Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger
Orientierungssatz
1. Nach § 74 SGB 12 werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
2. Der Verpflichtete kann auf Ausgleichsansprüche gegen andere ordnungsrechtlich kostentragungspflichtige Personen nicht verwiesen werden, wenn diese Ansprüche derart zweifelhaft sind, dass sogar eine gerichtliche Durchsetzung erforderlich ist (BSG Urteil vom 29. 9. 2009, B 8 SO 23/08 R).
3. Die Erforderlichkeit der Bestattungskosten bestimmt sich in erster Linie nach den einschlägigen friedhofsrechtlichen Vorschriften der Kommune und ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen.
Tenor
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. März 2009 verurteilt, dem Kläger die Bestattungskosten für Herrn G. H. in Höhe von 2.717,94 Euro im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
4. Die Berufung des Klägers wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger erstrebt vom Beklagten im Rahmen der Sozialhilfe die Übernahme der Bestattungskosten für seinen Vater G. H..
Der Vater des I. geborenen Klägers verstarb am J. in K.. Der Vater hinterließ neben ihm seine Eltern L. und M. H., die beiden Geschwister N. und O. und die Tochter P. H..
Im Rahmen der Beerdigung entstanden Aufwendungen in Höhe von 2.535,48 Euro (Bl. 46 der Verwaltungsakte). Im Dezember 2008 erging ein Gebührenbescheid hinsichtlich der Friedhofsgebühren in Höhe von 265,50 Euro (Bl. 63 der Verwaltungsakte).
Der Kläger schlug das Erbe nach dem Verstorbenen aus und beantragte am 05. Juni 2008 die Übernahme der Kosten der Bestattung. Sämtliche anderen Verwandten schlugen das Erbe zwischenzeitlich ebenfalls aus. Frau L. H. und Frau Q. lehnten die Beteiligung an den Beerdigungskosten ab. Frau P. H. verweigerte gegenüber dem Gericht Angaben zu Einkommen und Vermögen.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab (Bl. 58 der Verwaltungsakte) und begründete dies damit, dass nicht sämtliche Verwandten einen Antrag auf Übernahme der Kosten gestellt und die erforderlichen Unterlagen vorgelegt hätten.
Dagegen legte der Kläger am 23. Dezember 2008 Widerspruch ein (Bl. 60 der Verwaltungsakte), welchen er damit begründete, dass es nicht statthaft sei, die Ablehnung mit dem Verhalten Dritter zu begründen.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06. März 2009 zurück und begründete dies im Wesentlichen folgendermaßen:
Es bestehe eine gesamtschuldnerische Haftung der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflichtigen. Da nicht überprüft werden könne, ob anderen Bestattungspflichtigen die Kostentragung zumutbar gewesen wäre, sei der Antrag abzulehnen gewesen. Der Kläger müsse gegen die übrigen Verpflichteten zivilrechtlich vorgehen.
Dagegen hat der Kläger am 20. März 2009 vor dem Sozialgericht R. Klage erhoben. Dieses hat sich mit Beschluss vom 29. April 2009 für örtlich unzuständig erklärt (S S.) und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Lüneburg verwiesen.
Der Kläger trägt zur Begründung seiner Klage vor:
Für jeden Antragsteller müsse eine gesonderte Zumutbarkeitsprüfung vorgenommen werden. Sämtliche Angehörige haben klar gestellt, die Beerdigungskosten nicht tragen zu wollen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. März 2009 zu verurteilen, dem Kläger die Bestattungskosten für Herrn G. H. im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt unter Bezugnahme auf die erlassenen Bescheide vor:
Angesichts der Vielzahl verpflichteter Personen sei es dem Kläger zumutbar, Ansprüche gegen diese durchzusetzen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst beigezogener Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat insoweit teilweise Erfolg, als der Kläger nach Abzug eines Eigenanteils von 83,04 Euro Anspruch auf Übernahme der Kosten der Beerdigung in Höhe von 2.717,94 Euro hat.
Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierauf gemäß § 124 Absatz 2 SGG verzichtet haben.
Der Bescheid des Beklagten vom 10. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. März 2009 erweist sich im tenorierten Umfang als rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in eigenen Rechten.
Rechtsgrundlage der angegriffenen Bescheide ist § 74 SGB XII.
Nach dieser Norm werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
Der Kläger ...