Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. selbst genutztes Eigenheim. Gleichstellung mit Mietwohnung. Ermittlung der angemessenen Wohnfläche bei Wohngemeinschaften
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Beurteilung der Angemessenheit von Aufwendungen für ein geschütztes Eigenheim ist - im Hinblick auf die Aufgabe der Hilfe zum Lebensunterhalt, nur den notwendigen Bedarf sicherzustellen - davon auszugehen, dass eine Besserstellung von Wohneigentümern gegenüber Mietern in gleicher Situation im Rahmen von Leistungen für Unterkunft nach § 22 SGB 2 nicht möglich ist (vgl LSG Celle-Bremen vom 11.1.2006 - L 8 AS 409/05 ER). Daher ist darauf abzustellen, welche angemessenen Kosten für eine Mietwohnung übernommen werden müssten.
2. Es ist sachgerecht, in Wohngemeinschaften von einer Höchstwohnfläche von 40qm je Bewohner auszugehen, was sich daraus ergibt, dass von der für einen Ein-Personen-Haushalt nach der Richtlinie über die Soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen (Runderlass vom 27.6.2003 in NdsMBl 2003, 580, 582) geltenden Höchstwohnfläche von 50qm ein angemessener Abschlag von 10qm vorzunehmen ist, der den Vorteilen einer Wohngemeinschaft Rechnung trägt. Denn im Falle einer Wohngemeinschaft ergeben sich Einsparungen gegenüber zweier getrennter Ein-Personen-Haushalte und nicht ein Mehrbedarf gegenüber einem Zwei-Personen-Haushalt. Es ist daher darauf abzustellen, inwieweit der Raumbedarf einer Person durch das Eingehen einer Wohngemeinschaft und die damit einhergehende gemeinschaftliche Nutzung verschiedener Räumlichkeiten effektiv verringert ist. Wenn man davon ausgeht, dass in einer Wohngemeinschaft üblicherweise Küche und Bad sowie Flur gemeinschaftlich genutzt werden, und diese bei einem Ein-Personen-Haushalt nicht den Hauptteil der Wohnung ausmachen, erscheint ein Abschlag von 10qm als ausreichend (so auch SG Lüneburg vom 19.4.2006 - S 24 AS 394/06 ER - und vom 2.6.2006 - S 25 AS 483/06 ER).
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bei Unterliegen im Hauptsacheverfahren ab dem 26.Mai 2006 bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 15.Mai 2006 - längstens jedoch bis zum 30.November 2006 - monatliche Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 274,41 € unter Berücksichtigung der bereits gewährten Leistungen zu gewähren.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Der Antrag, den Antragsgegner im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zur Übernahme der sich aus der Nebenkostenabrechnung der C. vom 01.Februar 2006 ergebenden Nachzahlungsbeträge zu verpflichten, wird abgelehnt.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die der Antragstellerin zu gewährenden Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II). Dabei ist die Höhe der laufenden Abschlagszahlungen sowie die Höhe der Nachzahlung aus der Jahresendabrechnung der C. vom 01. Februar 2006 für den Abrechnungszeitraum vom 01. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2005 umstritten.
Die 1962 geborene Antragstellerin bewohnt zusammen mit ihrer Schwester D. ein 102,48 qm großes Einfamilienhaus in Celle, das ihnen zusammen mit einer weiteren Schwester zu Eigentum gehört. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners und der Nebenkostenabrechnung der C. vom 01. Februar 2006 fallen tatsächlich monatlich folgende Kosten an:
|
Kreditzinsen |
337,87 € |
Grundsteuer |
22,21 € |
Wartung der Heizungsanlage |
8,29 € |
Wasser |
17,00 € |
Abwasser |
19,00 € |
Müllgebühren |
22,76 € |
Wohngebäudeversicherung |
15,01 € |
Schornsteinfegergebühren |
5,19 € |
Straßenreinigung |
11,22 € |
Summe |
458,55 € |
Hiervon entfällt auf die Antragstellerin der hälftige Betrag in Höhe von 229,28 €
Für Heizkosten (Gas) sind monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 141,00 € fällig, wobei auch hier der hälftige Anteil in Höhe von 70,50 € auf die Antragstellerin entfällt.
Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin zuletzt mit Bescheid vom 15. Mai 2006 für den Zeitraum vom 01. Juni 2006 bis zum 30. November 2006 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 252,60 €, wobei weitere 252,60 € der Schwester D. bewilligt worden sind. Der jeweiligen Berechnung legte der Antragsgegner abweichend von den tatsächlich anfallenden Nebenkosten für Wasser und Abwasser einen Betrag in Höhe von 30,72 €, für Müllgebühren einen Betrag in Höhe von 9,85 € sowie für Heizkosten in Höhe von 64,86 € (ohne Warmwasseranteile) zugrunde, wobei jeweils die Hälfte dieser Beträge auf die Antragstellerin entfiel. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 24. Mai 2006 Widerspruch, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden worden ist.
Bereits am 09. Februar 2006 beantragte die Antragstellerin ferner die Übernahme des sich aus der Jahresendabrechnung der C. vom 01. Februar 2006 ergebenden Nachzahlungsbetrages in ...