Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Kassenzahnärztliche Vereinigung. Zahlungsanspruch für die Behandlung von Asylbewerbern. nachträglich Unzuständigkeit der kommunalen Leistungsträger. Erstattungsanspruch gegen den zuständigen Leistungsträger. hessisches Rahmenvereinbarung über die zahnärztliche Versorgung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. kein Verstoß gegen höherrangiges Recht
Leitsatz (amtlich)
1. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen hat nach der hessischen Rahmenvereinbarung über die zahnärztliche Versorgung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) vom 8.3.2016 bereits nach Rechnungstellung gegenüber dem kommunalen Leistungsträger einen Zahlungsanspruch für die Behandlung von Asylbewerbern. Die kommunalen Leistungsträger haben kein vorheriges Prüfungsrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht.
2. Stellt sich die Unzuständigkeit der kommunalen Leistungsträger nachträglich heraus, haben sie ggf. einen Erstattungsanspruch gegen den zuständigen Leistungsträger, idR eine gesetzliche Krankenkasse. Damit fällt ein Zuständigkeitswechsel grundsätzlich in die Risikosphäre des einen Zahnbehandlungsschein ausstellenden kommunalen Leistungsträgers.
3. Die Rahmenvereinbarung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Leitsatz (redaktionell)
Die Entscheidung ist durch Beschluss des SG Marburg vom 08.01.2021, S 12 KA 303/20, berichtigt worden.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 273,53 € zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Die Berufung wird nicht zugelassen.
4. Der Streitwert wird auf 273,53 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vergütung für die Behandlung von vier Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in dem Quartal III/19 in Höhe von insgesamt 273,53 € und hierbei um die Frage, ob noch eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten nach Zuständigkeitswechsel vor dem Behandlungszeitpunkt besteht.
Die Klägerin ist eine Kassenzahnärztliche Vereinigung nach § 77 Abs. 1 SGB V. Die Beklagte ist eine kreisfreie Stadt in Hessen.
Die Klägerin schloss am 08.03.2016 mit dem Hessischen Städtetag und dem Hessischen Landkreistag eine Rahmenvereinbarung über die zahnärztliche Versorgung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) (im Folgenden: RV).
Die Vertragszahnärzte und Mitglieder der Klägerin rechneten auf der Grundlage des BEMA-Z die erbrachten Leistungen ab, die ihnen die Beklagte mit einem festen Punktwert vergütete. Die Beklagte rechnete wiederum die Leistungen aller Vertragszahnärzte gegenüber der Klägerin ab. Nach der Rahmenvereinbarung übernimmt die Klägerin die zahnärztliche Versorgung der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG. Kostenträger sind das Land Hessen sowie nach der Durchführungsverordnung zum AsylbLG die kreisfreien Städte und Landkreise (§ 1 RV). Die zuständige Behörde stellt dem Leistungsberechtigten einen Zahnbehandlungsschein, ggf. mit dem Hinweis auf den eingeschränkten Leistungsumfang aus. Der Leistungsberechtigte weist sich vor Beginn der Behandlung hiermit aus. Kann vor Behandlungsbeginn ein Zahnbehandlungsschein nicht vorgelegt werden, so ist, abgesehen von Notfällen, der Leistungsberechtigte zunächst an den zuständigen Kostenträger zu verweisen. Die Gültigkeit des Zahnbehandlungsscheines ist in der Regel bis zum Ende des laufenden Kalendervierteljahres befristet. Erstreckt sich die zahnärztliche Behandlung über mehr als ein Kalendervierteljahr, so ist für jedes Kalendervierteljahr ein neuer Zahnbehandlungsschein vorzulegen. (§ 3 RV). Die von den Zahnärzten im Rahmen der konservierend-chirurgischen und kieferorthopädischen Behandlungen erbrachten Leistungen sind vierteljährlich, alle weiteren Leistungen monatlich vom Zahnarzt ausschließlich über die KZVH bis zu den von ihr bestimmten Terminen abzurechnen. Für die Abrechnung gelten die gleichen Regelungen wie gegenüber der AOK Hessen. Die KZVH prüft die eingereichten Abrechnungen auf rechnerische, sachliche sowie gebührenordnungsmäßige Richtigkeit und berichtigt sie, soweit dies erforderlich ist. Die KZVH erstellt entsprechend der Abrechnungseinreichung der Zahnärzte vierteljährlich bzw. monatlich Rechnungen und sendet diese mit den Abrechnungsunterlagen an den zuständigen Kostenträger. Die Kostenträger sind verpflichtet, den Gesamtbetrag der Abrechnung innerhalb eines Monats nach Eingang der Abrechnungen an die KZVH zu zahlen. Die Kostenträger können Berichtigungen von rechnerischen, sachlichen sowie gebühren-ordnungsmäßigen Fehlern innerhalb eines halben Jahres nach Erhalt der Abrechnungsunterlagen bei der KZVH beantragen (§ 8 RV).
Die Klägerin hat am 24.07.2020 die Klage erhoben. Sie hat mit Schriftsatz vom 18.11.2020 den Antrag auf Verzinsung der Klageforderung zurückgenommen.
Die Klägerin trägt vor, sie begehre die Bezahlung von verschiedenen zahnärztlichen Leistungen, die Mitgliedzahnärzte von ihr für Asylbewerber im Zuständigkeitsbereich der Be...