Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf für Alleinerziehende. Drei-Generationen-Bedarfsgemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Ein Mehrbedarf für Alleinerziehende kommt auch für eine Person unter 25 Jahren in Betracht, wenn sie mit einem minderjährigen Kind und einem eigenen Elternteil zusammenlebt.
Tenor
I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 31.5.2012 in der Fassung der Bescheide vom 29.6.2012, 11.7.2012, 9.8.2012 und 17.8.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.8.2012 dem Grunde nach verurteilt, bei der endgültigen Festsetzung der Leistungen für die Klägerin für die Zeit vom 6.6. bis 30.11.2012 einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II zu berücksichtigen.
II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 SGB II.
Die 1994 geborene und nicht verheiratete Klägerin befand sich im Schuljahr 2011/2012 in der 9. Klasse. Am 6.6.2012 wurde der Sohn der Klägerin, A..., geboren. Nach eigenen Angaben nahm die Klägerin acht Wochen vor der Geburt nicht mehr am Schulunterricht teil und besuchte sie mit Beginn des Schuljahres 2012/2013, Unterricht ab dem 3.9.2012, die 10. Klasse.
Für ihren Sohn wurden der Klägerin ab Juni Kindergeld (Bescheid vom 21.6.2012), vom 6.6.2012 bis 5.6.2013 Elterngeld (Bescheid vom 3.7.2012) und ab dem 6.6.2012 Unterhaltsvorschuss (Bescheid vom 17.8.2012) bewilligt.
Die Mutter der Klägerin, A..., ist seit dem 1.5.2012 Mieterin einer Wohnung mit einer Wohnfläche von 122 m². Nach dem Dauernutzungsvertrag vom 30.1.2012 waren hierfür ab Mietbeginn insgesamt 686,90 € (426,27 Grundmiete; 92,56 € Betriebskosten; 168,07 € Heizung/Warmwasser) zu zahlen. Seit dem 1.5.2012 ist die Klägerin zusammen mit ihrer Mutter und einer im November 1997 geborenen Schwester (A...) unter derselben Anschrift gemeldet. Im Zusammenhang mit dem Umzug in die vorgenannte Wohnung waren drei Verfahren zwischen der Mutter und Schwester der Klägerin sowie dem Beklagten anhängig. Auf die Beschlüsse vom 2.5.2012 - S 23 AS 1284/12 (Zustimmung zum Umzug und Umzugskosten), 7.6.2012 - S 23 AS 1708/12 ER (Leistungen für Juni bis November 2012) und 13.7.2012 - S 23 AS 1293/12 (Kostenentscheidung in der Hauptsache zum Verfahren S 23 AS 1284/12) wird Bezug genommen.
Auf Antrag der Klägerin vom 8.5.2012 bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 31.5.2012 vorläufig für die Zeit vom 1.6. bis 30.11.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Am 11.6.2012 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 31.5.2012. Der Regelbedarf sowie die Bedarfe für Unterkunft und Heizung seien zu niedrig berücksichtigt. Weiterhin zeigte sie die Geburt ihres Sohnes an. Das Vorverfahren wurde beim Beklagten unter dem Aktenzeichen W 7456/12 geführt.
Mit Bescheid vom 29.6.2012 änderte der Beklagte die vorläufige Bewilligung für die Zeit vom 1.6. bis 30.11.2012. Dabei bewilligte er ab dem 6.6.2012 auch dem Sohn der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Am 5.7.2012 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.6.2012. Ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II sei einzubeziehen. Weiterhin sei die Vorläufigkeit hinsichtlich der Kosten für Unterkunft nicht nachvollziehbar. Das Vorverfahren wurde beim Beklagten unter dem Aktenzeichen W 8702/12 geführt.
Mit Bescheid vom 11.7.2012 änderte der Beklagte die vorläufige Bewilligung für die Zeit vom 1.8. bis 30.11.2012, mit Bescheid vom 9.8.2012 für August 2012 und mit Bescheid vom 17.8.2012 für die Zeit vom 1.9. bis 30.11.2012.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.8.2012 (W 8702/12) verwarf der Beklagte den Widerspruch vom 5.7.2012 gegen den Bescheid vom 29.6.2012 als unzulässig. Denn er sei Gegenstand des Vorverfahrens mit dem Aktenzeichen W 7456/12.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.8.2012 (W 7456/12) wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 31.5.2012 in der Fassung der Bescheide vom 29.6.2012, 11.7.2012, 9.8.2012 und 17.8.2012 zurück. Die im Vorverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen würden zur Hälfte erstattet. Ab der Geburt ihres Sohnes bilde die Klägerin mit ihrem Sohn eine von ihrer Mutter getrennte Bedarfsgemeinschaft. Abweichend hierzu sei der Klägerin mit Bescheid vom 29.6.2012 bereits ab dem 1.6.2012 ein Regelbedarf von 374,- € monatlich zuerkannt worden. Die Kosten für Unterkunft und Heizung seien ab dem Bescheid vom 29.6.2012 in tatsächlicher Höhe berücksichtigt worden. Ab dem 6.6.2012 seien die Kosten hierfür hälftig auf beide in der Wohnung lebenden Bedarfsgemeinschaften aufzuteilen. Ein Mehrbedarf für Alleinerziehende stehe der Klägerin nicht zu. Denn sie sorge nicht allein für die Pflege und Erziehung ihres Kindes. Ab dem Schulbesuch im September 2012 könne sie sich während der Unterrichtszeiten nicht um ihr Kind kümmern. Weiterhin habe sie am 20.6.2012 erklärt, dass ihre Mutter die Elternzeit übernehmen werde. Insofern werde die Pflege und Erziehung des Kindes zu einem nicht unerheblichen...