Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Bindung der Vertragsparteien eines Honorarverteilungsvertrages an die Vorgaben des Bewertungsausschusses bzgl Regelleistungsvolumen. Ausgleichsregelung. keine Benachteiligung von Einzel- gegenüber Gemeinschaftspraxen. Rechtmäßigkeit von quotiertem Punktwert
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vertragsparteien eines Honorarverteilungsvertrages sind an die Vorgaben des Bewertungsausschusses zur Festlegung von Regelleistungsvolumen gebunden (vgl LSG Darmstadt vom 23.4.2008 - L 4 KA 69/07 - Revision anhängig unter B 6 KA 31/08). Leistungen, die entsprechend den Vorgaben des Bewertungsausschusses dem Leistungsbereich 4.1 zuzuordnen sind, dürfen nicht innerhalb des Regelleistungsvolumens vergütet werden. Insofern ist auch die Berechnung der Regelleistungsvolumina fehlerhaft. Im Übrigen ist das Regelleistungsvolumen rechtmäßig.
2. Eine rechtswidrige Benachteiligung der Einzelpraxen gegenüber den Gemeinschaftspraxen besteht weder im EBM 2005 (juris: EBM-Ä 2005) noch im Honorarverteilungsvertrag (HVV) der KV Hessen in den Quartalen II u. III/05.
3. Es ist nicht zu beanstanden, dass nach dem Honorarverteilungsvertrag der KV Hessen für die Quartale ab II/05 für Leistungen innerhalb des Regelleistungsvolumens kein fester, sondern nur ein quotierter Punktwert vorgesehen ist, und dass die das Regelleistungsvolumen übersteigenden Leistungsanforderungen mit einem einheitlichen Punktwert (von 0,51 Cent) vergütet werden.
4. Für die Quartale ab II/05 besteht kein Anspruch auf Auszahlung eines festen Punktwerts von 5,11 Cent.
Tenor
1. Unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II/05 und III/05, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2007, wird die Beklagte verurteilt, den Kläger über seine Honoraransprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Kläger hat 3/4, die Beklagte hat 1/4 der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat 1/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
4. Die Sprungrevision zum Bundessozialgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars für die beiden Quartale II und III/05.
Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Lungen- und Bronchialheilkunde mit Praxissitz in A-Stadt seit 1988 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den Quartalen I/04 bis I/05 entwickelte sich seine Honorarabrechnung wie folgt:
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I/04 |
II/04 |
III/04 |
IV/04 |
I/05 |
Bruttohonorar PK + EK in € |
62.100,59 |
58.067,71 |
53.200,06 |
68.928,19 |
59.823,76 |
Fallzahl PK + EK |
1.137 |
1.063 |
935 |
1.193 |
1.026 |
Für die beiden streitbefangenen Quartale setzte die Beklagte das Honorar des Klägers durch Honorarbescheid fest. Im Einzelnen nahm sie folgende Feststellungen vor, wobei die Angaben für das Quartal II/05 auf dem aus allgemeinen abrechnungstechnischen Gründen ersetzten Honorarbescheid bestehen:
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Quartal |
II/05 |
III/05 |
Honorarbescheid v. |
29.06.2006 |
12.08.2006 |
Bruttohonorar PK + EK in € |
65.570,25 |
49.609,54 |
Fallzahl PK + EK |
1.171 |
932 |
RLV oberer Pw in Ct. PK/EK |
2,982/3,027 |
3,265/3,074 |
RLV unterer Pw in Ct. PK/EK |
0,467/0,471 |
0,467/0,471 |
Fallzahlabhängige Quotierung Ziff. 5.2.1 HVV |
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-- |
Fallzahlgrenze |
1.083 |
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Verbleibende Honorarforderung in Punkten |
2.148.695,0 |
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Fallzahl aktuell |
1.157 |
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Fallwert in Punkten |
1.857,1 |
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Anerkannte Honorarforderung in Punkten |
2.045.595,7 |
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Kürzung in Punkten * |
103.099,3 |
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Quote |
95,2 % |
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Regelleistungsvolumen 7.5 HVV |
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Fallzahl RLV |
1.107 |
923 |
Fallwert RLV in Punkten |
1.263,8 |
1.266,0 |
Praxisbezogenes RLV in Punkten |
1.398.924,0 |
1.168.518 |
Abgerechnetes Honorarvolumen in Punkten |
2.148.695,0 |
1.543.530 |
Überschreitung in Punkten |
749.668,4 |
375.012 |
Überschreitung in %* |
53,6 |
32,1 |
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV |
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Referenzfallwert in € |
53,4757 |
55,1922 |
Referenzfallzahl |
1.063 |
935 |
Honoraranspruch aktuell in € |
52.457,61 |
44.403,08 |
Verbleibendes Honorar aktuell in € |
45.046,48 |
39.485,86 |
Relevanter Fallwert in € |
38,4684 |
42,3668 |
Relevante Fallzahl |
1.171 |
932 |
Auffüllbetrag je Fall in € |
12,3355 |
5,5863 |
Auffüllbetrag gesamt in € |
13.112,64 |
5.206,46 |
Fallwert + Auffüllbetrag in €* |
50,8039 |
47,9531 |
Fallwert + Auffüllbetrag im Verhältnis zum Referenzfallwert * |
95 % |
86,9 % |
* Berechnung der Kammer |
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Gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/05 legte der Kläger am 04.09.2006 Widerspruch ein. Er trug vor, die Zuordnung der radiologischen Leistungen zu dem pneumologischen Regelleistungsvolumen sei unzulässig. Mit dem Ansatz des Ordinationskomplexes und des pneumologisch-diagnostischen Komplexes werde der Rahmen des Regelleistungsvolumens ausgeschöpft. In der Praxis bedeute dies, dass die radiologischen Leistungen fast nicht honoriert würden. Dies sei rechtswidrig. Die Beklagte habe keinen gesetzlichen Auftrag, die Teilradiologie abzuschaffen. Pneumologen ohne Teilradiologie und Pneumologen mit Teilradiologie würden gleich behandelt werden. Bei der Ausgestaltung des Honorarverteilungsmaßstabes sei die Inhomogenität der Gruppe übersehen worden. Die teilradiologi...