Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragszahnarzt. Honorarkürzung. verspäteter Fortbildungsnachweis. Stichtagsregelung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Die gesetzliche Regelung der Fortbildungsverpflichtung für Vertrags(zahn)ärzte begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere ist der Umfang der Fortbildungsverpflichtung nicht unverhältnismäßig.

2. Auch die Anknüpfung der Honorarkürzung an den Nachweis der Fortbildung ist nicht unverhältnismäßig.

3. Der Verpflichtung zur Honorarkürzung steht nicht entgegen, dass die Nichteinreichung der Fortbildungsnachweise zum Stichtag und deren Sanktionierung durch die Honorarkürzung im selben Quartal vorliegen. Wenn das Fristende in das kürzungsrelevante Quartal fällt, weil die Zulassung inmitten eines Quartals erfolgte, kann dies nicht zu einer künstlichen Verlängerung des Fristenfensters zur Erbringung der Fortbildungsnachweise führen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.02.2015; Aktenzeichen B 6 KA 19/14 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Streitwert wird auf 8.024,85 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Honorarkürzung wegen der Verletzung der Fortbildungsnachweiserbringungspflicht (§ 95 d SGB V) im 3. Quartal 2009.

Die Klägerin nimmt als Vertragszahnärztin an der vertragsärztlichen Versorgung in Sachsen-Anhalt teil und ist in W. niedergelassen.

Mit Honorarbescheid vom 17. Dezember 2009 für das 3. Quartal 2009 kürzte die Beklagte das Honorar der Klägerin um 10 %, mithin um 8.024,85 EUR. Zur Begründung hieß es in der Folge, dass die Klägerin ihre Fortbildungsnachweise zu spät eingereicht habe und insofern das Honorar auf Grundlage der gesetzlichen Vorschrift des § 95 d SGB V zu kürzen sei. Stichtag sei der 31. Juli 2009 gewesen, die Klägerin habe ihre Fortbildungsnachweise nachweislich jedoch erst am 10. August 2009 - was unstreitig ist - bei der Beklagten eingereicht. Hiergegen erhob die Klägerin am 26. Januar 2010 mit der Begründung Widerspruch, die Beklagte habe ihre Hinweispflicht bezüglich der Einhaltung der Nachweiserbringungspflicht nicht erfüllt. Ihr sei ein entsprechendes Schreiben nicht zugegangen. Außerdem habe sie ihre Fortbildungspflicht vollumfänglich erfüllt. Die Überschreitung der Nachweisfrist müsse erfolglos bleiben, da die Beklagte der individuellen Hinweispflicht nicht nachgekommen sei. Die ihr zugegangene Urkunde vom 30. Juni 2009 bestätige zudem, dass sie ihrer Pflicht zur Fortbildung erfüllt habe. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2010, ausgefertigt am 15. Juni 2010 und zugestellt am 17. Juni 2010, zurück. In der Begründung heißt es, dass die gesetzliche Vorschrift keine differenzierenden Sanktionen für die Fälle vorsehe, in denen der Vertragszahnarzt seine Fortbildungsnachweise zu spät einreicht gegenüber den Fällen, in denen er seiner Fortbildungsverpflichtung nicht oder nicht vollumfänglich nachgekommen sei. In beiden Fällen sei das vertragszahnärztliche Honorar zu kürzen, und zwar für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 % und ab dem darauf folgenden Quartal um 25 %, da der Gesetzeswortlaut alleine von einer Nicht- bzw. einer nicht vollständigen Erbringung der Fortbildungsnachweise spreche. Das Honorar der Klägerin sei daher um 10 %, mithin um 8.024,85 EUR zu kürzen. Die Honorarkürzung ende nach Ablauf des Quartals in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht werde. Auf die Sanktion der Honorarkürzung aufgrund nicht oder nicht rechtzeitig erbrachter Fortbildungsnachweise sei mehrfach in den speziell an die Vertragszahnärzte zugesandten Zahnärztlichen Nachrichten sowie in den eigens für die Vertragszahnärzte als Mitglieder der KZV S.-A. bestimmten Rundbriefen, die direkt an diese adressiert seien, durch die Beklagte hingewiesen worden. Somit sei der Klägerin sowohl das drohende Fristende als auch die drohende Sanktion der Honorarkürzung bekannt gewesen. Die bei der Klägerin durchgeführte Honorarkürzung von zunächst 10 % stelle auch keine Willkürhandlung der Beklagten dar, sondern basiere auf einer gesetzlichen Regelung, in der der Gesetzgeber festgelegt habe, was die KZV in den Fällen zu tun habe, in denen der Fortbildungsnachweis nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht fristgerecht erbracht worden sei.

Mit ihrer am 15. Juli 2010 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, die Voraussetzungen des § 95 d Absatz 3 SGB V lägen nicht vor, denn eine Kürzung habe im 3. Quartal 2009 nicht erfolgen dürfen. Nach dem Gesetz, habe der maßgebliche Fünfjahreszeitraum im 3. Quartal 2009 geendet, nämlich zum für die Klägerin maßgeblichen Stichtag, dem 31. Juli 2009. Laut Gesetz erfolge die Kürzung in den Quartalen, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen und ende, wenn die Nachweispflicht nachgeholt werde, so dass auch eine Kürzung im Folgequartal nicht in Betracht käme. Ferner könne sich die Beklagte nicht auf allgemein gehaltene Run...

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