Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Erklärung zur Überweisung der Unterkunftskosten. keine Zahlung mit schuldbefreiender Wirkung durch den Grundsicherungsträger. Voraussetzung einer Genehmigung iS des § 185 Abs 2 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Erklärung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zur Überweisung der Kosten der Unterkunft und Heizung an seinen Vermieter ermächtigt den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht, an den Vermieter mit schuldbefreiender Wirkung Zahlungen aus der bewilligten Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlichen und angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu leisten.

 

Orientierungssatz

Eine Genehmigung iS des § 185 Abs 2 BGB setzt eine ausdrückliche und eindeutige Erklärung des rechtskundigen und nicht durch einen Bevollmächtigten vertretenen Hilfebedürftigen voraus.

 

Tatbestand

Der Antragsteller (Ast.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von der Antragsgegnerin (Ag.), “einbehaltene Miete auszuzahlen„.

Das Verfahren unter dem o.g. Aktenzeichen ist u.a. ein Folgeverfahren zu dem Verfahren unter dem Aktenzeichen S 19 AS 581/08 ER. Daher werden nur die wesentlichen Änderungen dargestellt.

Auf Antrag vom 5. Mai 2008 bewilligte die Ag. dem Ast. mit Bescheid vom 19. Mai 2008 für Juni 2008 insgesamt 618,12 € und für Juli bis November 2008 insgesamt 622,12 € monatlich. Denn dagegen am 3. Juni 2008 erhobenen Widerspruch wies die Ag. mit Bescheid vom 8. September 2008 (W 7605/08) zurück. Dagegen richtet sich die am 29. September 2008 erhobene Klage mit dem Aktenzeichen S 19 AS 3690/08. Darüber wurde noch nicht entschieden.

Mit Bescheiden vom 16. und 21. Juli 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 2. September 2008 (W 10249/08 und W 10153/08) senkte die Ag. die Regelleistung für August 2008 um 35,- € und für September bis November 2008 um 70,- € monatlich. Dagegen richtet sich die am 12. November 2008 erhobene Klage mit dem Aktenzeichen S 19 AS 4248/08.

Weiterhin sind derzeit noch folgende Verfahren der Beteiligten rechtshängig: S 19 AS 2150/07, S 19 AS 1936/08, S 19 AS 2068/08 und S 19 AS 2236/08.

Am 22. Oktober 2008 begehrte der Ast. beim Gericht (erneut) einstweiligen Rechtsschutz. Die Ag. sei zu verpflichten, die ab März 2008 einbehaltene Miete in Höhe von 82,75 € auszuzahlen.

Am 21. November 2008 hat das Gericht mit den Beteiligten den Sachverhalt erörtert. Auf die Niederschrift über den Termin wird verwiesen (Blatt 51f der Gerichtakte). Weiterhin hat das Gericht den Vermieter des Ast. (Vermieter) schriftlich als Zeugen vernommen. Auf die Anfrage vom 2. Dezember 2008 und dessen Stellungnahme vom 4. Dezember 2008 wird ebenso verwiesen (Blatt 59f und 65 der Gerichtsakte).

Am 24. November 2008 bat der Ast. um “Zuordnung eines Sozialanwalts„.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird abgesehen. Denn das Gesetz verlangt nach § 142 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur die Begründung des Beschlusses über die einstweilige Anordnung. Auf § 136 SGG wird nur verwiesen, falls der Beschluss nach mündlicher Verhandlung ergeht, vgl. § 142 Abs. 1 SGG. Daran fehlt es hier. Somit ist eine (weitere) gedrängte Darstellung des Tatbestandes im Sinne des § 136 Abs. 1 Nr. 5 SGG entbehrlich.

 

Entscheidungsgründe

Der zulässige Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist begründet, soweit er die vorläufige Auszahlung der “einbehaltenen Miete„ in Höhe von 82,75 € monatlich ab dem 22. Oktober 2008 (Antrag bei Gericht) betrifft (4.). Im übrigen ist er unbegründet (3.).

1. Der Ast. begehrt (im Sinne des entsprechend anwendbaren § 123 SGG) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab März 2008. Hierfür ist die sog. Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft.

Für eine einstweilige Anordnung des Gerichts hat der Ast. nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit (iVm) § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) Tatsachen für einen Anordnungsanspruch und -grund glaubhaft zu machen. Zur sog. Glaubhaftmachung wird auf § 23 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Zehntes Buch (X) und § 294 Abs. 1 ZPO sowie hierzu zB Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 4 R 29/06 R (Rn 116), verwiesen.

Für das Bestehen eines Anordnungsanspruches ist die Darlegung und Glaubhaftmachung von Tatsachen erforderlich, aus denen sich ein materiell-rechtlicher Anspruch ergibt, vgl. hierzu ebenso zB § 916 ZPO. Ein Anspruch ist ein Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen verlangen zu können, vgl. § 194 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Der Anordnungsgrund erfordert das Bestehen einer besonderen Dringlichkeit. Die vorläufige Regelung muss “zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig„ erscheinen. Entscheidend ist hierfür vor allem, ob es dem einstweiligen Rechtsschutz Begehrenden zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, vgl. hierzu zB Keller in: Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage 2005, § 86b Rn 28. Besondere Anforderungen ge...

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