Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der sozialhilferechtlichen Regelleistung

 

Orientierungssatz

1. Die gerichtliche Kontrolle der Höhe von Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz beschränkt sich darauf, ob die gesetzlich vorgesehenen Leistungsansprüche evident unzureichend sind. Nach der Entscheidung des BVerfG vom 27. 7. 2016, 1 BvR 371/11 sind diese Voraussetzungen bei der Bemessung der sozialhilferechtlichen Regelleistung erfüllt. Das gilt sowohl für das Verfahren zur Ermittlung der Regelleistung als auch zu deren Höhe.

2. Damit besteht für das Sozialgericht kein Anlass, eine konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG einzuleiten.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.12.2017; Aktenzeichen B 8 SO 40/17 B)

 

Tenor

1. Der Beklagte wird entsprechend seinem Anerkenntnis von 10.10.2016 verurteilt, unter Abänderung des Bescheides vom 28.01.2016 und des Bescheides vom 11.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2016 bei der Leistungsberechnung für den Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 31.01.2017 bei den Kosten der Unterkunft und Heizung monatlich 342,00 € zuzüglich einer monatlichen Nebenkostenvorauszahlung von 120,00 € zu berücksichtigen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

3. Der Beklagte hat der Klägerin 1/5 ihrer außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) vor allem um die Verfassungsmäßigkeit der Regelleistung und um die Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung.

Die am … 1958 geborene - somit heute 58jährige - Klägerin bezog in der Vergangenheit langjährig Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II). Diese Leistungen sind zuletzt für den Monat Januar 2016 ausgezahlt worden, die monatliche Unterstützung betrug insgesamt 841,29 € und setzte sich wie folgt zusammen (Bescheid des Jobcenters Rhein-Neckar-Kreis vom 29.11.2015):

-       

404,00 €

Regelbedarf

-       

9,29 €

Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung

-       

428,00 €

Kosten für Unterkunft und Heizung

Der Behinderungsgrad (GdB) der Klägerin nach dem Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) beträgt 50.

Mit Bescheid vom 12.1.2016 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg der Klägerin ab dem 1.12.2015 auf Dauer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (monatlicher Rentenzahlbetrag: 211,41 €, Aufnahme der laufenden Rentenzahlung zum Monat Februar 2016).

Mit Bescheid vom 28.1.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin sodann für die Zeit von Februar 2016 bis Januar 2017 Leistungen nach dem vierten Kapitel des SGB XII in Höhe von 596,88 €.

Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin am 3.2.2016 vor allem wegen der nicht vollständigen Berücksichtigung ihrer Kosten für Unterkunft und Heizung Widerspruch.

Wegen der Korrektur des Rentenbetrag setzte der Beklagte mit dem Bescheid vom 11.2.2016 unter Berücksichtigung des monatlichen VdK-Beitrags die monatliche Hilfe der Klägerin auf 635,88 € fest und teilte zur Begründung mit, die Klägerin erhalte bereits seit dem 1.8.2013 nur noch die gekürzten angemessenen Unterkunftskosten. Somit ergebe sich folgende Bedarfsberechnung (exemplarisch für den Monat Februar 2016):

-       

342,00 €

Grundmiete

-       

73,00 €

Nebenkosten

-       

415,00 €

tatsächliche Aufwendungen für Grundmiete und Nebenkosten

-       

32,00 €

Abzug wegen Unangemessenheit

-       

383,00 €

berücksichtigte Mietkosten

-       

45,00 €

tatsächliche Heizkosten

-       

404,00 €

Regelleistung

-       

9,29 €

Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserbereitung

-       

841,29 €

Gesamtbedarf

Dem stünden folgende Einnahmen der Klägerin gegenüber

-       

211,41 €

Rente 

-       

6,00 €

Mitgliedsbeitrag VdK

-       

205,41 €

anrechenbares Gesamteinkommen

-       

635,88 €

Grundsicherungsleistung

(Gesamtbedarf - anrechenbares Gesamteinkommen)

Der von der Klägerin aufrecht erhaltene Widerspruch ist nur teilweise erfolgreich gewesen. Denn der Beklagte erklärte sich in seinem Widerspruchsbescheid vom 12.4.2016 lediglich bereit, für den Bewilligungszeitraum von Februar 2016 bis Januar 2017 bei der Leistungsgewährung monatlich eine weitere Vorauszahlung für die Mietnebenkosten in Höhe von 2,00 € zu berücksichtigen, so dass sich die monatlichen Leistungen an die Klägerin auf 637,88 € erhöhten. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin sei schon während des Leistungsbezugs nach dem SGB II durch das zuständiges Jobcenter darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass ihre Miete unangemessen hoch sei. Nachdem das Jobcenter (2012) die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für einen Zeitraum von zehn Monaten übernommen habe, sei in der Folge nur noch der angemessene Betrag berücksichtigt worden. Zuletzt sei dies vom Sozialgericht Mannheim in dem Klageverfahren S 15 AS 3525/13 bestätigt worden. Daher könne für die Kaltmiete nur der aktuell angemessene Betrag von 310,00 € berücksichtigt werden (Kürzung um 32,00 €).

Am 13.5.20...

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