Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des SG Marburg vom 5.11.2014 - S 12 KA 84/13, das vollständig dokumentiert ist.
Nachgehend
Tenor
1. Unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 29.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2013 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat 9/10 und der Kläger 1/10 der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat dem Kläger 9/10 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruchs auf Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten für den Zeitraum 01.07.2012 bis 30.06.2013 und hierbei um die fehlende Einbeziehung des Honorars aus Selektivverträgen im Aufsatzjahr 2010, die Höhe des noch unter Einbeziehung des sog. Nachhaltigkeitsfaktors berechneten Auszahlungspunktwerts und die Höhe der Verwaltungskostenumlage. Es handelt sich um eine von drei bei der Kammer anhängigen Musterklagen.
Der 1944 geborene und jetzt 70-jährige Kläger war zur vertragsärztlichen Versorgung bis zum 30.09.2004 im Bezirk der Beklagten zugelassen. Er nimmt seit 01.06.2007 an der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (EHV) teil.
Die Beklagte wandelte mit Bescheid vom 29.06.2012 aufgrund der Neuregelung der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung den Anspruchssatz von 9,3575 % mit dem Umrechnungsfaktor 666,666 in einen EHV-Anspruch in Höhe von 6.239 Punkten zum 01.07.2012 um. Bei einem Auszahlungspunktwert in Höhe von 0,1867 Euro errechnete sie hieraus einen monatlichen Anspruch von 1.164,82 Euro, gültig für ein Jahr und vor Abzug von Verwaltungskosten und möglicher Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.
Hiergegen legte der Kläger am 09.07.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs führte er aus, die Umrechnung des EHV-Anspruchs beruhe auf dem Leistungsniveau im Jahr 2010. Entgegen der gesetzlichen Vorgabe seien die Honorare aus Selektivverträgen nicht berücksichtigt worden. Der Nachhaltigkeitsfaktor sei rechtswidrig. Ab dem Jahr 2006 müssten Neuberechnungen erfolgen, weshalb es auch einer Neuberechnung des Punktwerts bedürfe. Die Verwaltungskostenumlage sei in der Höhe unzulässig. Sie stehe in keinem Verhältnis zu den Verwaltungskosten, die die Abrechnung der aktiven Vertragsärzte verursachten. Es dürfe allenfalls eine verringerte Verwaltungskostenumlage zum Abzug gebracht werden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen führte sie aus, ihre Vertreterversammlung habe in ihren Sitzungen am 10.03.2012 und 12.05.2012 die Neufassung der GEHV beschlossen, die am 01.07.2012 in Kraft getreten sei. Eine Reform der EHV sei angesichts einer wachsenden Anzahl von EHV-Empfängern und einer gleichzeitig abnehmenden Anzahl von Einzahlern erforderlich geworden. Mit der Übergangsregelung nach § 10 GEHV sei der Anspruchssatz in Prozenten in eine Punktzahl umzurechnen. Die maximal erreichbare Punktzahl betrage nach der bisher gültigen Normalstaffel 12.000 Punkte, der maximale EHV-Anspruch entspreche 18 %. Ein Prozentpunkt entspreche damit 12.000 : 18 = 666,666 Punkte. Darin geregelt werde auch, dass erstmalig ein Punktwert festzulegen sei. Ausgangswert hierfür sei der Jahresbetrag des Durchschnittshonorars 2010 nach den bis zum 30.06.2012 gültigen Grundsätzen der EHV. Der Wert eines Punktes werde auf der Basis der bisher gültigen Normalstaffel ermittelt. In § 10 Abs. 4 sei festgelegt, dass die EHV-Empfänger zum 01.07.2012 einen Anpassungsbescheid erhielten. Das LSG Hessen halte den “Nachhaltigkeitsfaktor„ zwar für rechtswidrig, das Verfahren sei jedoch noch nicht abgeschlossen. Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 14.12.2009 sei in dem neugefassten § 8 die Grundlage für die Einbeziehung von Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen außerhalb der Gesamtvergütung in die EHV geschaffen worden. Dieser Gesetzesänderung sei sie durch Aufnahme des § 11 “Ergänzende Bestimmungen zur Einbeziehung von Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen außerhalb der Gesamtvergütung„ in die GEHV nachgekommen. Darin werde eine Mitteilungspflicht für Sonderverträge ab dem Quartal III/11 eingeführt. Die Änderungen hätten der Behandlung in der Vertreterversammlung bedurft, die am 20.02., 29.05. und 28.08.2010 stattgefunden hätten. Sodann hätte noch die Genehmigung des Ministers abgewartet werden müssen, die mit Schreiben vom 10.06.2011 erfolgt sei. Eine Veröffentlichung in “EHV Aktuell„ sei in der Ausgabe vom 06.07.2011 erfolgt. In der Neufassung werde die Einbeziehung von Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen in § 3 GEHV fortgeführt. Hinsichtlich der Verwaltungskostenumlage verweise sie auf das rechtskräftige Urteil des SG Marburg vom 21.12.2011 - S 12 KA ...