Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Mietschuldenübernahme. Ermessensreduzierung auf Null. drohende Wohnungslosigkeit. angemessene Unterkunftskosten. Landkreis Harz als Vergleichsraum. Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts
Orientierungssatz
1. Von drohender Wohnungslosigkeit iS des § 22 Abs 8 S 2 SGB 2 ist auszugehen, wenn der Vermieter bereits die fristlose Kündigung ausgesprochen hat, ein Übergabeprotokoll gefertigt und ein Teil der Schlüssel zurückgegeben wurde sowie die Räumungsklage seitens des Vermieters jederzeit im Raum steht.
2. Die Berücksichtigung des gesamten Landkreises Harz als ein Vergleichsraum ist im Rahmen der summarischen Prüfung des Vorliegens eines schlüssigen Konzepts als rechtswidrig zu betrachten, da die Bildung des Vergleichsraumes sich weder an den Wohnorten noch an räumlicher Nähe, Infrastruktur oder verkehrstechnischer Verbundenheit orientiert.
Tenor
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig ein Darlehen in Höhe von 2047,- Euro zur Tilgung der Schulden bei dem Vermieter ... zwecks Sicherung der Unterkunft der Antragsteller zu 1) und 2) in der ...-Str. 32, ..., zu gewähren.
Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von dem Antragsgegner die Gewährung eines Darlehens zur Begleichung ihrer Schulden in Höhe von 2.047,- Euro bei dem Vermieter ihrer Wohnung W.Str. XX, XXX X.-Stadt.
Die am 24.11.1984 geborene Antragstellerin zu 1) und ihr am 04.06.2008 geborener Sohn, der Antragsteller zu 2), stellten am 29.12.2016 einen Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Im Zeitraum vom 4.8.2016 bis zum 6.12.2016 befand sich die Antragstellerin zu 1) in einer stationären Rehabilitation in der Barbarossa-Klinik, Kelbra, aufgrund Betäubungsmittelmissbrauchs und bezog Übergangsgeld von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland.
Am 10.7.2015 schloss die Antragstellerin zu 1) mit Herrn ..., ...str. 49, ..., einen Mietvertrag über eine 3-Raum-Wohnung mit 60 m² in der ...-Str. 32, 2. Obergeschoss rechts, ..., die sie zusammen mit dem Antragsteller zu 2) ab dem 1.9.2015 bezog. Im Mietvertrag wurde vereinbart, dass die Antragstellerin zu 1) monatlich eine Grundmiete in Höhe von 279 EUR, Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 60 EUR, Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 60 EUR sowie eine Miete für die Einbauküche mit Geschirrspüler in Höhe von 40 EUR, insgesamt eine Gesamtmiete von 439 Euro, trägt.
Der Antragsteller zu 2) bezieht Kindergeld in Höhe von 192 EUR sowie vom Landkreis Harz einen monatlichen Unterhaltsvorschuss in Höhe von 201 EUR. Einkommen bezieht die Antragstellerin zu 1) derzeit nicht. Ein Antrag auf Gewährung von Krankengeld ist bislang nicht beschieden. Ein noch bestehender ALG I Restanspruch ruht aufgrund einer derzeit bestehenden Arbeitsunfähigkeit der Antragstellerin zu 1) aufgrund einer Fraktur des Armes.
Mit Bescheid vom 18.1.2017 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern für den Dezember 2016 monatliche Grundsicherungsleistungen in Höhe von 659,52 EUR. Im Laufe des einstweiligen Verfahrens bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern sodann mit Bescheid vom 2.2.2017 für die Monate Januar 2017 bis einschließlich Mai 2017 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 795,08 EUR vorläufig.
Am 2.1.2017, bei dem Antragsgegner am 5.1.2017 abgegeben, stellte die Antragstellerin zu 1) bei dem Antragsgegner einen Antrag auf darlehensweise Übernahme der bestehenden Mietschulden in Höhe von 2047 EUR. Sie teilte mit, dass ihr anderenfalls die Kündigung drohe und sie mit ihrem Kind auf der Straße sitze. Ihrem Antrag war ein "Übergabeprotokoll/Auszug nach fristloser Kündigung am 2.1.2017" vom 2.1.2017 beigefügt, nach welchem die Antragstellerin zu 1) die 3-Raum-Wohnung in der ...-Straße 32, 2. OG rechts in ... an den Vermieter ... zurückgab. Ferner hat das von dem Vermieter und der Antragstellerin zu 1) unterschriebene Protokoll folgenden Passus: "Heute übergibt die Mieterin ..., die Wohnung mit sämtlichen Schlüsseln, an den Vermieter ... Die Mieterin erhält einen Schlüssel zurück, um bis zum 22.1.2017 Ihre restlichen Sachen aus der Wohnung zu räumen. Alles was sich am 23.1.2017 noch in der Wohnung befindet, darf der Vermieter auf Kosten der Mieter entsorgen. Die Miete ist bis zum 23.1.2017 weiterzuzahlen." Im Darlehensantrag beigefügt war außerdem eine Mahnung des Vermieters vom 18.11.2016, wonach Mietrückstände und Mahngebühren vom September 2015 bis November 2016 in Höhe von insgesamt 2047 EUR aufgelaufen sind.
Mit Schreiben vom 23.1.2017 teilt der Vermieter der Antragstellerin zu 1) mit, dass er bereit wäre, das von ihm fristlos gekündigt Mietverhältnis wieder aufleben zu lassen, wenn der außenstehende Betrag schnellst möglich beglichen werde.
Weder ist bisher die Räumung der Wohnung e...