Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitlich begrenzte Methadon-Substitutionsbehandlung bei Heroinabhängigen
Orientierungssatz
1. Die Substitutionsbehandlung eines Heroinabhängigen ist u. a. bei einer Ausweitung oder Verfestigung des Gebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution zu beenden. Das ist dann der Fall, wenn ein regelmäßiger Konsum auch nach über 5-jähriger Behandlung vorliegt.
2. Die Richtlinie Methoden Vertragsärztliche Versorgung (SRL) dient ausschließlich der Krankenbehandlung mit dem Ziel der Suchtmittelfreiheit. Ist dieses Ziel nicht zeitnah erreichbar, ist eine Substitution zulässig. Nach den SRL ist die Substitutionsbehandlung zwingend zu beenden, wenn der Beigebrauch über Jahre hinweg anhält.
3. Die SRL sind durch die Ermächtigungsgrundlage des § 135 Abs. 1 i. V. m- § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB 5 gedeckt und damit rechtmäßig.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Pflicht zur Beendigung der Substitutionsbehandlung des Patienten B..
Der Kläger ist als Arzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mir Praxissitz A-Stadt zugelassen. Er besitzt die Genehmigung zur Abrechnung der Methadon-Substitutionsbehandlung bei i.v.-Heroinabhängigen.
Die Beklagte nahm eine Qualitätsüberprüfung der Behandlung des 1965 geb. Patienten B. vor, da bei diesem die Substitutionsbehandlung bereits länger als fünf Jahre durchgeführt werde. Der Kläger reichte die angeforderten Unterlagen ein. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Bescheid vom 10.12.2004 mit, die Qualitätssicherungskommission habe Mängel festgestellt. Es werde eine Beanstandung nach Stufe 4 (schwerwiegende Beanstandung) gemäß ihrer Richtlinien zur Durchführung der Qualitätsprüfung ausgesprochen. Innerhalb von sechs Wochen sei ein erneuter Behandlungsbericht vorzulegen. Der Patient weise einen manifesten Benzodiazepinbeikonsum auf. Dies stelle eine Kontraindikation zur Substitution dar. Mit Schreiben vom 10.05.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Qualitätssicherungskommission habe die Angelegenheit bis 20.10.2005 zurückgestellt. Der Kläger werde aufgefordert, danach erneut über den Patienten zu berichten und die Urinkontrollen einzureichen. Der Benzodiazepinbeikonsum solle in diesem Zeitraum gänzlich eingestellt werden.
Mit Bescheid vom 17.01.2006 verpflichte die Beklagte den Kläger zur Beendigung der Substitutionsbehandlung des Patienten B. bis spätestens 14.02.2006. Sie führte aus, es bestehe weiterhin ein Benzodiazepinkonsum. Die Qualitätssicherungskommission habe deshalb eine weitere Behandlung abgelehnt.
Hiergegen legte der Kläger am 07.02.2006 Widerspruch ein. Er führte aus, bei Herrn B. handele es sich um einen Patienten mit hochgradiger Persönlichkeitsstörung. Solche Kranke könnten oft nur durch fortgesetzte Benzodiazepinmedikation stabil gehalten werden. Der Patient nehme sehr wenige Tabletten. Die Niedrigdosisabhängigkeit sei gegenüber der Opiatsucht eine vergleichsweise ungefährliche Gesundheitsstörung. Ein Abbruch würde den Patienten in die intravenöse Drogensucht zurückwerfen und dessen Gesundheitszustand verschlechtern. Den intravenösen Drogenkonsum habe der Patient vollständig eingeschränkt. Er beachte das Legalitätsprinzip, arbeite, lebe in einem drogenfreien sozialen Kontext und beteilige sich an der Erziehung und Ernährung der Kinder seiner Lebenspartnerin.
Die Qualitätssicherungskommission empfahl eine Zurückweisung des Widerspruchs unter Hinweis auf die chronologische Auflistung der durchgeführten Urinkontrollen vom 25.04.2005 bis 10.10.2005.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2007, dem Kläger zugestellt am 23.02.2007, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung heißt es, auf Anfrage habe der Kläger weiter die Urinkontrollen für den Zeitraum 05.12.2005 bis 11.09.2006 eingereicht. Es hätten positive Nachweise für einen Benzodiazepinbeigebrauch vorgelegen. Die nachgereichten Ergebnisse dokumentierten eine zeitweilige Benzodiazepinbeigebrauchsfreiheit. Die im Zeitraum 05.12.2005 bis 11.09.2006 durchgeführten Urinkontrollen wiesen erneut Benzodiazepine positiv auf.
Hiergegen hat der Kläger am 23.03.2007 die Klage erhoben. Er trägt ergänzend zu seinem Widerspruchsvorbringen vor, bei einem Abbruch befürchte er schwerste gesundheitliche Konsequenzen für seinen Patienten. Ein Erfolg der Methadonbehandlung sei nachweisbar. Er habe eine hochgradig abnorme Persönlichkeit. Im Alter von neun Jahren habe er seine 18-jährige Schwester getötet, weil diese ihm gedroht habe, seine Mutter darüber zu informieren, dass er von seinem Vater regelmäßig sexuell missbraucht werde. Er habe damals viele Monate in einer psychiatrischen Klinik verbracht. Das Entlassungsgutachten umfasse 130 Seiten. Seit dieser Zeit nehme der Patient Benzodiazepine. Er benötige sie wahrscheinlich aus Gründen seiner Borderline-Charakterstruktur. Die BUB-Richtlinien seien fehlerhaft. Ein Ab...