Orientierungssatz
Der Maßregelvollzug gemäß § 63 StGB ist eine Maßnahme der richterlich angeordneten Freiheitsentziehung im Sinne § 7 Abs 4 S 2 SGB 2. Zumindest seit der Änderung des § 7 Abs 4 S 3 SGB 2 zum 1.8.2016 ist klargestellt, dass bei Unterbringung in einer Einrichtung zum Vollzug der richterlich angeordneten Freiheitsentziehung auch dann keine Ausnahme vom Leistungsausschluss anerkannt werden kann, wenn tatsächlich eine Erwerbstätigkeit im Rahmen der Vollzugslockerung - hier Außenbeschäftigung nach Art 16 Abs 2 Nr 2 MVollzG BY - verrichtet wird.
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 30.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2017 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 06.05.2017 bis 31.10.2017.
Der 1958 geborene Kläger wurde 2007 wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem wurde seine Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus angeordnet. Aufgrund der Verurteilung war der Kläger sodann seit 2007 in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Ab dem 17.05.2010 fand ein Gefängnisaufenthalt statt. Ab dem 05.10.2011 wurde der Kläger im Bezirkskrankenhaus R. zur weiteren Vollstreckung der Unterbringung aufgenommen.
Seit dem 26.09.2016 ging der Kläger einer Erwerbstätigkeit als Hilfskraft im Metallbau bei einer Firma in R. nach. Ab dem 06.05.2017 befand sich der Kläger im Rahmen des sogenannten Probewohnens, das im Rahmen einer Maßnahme des ambulant betreuten Wohnens in S. durchgeführt wurde. In das Bezirksklinikum R. musste der Kläger lediglich einmal die Woche zu therapeutischen Gesprächen für ca. eine Stunde kommen.
Am 31.05.2017 beantragte der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beim Beklagten.
Trotz seiner Erwerbstätigkeit und des Lohnes von ca. 1.000 EUR mtl. sei der Kläger hilfebedürftig, weil monatliche Fahrtkosten zur Arbeitsstelle iHv ca. 230 EUR aufzubringen seien.
Mit Bescheid des Beklagten vom 30.06.2017 wurde der Antrag des Klägers für den Zeitraum 01.05.2017 bis 30.04.2018 abgelehnt. Der Kläger habe keinen Anspruch, weil er in einer stationären Einrichtung untergebracht sei.
Mit Schreiben vom 19.07.2017 legte er Kläger Widerspruch ein. Eine Ablehnung sei nicht gerechtfertigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2017 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Menschen, die zum Vollzug einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung untergebracht seien, könnten mit Menschen in stationären Einrichtungen gleichgestellt werden. Mit Wirkung vom 01.08.2016 habe der Gesetzgeber die Bezugnahme in § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II auf stationäre Einrichtungen dahingehend präzisiert, dass nur solche nach Abs. 4 Satz 1 erfasst sein sollen. Die Regelung sei auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales in § 7 SGB II aufgenommen worden. Ausgeschlossen sei damit der Leistungsbezug durch Personen, die sich in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten. Sie seien den Gesetzgebungsmaterialien zufolge auch dann nicht leistungsberechtigt, wenn sie als Freigänger einer Beschäftigung nachgingen.
Seit August 2017 erhielt der Kläger aufgrund der Insolvenz des Arbeitgebers keinen Lohn mehr.
Im Zeitraum Mai bis Oktober 2017 erhielt der Kläger Darlehen des Bezirksklinikums R. iHv mtl. ca. 800 EUR. Im November 2017 erhielt der Kläger Insolvenzgeld iHv ca. 3.000 EUR.
Mit seiner Klage vom 19.09.2017 hat sich der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, an das Sozialgericht Landshut gewandt. Außerhalb der Forensik wohnende, erwerbsfähige Antragsteller seien nicht von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Das gelte erst recht, wenn sie einer regelmäßigen und regulären abhängigen Beschäftigung nachgingen. Der Kläger habe sich schon nicht mehr in einer Einrichtung zum Vollzug einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung aufgehalten.
Der Kläger beantragt zuletzt,
den Bescheid des Beklagten vom 30.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum 06.05.2017 bis 31.10.2017 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Beklagte auf den Inhalt der beigezogenen Akte des Beklagten sowie auf die bisherigen A...