Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Abrechnungsprüfung. keine generelle Absetzung aller Laborleistungen der Notfallambulanz eines Krankenhauses unter Hinweis auf eine fehlende Berechnungsfähigkeit. Möglichkeit eines Tatsachenvortrags zur Notwendigkeit der Laborleistungen im gerichtlichen Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Einzelfallprüfung. Die generelle Absetzung aller Laborleistungen der Notfallambulanz eines Krankenhauses unter Hinweis auf eine fehlende Berechnungsfähigkeit ist unzulässig, da ein allgemeiner Leistungsausschluss von Laborleistungen im Rahmen einer Notfallbehandlung nicht besteht. In diesen Fällen kann ein Bescheid nach § 131 Abs 5 SGG aufgehoben werden.
2. Auch ein Tatsachenvortrag zur Notwendigkeit der Laborleistungen im Rahmen einer Notfall-Erstversorgung kann noch im gerichtlichen Verfahren erfolgen (vgl LSG Darmstadt vom 20.3.2013 - L 4 KA 60/10 = juris Rdnr 32 und nicht eindeutig BSG vom 12.12.2012 - B 6 KA 5/12 R = SozR 4-2500 § 115 Nr 1).
Nachgehend
Tenor
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Die Honorarbescheide für die Quartale I/09 bis I/13, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 werden insoweit aufgehoben, als Laborleistungen nach Kap. 32 EBM abgesetzt worden sind. |
2. |
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Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. |
3. |
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Die Beteiligten haben jeweils zu ½ die Gerichtkosten zu tragen. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung in den 13 Quartalen I/09 bis I/13 in Höhe von insgesamt 274.319,15 € netto wegen der Absetzung von im Rahmen von Notfallbehandlungen erbrachter Laborleistungen des Kapitels 32 EBM.
Die Klägerin betreibt ein Klinikum im Bereich der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. In den streitbefangenen Quartalen erbrachten die Ärzte der Klägerin Notfallbehandlungen, deren Vergütung die Beklagte jeweils mit Honorarbescheiden festsetzte. Laborleistungen des Kapitels 32 EBM setzte sie ab, da diese bei Notfallbehandlungen nicht abgerechnet werden könnten.
Hiergegen legte die Klägerin jeweils Widerspruch ein, mit dem sie sich gegen die Absetzung sämtlicher Laborziffern wandte.
Die Beklagte wies die Klägerin unter Datum vom 23.07.2013 auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hin und gab ihr Gelegenheit, substantiiert anhand der Einzelfälle die Notwendigkeit der von ihr zur Abrechnung eingereichten Laborleistungen für die Notfall-Erstversorgung darzulegen.
Die Klägerin trug zur Begründung ihrer Widersprüche unter Datum vom 21.11.2014 vor, eine Kernaufgabe der interdisziplinären Notaufnahme sei die Sicherstellung einer unverzüglichen Notfalldiagnostik: EKG, Labor, Sonographie, Echoröntgen, CT, Endoskopie. Auch einzelne Fachgesellschaften betonten die Notwendigkeit von Labordiagnostik in der Notaufnahme. Sie verdeutliche dies anhand von vier definierten Fallbeispielen. Zur Basisdiagnostik gehörten: Harnstoff, Kreatinin, Serumelektrolyte, Leberwerte, Lipase, CRP, INR, pTT, Kreatinkinase, Laktatdehydrogenase, C-reaktives Protein, Serumlaktat, hs-Troponin, D-Dimer, Blutbild, arterielle Blutgasanalyse. In ausgewählten Patientenfällen könne auch eine weiterführende Labordiagnostik erforderlich werden. Dies werde durch die Leitlinien der verschiedenen Fachgesellschaften einwandfrei belegt. Laborparameter würden oft den entscheidenden diagnostischen Hinweis liefern und dabei die Entscheidung zwischen ambulanter Betreuung und stationärer Aufnahme beeinflussen. Zahlreiche vergleichbare Fälle würden täglich in ihrer zentralen Notaufnahme versorgt werden.
Die Beklagte verband alle Widerspruchsverfahren und wies mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2014 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Notfalldienst sei nur auf die Notfall-Erstversorgung ausgerichtet. Der Arzt dürfe nicht mehr Leistungen erbringen und verordnen, als es dem Rahmen der Notfall-Erstversorgung entspreche. Der Behandlungsumfang sei beschränkt auf die Maßnahmen, die bis zum erneuten Einsetzen der Regelversorgung in den üblichen Sprechstundenzeiten erforderlich seien. Nach BSG, Urteil v. 12.12.2012 - B 6 KA 5/12 R - sei es nicht ausgeschlossen, dass in besonders gelagerten Einzelfällen im Notfalldienst die Erhebung von Laborwerten erforderlich sein könne. Wegen des Ausnahmecharakters dieser Fälle müssten die insoweit maßgeblichen medizinischen Diagnosen jedenfalls für die Abrechnungsprüfung erkennbar sein. Sie habe der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt, anhand der Einzelfälle die Notwendigkeit der Laborleistungen für die Notfall-Erstversorgung darzulegen. Von dieser Möglichkeit habe die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Es sei somit nicht substantiiert dargelegt worden, dass die Erbringung der abgerechneten Laborleistungen notwendig gewesen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 22.12.2014 die Klage erhoben. Die Beklagte folgere aus der angeführten Entscheidung des Bundessozialgerichts eine gesteiger...