Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. sachlich-rechnerische Honorarberichtigung. Job-Sharing-Praxis. erfolgloses Verfahren zur Änderung der Punktzahlobergrenze. Verbindlichkeit der ursprünglichen Festsetzung. Vertrauensschutz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist ein Verfahren zur Änderung der Punktzahlobergrenze ohne Erfolg durchgeführt worden, so bleibt es bei der Verbindlichkeit der ursprünglich festgesetzten Obergrenze. Auf das Leistungsspektrum der Job-Sharing-Praxis oder dessen Veränderung kommt es im Rahmen einer Berichtigung wegen Überschreitens der Obergrenze nicht an.

2. Vertrauensschutz ist über die in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts anerkannten Konstellationen hinaus nicht zu gewähren, insb nicht durch eine Ausnahme von der honorarrechtlichen Fallzahlzuwachsbegrenzung, die keinen Zusammenhang zu dem Jobsharing sowie dem hierdurch bedingten Gesamtpunktzahlvolumen erkennen lässt.

 

Orientierungssatz

Zu Leitsatz 2 vgl BSG vom 28.08.2013 - B 6 KA 43/12 R = BSGE 114, 170 = SozR 4-2500 § 106a Nr 11 RdNr 22ff, B 6 KA 50/12 R = SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 21ff und B 6 KA 17/13 R = juris RdNr 19ff.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.07.2021; Aktenzeichen B 6 KA 12/20 R)

 

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird für das Verfahren mit Az.: S 12 KA 300/16 auf 168.626,04 € und nach der Abtrennung auf 34.104,01 €, für das Verfahren mit Az.: S 12 KA 595/16 auf 64.185,99 € und nach der Abtrennung auf 38.071,82 €, für das abgetrennte Verfahren mit Az.: S 12 KA 301/16 auf 60.907,26 €, für das abgetrennte Verfahren mit Az.: S 12 KA 302/16 auf 73.614,77 € und für das abgetrennte Verfahren mit Az.: S 12 KA 596/16 auf 26.114,17 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs im Rahmen eines sog. Job-Sharings für die Quartale IV/04 bis III/07 (6., 7. und 8. Leistungsjahr) in Höhe von 173.684,06 € brutto bzw. 168.626,04 € netto und für die Quartale IV/07 bis III/09 (9. und 10. Leistungsjahr) in Höhe von 66.332,23 € brutto bzw. 64.185,99 €, zusammen in Höhe von 240.016,29 € brutto bzw. 232.812,03 € netto.

Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft. Herr A2 ist als Facharzt für Allgemeinmedizin mit Praxissitz in A-Stadt seit 1995 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ließ mit Beschluss vom 29.09.1999 Frau Dr. med. A1 als Allgemeinärztin zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit Herrn A2 gem. § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V in Verbindung mit Abschnitt 4 Nr. 23a der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte zu. Herr A2 und Frau Dr. A1 hatten sich mit der Feststellung über die Punktzahlobergrenze mit Datum vom 24.06.1999 bereit erklärt. Darin wurde für das Quartal IV/97 ein Punktzahlvolumen von 955.676,5 Punkten, für das Quartal I/98 von 971.552,8 Punkten, für das Quartal II/98 von 944.626,6 Punkten und für das Quartal III/98 von 953.401,8 Punkten festgestellt. Mit weiterem Beschluss vom 29.09.1999 genehmigte der Zulassungsausschuss die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit des Herrn Dr. A2 und der Frau Dr. med. A1 und legte er das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend der Feststellung über die Punktzahlobergrenze mit Datum vom 24.06.1999 fest, jeweils zuzüglich 3 % des Fachgruppendurchschnitts des entsprechenden Vorjahresquartals.

Mit weiterem Beschluss vom 26.04.2005 gab der Zulassungsausschuss dem Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung der Allgemeinärztin Dr. med. C. als halbtagsangestellte Ärztin gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV statt. Der Zulassungsausschuss legte zur Beschränkung des Praxisumfangs aufgrund des Fachgruppendurchschnitts in den Quartalen IV/97 bis III/98, von dem er bereits im Beschluss vom 29.09.1999 ausgegangen war, ein quartalsbezogenes Grenzpunktzahlvolumen, welches bei der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis für Herrn A2 nach Beschäftigung der angestellten Praxisärztin als Leistungsbeschränkung maßgeblich ist, wie folgt fest:

Jahresquartal

Punktzahl der Fachgruppe

3 % der Punktzahl der Fachgruppe

Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr

1

971.552,8

29.146,6

1.000.699,4

2

944.626,6

28.338,8

972.965,4

3

938.892,0

28.166,8

967.058,8

4

955.676,5

28.670,3

984.346,8

Ab dem 2. Leistungsjahr werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend den Bestimmungen von Nr. 3.4 der Angestellten-Ärzte-Richtlinien durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst.

Frau Dr. med. A1 erhielt ab Oktober 2009 eine Vollzulassung, womit das Job-Sharing-Verhältnis beendet wurde. Sie ist seitdem mit einem halben Versorgungsauftrag zugelassen. Frau Dr. med. C. ist seitdem als halbtagsangestellte Ärztin ohne Job-Sharing-Verhältnis beschäftigt.

Die Klägerin beantragte unter Datum vom 30.05.2008 beim Zulassungsausschuss eine Erhöhung der Punktzahlobergrenzen unter Hinweis auf das Inkra...

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