Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des SG Marburg vom 11.1.2017 - S 12 KA 584/16, das vollständig dokumentiert ist.

 

Tenor

1. Der Beschluss des Beklagten vom 31.08.2016 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Praxisnachfolge durch Anstellung einer Ärztin und hierbei um die damit einhergehende Verlegung des Vertragsarztsitzes von C-Y-Stadt nach A-Stadt.

Die Beigeladene zu 8) ist als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie betreibt mit der im Parallelverfahren zum Az.: S 12 KA 584/16 Beigeladenen zu 8), Frau Dr. med. C., ebf. Fachärztin für Allgemeinmedizin, eine Berufsausübungsgemeinschaft. Sie waren beide zunächst für den Praxissitz in C-Y-Stadt, B-Straße zugelassen (Planungsbereich Mittelbereich A-Stadt). Wegen Kündigung ihrer Praxisräume und Schwierigkeiten im Finden neuer Praxisräume verlegten sie ihre Praxis um 1,3 km in das benachbarte B-X-Stadt (Planungsbereich Mittelbereich D-Stadt) zum 01.09.2016, nachdem dort zwei Vertragsarztsitze ausgeschrieben worden waren. Im Antragsschreiben vom 01.07.2015, bei der Klägerin am 25.09.2015 eingegangen, heißt es wörtlich, sie "möchten ihre Praxis nach B-X-Stadt verlegen". Da die Räume in einem anderen KV-Bezirk (gemeint ist in einem anderen Planungsbereich) lägen, beantragten sie "die Zulassung bei gleichzeitigem Verzicht auf die Zulassungen in A-Stadt". Weiter heißt es: "Wir möchten eine möglichst lückenlose Betreuung unserer Patientinnen und Patienten sicherstellen und hoffen, dass der Wechsel von einem Bezirk zum nächsten möglichst reibungsfrei verläuft." Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gab den Anträgen mit Beschlüssen vom 24.11.2015 statt und ließ die beiden Ärztinnen mit Wirkung zum 01.09.2016 für den Vertragsarztsitz in B-X-Stadt, C-Straße zu.

Beide Ärztinnen verzichteten auf ihre Zulassung in C-Y-Stadt und beantragten am 20.05.2015 die Ausschreibung ihrer Praxissitze in C-Y-Stadt zur Praxisnachfolge.

Auf die Praxisnachfolge der Beigeladenen zu 8) bewarb sich der Beigeladene zu 1). Dieser ist als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt, A-Straße, zugelassen. Er bewarb sich auf die Praxisnachfolge, um die Fachärztin für Allgemeinmedizin Frau Dr. med. univ. D. anzustellen. Frau Dr. D. ist zugleich Fachärztin für Anästhesiologie. Auf die Praxisnachfolge der Praxispartnerin bewarb sich der Beigeladene zu 1) im Parallelverfahren zum Az.: S 12 KA 584/16, Herr Dr. E. Dieser ist ebf. als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt, E-Straße zugelassen. Er ist zugleich Facharzt für Anästhesiologie. Er bewarb sich auf die Praxisnachfolge, um die Fachärztin für Allgemeinmedizin Frau Dr. med. F. anzustellen.

Die klagende Kassenärztliche Vereinigung Hessen empfahl unter Datum vom 14.06.2016 bzw. 13.06.2016, beide Anträge abzulehnen. Sie wies darauf hin, mit der Anstellung werde der hausärztliche Vertragsarztsitz um ca. 13 km bzw. 14 km verlegt. Der Planungsbereich Mittelbereich A-Stadt sei mit 119,30 % überversorgt. Er habe 275.XXX Einwohner. Es seien 205 Ärzte mit insgesamt 194,75 Versorgungsaufträgen tätig. Ausschlaggebend sei das PLZ-Gebiet von C-Y-Stadt. In diesem Gebiet seien acht Hausärzte mit einem vollen Versorgungsauftrag niedergelassen. In dem sich angrenzenden PLZ-Gebiet C-Z-Stadt seien acht Hausärzte mit insgesamt 7,5 Versorgungsaufträgen niedergelassen. Die Fallzahlen der Frau C. hätten in den Quartalen I bis IV/15 64 % des hessischen Durchschnitts betragen. Im Quartal III/15 stammten 65 % aus A-Stadt, davon ca. 85 % aus dem PLZ-Gebiet C-Y-Stadt sowie ca. 10 % aus dem PLZ-Gebiet C-Z-Stadt. 25 % stammten aus der sich südlich an C-Y-Stadt angrenzenden Stadt B-X-Stadt. Das Abrechnungsvolumen der Hausärzte in C-Y-Stadt liege bei durchschnittlich 104 %, davon vier weitere Hausärzte unterdurchschnittlich und drei deutlich überdurchschnittlich. Im PLZ-Gebiet C-Z-Stadt könne für 2015 ein Abrechnungsvolumen von 105 % festgestellt werden. Neben der Beigeladenen zu 8) verlege ihre Praxispartnerin ihren Sitz und solle der alte Sitz ebf. in das Zentrum von A-Stadt verlegt werden. Darüber hinaus würden ein Hausarzt in C-Y-Stadt sowie ein Arzt in C-Z-Stadt ihre Zulassung beenden. C-Y-Stadt habe 14.XXX Einwohner. Auf einen hausärztlichen Versorgungsauftrag kämen demnach derzeit 1.XXX Einwohner, bei Verlust von zwei bzw. drei Versorgungsaufträgen wären es 2.XXX bzw. 2.XXX Einwohner. Die angepasste Verhältniszahl im Mittelbereich A-Stadt liege bei 1.XXX Einwohnern. Gesetzgeberisches Ziel sei eine wohnortnahe Erreichbarkeit der ärztlichen Praxen, was ein flächendeckendes Versorgungsangebot bedinge. Die beantragte Anstellung mit Verlegung des Sitzes sei unter Versorgungsgesichtspunkten nachteilig.

Die Beigeladene zu 8) erkl...

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