Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilung. angemessene Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen. Rechtswidrigkeit des Beschlusses der Erweiterten Bewertungsausschusses vom 22.9.2015. Quotierung. Strukturpauschale. Verstoß gegen Gleichheitsgrundsatz
Leitsatz (amtlich)
1. Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 22.9.2015 "zur angemessenen Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen mit Wirkung ab dem 1.1.2013" ist rechtswidrig, soweit er fiktive Personalkosten aus der Bemessung des EBM-Punktwertes ausklammert.
2. Die als Kompensation geschaffene Strukturpauschale verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art 3 GG. Daneben entspricht die der Zuschlagsziffer immanente Quotierung nicht der Kalkulationssystematik des EBM (juris: EBM-Ä 2008) und führt zu einer nicht rechtmäßigen, individualisierten Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen.
3. Die im HVM 2013 vorgesehene quotierte Auszahlung der psychotherapeutischen Leistungen (mit Ausnahme der probatorischen Sitzungen nach der GOP 35150 inkl Suffix und der Leistungen des Kapitels 35.2 EBM) und der Leistungen nach den GOP 22220 und 23220 EBM entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben zur angemessenen Vergütung von Psychotherapeuten.
Nachgehend
Tenor
Die Honorarbescheide für die Quartale I/2013 und II/2013 vom 21.08.2013 und 20.11.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.09.2014 und 10.12.2014, allesamt in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 und der Änderungsbescheid vom 04.07.2016 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet über die Vergütung für die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen in den Quartalen I/2013 und II/2013 nach Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden und über die Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen nach Rechtsauffassung des Gerichts nach entsprechender Änderung des EBM neu zu entscheiden.
Die Beklagte hat die Verfahrenskosten zu tragen.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen für das Quartal I/2013 und II/2013.
Der Kläger ist als Psychologischer Psychotherapeut in A-Stadt niedergelassen und zur vertragsärztlichen (vertragspsychotherapeutischen) Versorgung zugelassen.
Mit Bescheiden vom 21.08.2013 und 20.11.2013 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal I/12013 in Höhe von 21.459,49 € (Brutto) bei 58 Behandlungsfällen und für II/2013 in Höhe von 21.863,86 € bei 58 Behandlungsfällen fest.
Gegen beide Bescheide legte der Kläger mit Schreiben vom 12.09.2013 und 29.12.2013 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass keine rechtskonforme Umsetzung der vorgegebenen Rechtsnormen erfolgt sei, da insbesondere die Honorierung der psychotherapeutischen Leistungen nicht an die gestiegenen Gewinne der Vergleichsgruppe angepasst worden sei. Bei einem sich aus dem EBM 2010 ergebenden Durchschnittsumsatz der Psychotherapeuten von 18.000,- € pro Quartal (72.000,- € pro Jahr) müsse die Vergütung der Psychotherapeuten ohne Quotierung zum Orientierungspunktwert erfolgen.
Mit Änderungsbescheiden vom 30.09.2014 und 10.12.2014 wurde das Honorar für I/2013 auf 21.766,05 €, bzw. für II/2013 auf 22.159,81 € festgesetzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2014 wurden die Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Honorarverteilung nach den Vorgaben des Bewertungsausschusses nach dem jeweils geltenden Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) erfolgt sei. Im Fall des Klägers seien die ihm abgerechneten probatorischen Sitzungen sowie die Leistungen des Kapitels 35.2 zu dem im HV vereinbarten Orientierungspunktwert in Höhe von 3,5752 Ct. zu 100% vergütet worden. Die übrigen Leistungen seien als Vorwegleistung vergütet worden, wobei wegen des Überschreitens des Honorarkontingents eine Quotierung erfolgt sei. Gleiches sei auch hinsichtlich der Zuschläge erfolgt. Eine Quotierung sei aber generell rechtmäßig. Soweit die Angemessenheit der Vergütung beanstandet werde, sei die Beklagte an die Vorgaben, die auf Bundesebene getroffen würden, gebunden.
Mit seinen Klagen vom 05.01.2015 und 14.01.2015 verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.
Er beantragte zunächst,
die Honorarbescheide für die Quartale I/2013 und II/2013 sowie den Widerspruchsbescheid vom 17.12.2014 aufzuheben, und die Beklagte zu verpflichten, über die Vergütung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Er ist der Ansicht, dass die Honorarverteilung nicht den Vorgaben der BSG- Rechtsprechung entspreche. Auch nach dem GKV- Versorgungsstrukturgesetz sei geregelt, dass für psychotherapeutische Leistungen eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten sei. Es sei ...