Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung Hessen. Erweiterte Honorarverteilung (EHV). Berechnung des maßgeblichen Punktwerts für das Beitragsjahr 2012/13 ist fehlerhaft. sogenannter Nachhaltigkeitsfaktor ist rechtswidrig. Nichteinbeziehung des Honorars aus Sonderverträgen. Festsetzung der Verwaltungskostenumlage. keine Unterscheidung zwischen aktiven Vertragsärzten und EHV-Beziehern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Berechnung des maßgeblichen Punktwerts des EHV-Anspruchs für das Beitragsjahr 2012/13 ist fehlerhaft erfolgt. Für die Berechnung auf der Grundlage des durch den sog Nachhaltigkeitsfaktor verringerten Jahresdurchschnittshonorars 2010 fehlt es bereits an einer Satzungsgrundlage. Zudem ist der sog Nachhaltigkeitsfaktor nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts rechtswidrig (vgl BSG vom 19.2.2014 - B 6 KA 10/13 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 79 = juris RdNr 47ff).

2. Die Satzungsgrundlage ist ferner rechtswidrig, als eine Einbeziehung des Honorars aus Sonderverträgen bei der Berechnung der EHV-Ansprüche nicht vorgesehen ist, obwohl diese Einnahmen zur Finanzierung der EHV bereits seit dem Quartal III/11 herangezogen werden.

3. Bei der Festsetzung der Verwaltungskostenumlage ist auch nach der Neufassung der GEHV zum 1.7.2012 nicht zwischen aktiven Vertragsärzten und EHV-Beziehern zu unterscheiden.

 

Tenor

1. Unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 29.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte hat 9/10 und der Kläger 1/10 der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat dem Kläger 9/10 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruchs auf Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten für den Zeitraum 01.07.2012 bis 30.06.2013 und hierbei um die fehlende Einbeziehung des Honorars aus Selektivverträgen im Aufsatzjahr 2010, die Höhe des noch unter Einbeziehung des sog. Nachhaltigkeitsfaktors berechneten Auszahlungspunktwerts und die Höhe der Verwaltungskostenumlage. Es handelt sich um eine von drei bei der Kammer anhängigen Musterklagen.

Der 1934 geborene und jetzt 79-jährige Kläger war seit dem 19.05.1970 zur vertragsärztlichen Versorgung in Hessen zugelassen. Als solcher unterlag er den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten. Nach Beendigung seiner Zulassung aus Altersgründen zum 30.11.1999 bezieht der Kläger seit 01.12.1999 Leistungen der Erweiterten Honorarverteilung (EHV). Mit Datum vom 17.08.2000 hat die Beklagte seinen Anspruch an der EHV ab 01.12.1999 mit dem Höchstsatz von 18,0 % anerkannt. Ergänzend wird in dem Bescheid ausgeführt, dies entspreche einem vierteljährlichen EHV-Honorar von zur Zeit ca. 14.000 DM.

Die Beklagte wandelte mit Bescheid vom 29.06.2012 aufgrund der Neuregelung der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung den Anspruchssatz von 18 % mit dem Umrechnungsfaktor 666,666 in einen EHV-Anspruch in Höhe von 12.000 Punkten zum 01.07.2012 um. Bei einem Auszahlungspunktwert in Höhe von 0,1867 Euro errechnete sie hieraus einen monatlichen Anspruch von 2.240,40 Euro, gültig für ein Jahr und vor Abzug von Verwaltungskosten und möglicher Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.

Hiergegen legte der Kläger am 09.07.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs führte er aus, die Umrechnung des EHV-Anspruchs beruhe auf dem Leistungsniveau im Jahr 2010. Entgegen der gesetzlichen Vorgabe seien die Honorare aus Selektivverträgen nicht berücksichtigt worden. Der Nachhaltigkeitsfaktor sei rechtswidrig. Ab dem Jahr 2006 müssten Neuberechnungen erfolgen, weshalb es auch einer Neuberechnung des Punktwerts bedürfe. Die Verwaltungskostenumlage sei in der Höhe unzulässig. Sie stehe in keinem Verhältnis zu den Verwaltungskosten, die die Abrechnung der aktiven Vertragsärzte verursachten. Es dürfe allenfalls eine verringerte Verwaltungskostenumlage zum Abzug gebracht werden.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. In den Bescheidgründen führte sie aus, ihre Vertreterversammlung habe in ihren Sitzungen am 10.03.2012 und 12.05.2012 die Neufassung der GEHV beschlossen, die am 01.07.2012 in Kraft getreten sei. Eine Reform der EHV sei angesichts einer wachsenden Anzahl von EHV-Empfängern und einer gleichzeitig abnehmenden Anzahl von Einzahlern erforderlich geworden. Mit der Übergangsregelung nach § 10 GEHV sei der Anspruchssatz in Prozenten in eine Punktzahl umzurechnen. Die maximal erreichbare Punktzahl betrage nach der bisher gültigen Normalstaffel 12.000 Punkte, der maximale EHV-Anspruch entspreche 18 %. Ein Prozentpunkt entspreche damit 12.000 : 18 = 666,666 Punkte. Darin geregelt werde auch, dass erstmalig ein Punktwert festzulegen sei. Ausgangswert hierfür sei der Jahresbetrag des Durchschnittshonorars 2010 nach den bis zum 30.06.2012 gültig...

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