Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Übernahme des Zusatzbeitrages zur Krankenversicherung. keine Unzumutbarkeit des Krankenkassenwechsels. kein unabweisbarer Bedarf
Leitsatz (amtlich)
1. Der Wechsel von einer gesetzlichen Krankenversicherung, die einen monatlichen Zusatzbeitrag erhebt, zu einer anderen, die keinen solchen erhebt, ist regelmäßig zumutbar und stellt keine besondere Härte dar.
2. In diesem Fall fehlt es auch an der Unabweisbarkeit des Bedarfs iS des § 21 Abs 6 SGB 2.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übernahme eines Zusatzbeitrages zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Der 1974 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der Beklagten. Am 16.02.2010 legte er der Beklagten ein Schreiben seiner gesetzlichen Krankenversicherung, der DAK, vor, mit dem diese den Kläger darauf hingewiesen hatte, dass sie ab Februar 2010 einen Zusatzbeitrag in Höhe von monatlich 8,00 Euro erheben werde und dass für Bezieher von Arbeitslosengeld II der Leistungsträger (Arbeitsgemeinschaft, Jobcenter, Kommune) den Zusatzbeitrag übernehmen könne. Daraufhin wies die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom selben Tag darauf hin, dass bei erstmaliger Erhebung eines Zusatzbeitrages durch die Krankenkasse ein Sonderkündigungsrecht der Mitgliedschaft bestehe und dass eine Übernahme des Zusatzbeitrages nur möglich sei, wenn der Krankenkassenwechsel eine besondere Härte darstelle, die der Kläger dazulegen habe.
Mit Schreiben vom 22.02.2010 erklärte der Kläger, dass ihm ein Krankenkassenwechsel nicht zumutbar sei. Er sei bereits seit fast 20 Jahren bei der DAK versichert, die ihn bei seiner Krankheit, Diabetes mellitus Typ I, rundum perfekt unterstütze. Das DAK-Gesundheitsprogramm für chronische Erkrankungen, an dem er teilnehme, werde von anderen Krankenkassen nicht oder nur mit Einschränkungen angeboten. Außerdem habe er bereits im Dezember 2009 seinen Beitrag eingezahlt, der ihn für das Jahr 2010 von Zuzahlungen für Rezepte befreie. Darauf sei er angewiesen, da er durch seine Krankheit monatlich teure Medizin benötige, deren Zuzahlungen er von der Regelleistung nicht aufbringen könne. Außerdem sei bekannt, dass spätestens mit Ablauf des Jahres 2010 alle Krankenkassen einen Zusatzbeitrag erheben würden.
Mit Bescheid vom 21.04.2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Übernahme eines Zusatzbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung ab. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass ein Krankenkassenwechsel für ihn eine besondere Härte darstelle. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2010 als unbegründet zurück.
Mit seiner am 16.06.2010 vor dem Sozialgericht Lübeck erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass seine Mitgliedschaft bei der DAK weitere Vorteile biete, auf die zu verzichten ihm unzumutbar sei, wie unterschiedliche Erstattungen, z. B. in Form einmaliger Zahlungen. Würde er die Krankenkasse wechseln, müsse er bei der neuen Krankenkasse erneut eine Vorauszahlung leisten, um im Jahr 2010 von der Medikamentenzuzahlung befreit zu sein. Außerdem befürchte er, dass keine seriöse Krankenkasse einen Arbeitslosengeld-II-Empfänger mit offenen Armen empfange und ihm als chronisch Kranken wenigstens eine ähnlich gute Behandlungsform garantiere. Ferner fühle er sich bei der DAK rundum wohl. Deren nächste Geschäftsstelle finde sich lediglich 10 Minuten zu Fuß von seiner Wohnung entfernt. Eine Kommunikation mit Krankenkassen, deren nächste Geschäftsstelle von seinem Wohnort weiter entfernt sei, würde unnötige Kosten in Gestalt von Fahrgeld verursachen. Bei seiner Erkrankung sei es nicht akzeptabel, mit Sachbearbeitern der Krankenkasse ausschließlich über das Internet, per Telefon oder auf dem Postweg zu kommunizieren.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Beklagte zu verurteilen, den Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung, den die DAK von ihm fordere, ab März 2010 in Höhe von monatlich 8,00 Euro zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und verweist dazu auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat - in Ausübung seiner Amtsermittlungsbefugnisse gemäß § 106 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - mehrere Krankenkassen befragt; insoweit wird auf Bl. 32 bis 34 und 41 der Gerichtsakte (GA) verwiesen. Anschließend wurden die Beteiligten auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Klage hingewiesen und zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG angehört.
Die Gerichts- sowie die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten haben der erkennenden Kammer vorgelegen und sind Grundlage der vorliegenden Entscheidung. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf diese Unterlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht kann...