Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung Hessen. Erweiterte Honorarverteilung. Antragserfordernis bei Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres und Begehren der Teilnahme mit Erreichen des 65. Lebensjahres. keine rückwirkende Bewilligung. keine gezielte Beratungspflicht. keine Eigentumsverletzung

 

Leitsatz (amtlich)

Nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) in der ab Oktober 2011 gültigen Fassung ist ein Antrag erforderlich, wenn die Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres erfolgt und die Teilnahme mit Erreichen des 65. Lebensjahres begehrt wird. Eine rückwirkende Bewilligung ist nicht möglich. Es besteht auch keine gezielte Beratungspflicht der KVH (vgl bereits SG Marburg vom 5.10.2011 - S 12 KA 403/11).

 

Orientierungssatz

Eine Eigentumsverletzung liegt nicht vor.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 47.261,16 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung (EHV) auch für den Zeitraum 01.05.2012 bis 31.01.2017.

Der 1947 geb. und jetzt 71-jährige Kläger war seit Juli 1991 bis zum 30.06.2007 als Facharzt für Chirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten zugelassen. Vom 01.04. bis 31.12.2006 ruhte seine Zulassung.

Er beantragte am 31.01.2017 telefonisch und unter Datum vom 09.02.2017 schriftlich die Teilnahme an der EHV ab 01.02.2017.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 13.07.2017 die Teilnahme an der EHV ab 01.02.2017 mit dem Anspruchshöchstsatz von 8,4980 % bzw. 5.666 Punkten. Hieraus errechnete sie ab 01.02.2017 einen monatlichen Anspruch in Höhe von 1.312,81 € abzüglich Verwaltungskosten.

Hiergegen legte der Kläger am 16.08.2017 Widerspruch ein. Er trug vor, Ziel seines Widerspruchs sei die Teilnahme an der EHV nach Erreichen des 65. Lebensjahres ab 01.05.2012. Die in § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 GEHV festgelegte Antragsabhängigkeit sei nicht rechtmäßig. Sie verletze ihn in seinen Eigentumsrechten. § 1 Abs. 1 Satz 1 GEHV verlange keinen Antrag. Entgegen dem Wortlaut in § 1 Abs. 4 Satz 1 GEHV bedürfe es in Lebenssachverhalten wie dem vorliegenden keines Antragserfordernisses. Die entscheidende Voraussetzung sei nicht das Erreichen der Altersgrenze, sondern der Verzicht auf die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Der Beklagten sei sein Verzicht bekannt gewesen. Die von ihm in seiner aktiven Zeit erworbene Anwartschaft unterfalle dem Eigentumsschutz. Würde durch die in § 1 Abs. 4 Satz 2 GEHV getroffene Regelung ein Teil der zustehenden Ansprüche aus der EHV nach einer verspäteten Antragstellung dem Anspruchsberechtigten vorenthalten, so werde in die ihm zustehenden Eigentumsrechte ohne rechtfertigenden Grund eingegriffen. Die verlangte Antragstellung stelle eine unverhältnismäßige Belastung dar. Nach OLG Dresden, Urt. v. 06.10.2010 - 1 U 1809/09 - stehe fest, dass im Wege der Umlagefinanzierung Vermögensanteile aufliefen, die im Ergebnis den sie veranlassenden Rechtsobjekten zuzuordnen seien. Ihm werde ein Bruttobetrag von rund 73.000 € vorenthalten, damit werde ihm ein als Eigentumsrecht zustehender Vermögenswert entzogen, der nicht durch eine systemgerechte Erhöhung des Auszahlungsbetrags, trotz Rechtsgültigkeit des Antragserfordernisses wieder nach dem Äquivalenzprinzip gutgeschrieben werde. Als systemimmanente Lösung biete sich eine Erhöhung des Zahlbetrags an.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2018, dem Kläger am 13.01.2018 zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, ein Antrag auf Teilnahme an der EHV sei nur nach Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Vollendung des 67. bzw. 65. Lebensjahres entbehrlich. Der Kläger habe aber auf die vertragsärztliche Tätigkeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres verzichtet. Die verspätete Antragstellung liege nicht in ihrem Verantwortungsbereich. Eine gezielte Beratungspflicht bestehe nicht. Auch das SG Marburg habe das Antragserfordernis bestätigt.

Hiergegen hat der Kläger am 13.02.2018 die Klage unter Wiederholung seines Wiederspruchvorbringens erhoben. Er trägt ergänzend vor, der angefochtene Widerspruchsbescheid sei unzureichend begründet und setze sich nicht mit seinem Vorbringen auseinander. Es bestehe auch eine Beratungspflicht der Beklagten. Die entsprechende Satzungsregelung stelle keinen gerechtfertigten Eingriff in Art. 14 GG dar. Bereits das Ziel der Regelung sei fraglich. Es fehle an einer Erforderlichkeit, über die Antragspflicht hinaus die Gelder zu streichen. Deshalb sei die Regelung auch nicht angemessen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 13.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2018 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihn ab dem 01.05.2012 in die EHV einzubeziehen und ihm Leistungen aus der EHV bereits ab dem 01.05.2012 n...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?