Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsgrund. Glaubhaftmachung. Asylbewerberleistung. Analogleistung. Ersetzung von Geldleistungen durch Sachleistungen. Zulässigkeit der Beschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes zum Erlass einer einstweiligen Anordnung in Form einer Regelungsanordnung genügt es nicht, dass abstrakt Bedarfe denkbar sind, die im Falle der Ersetzung einer Geld- durch eine Sachleistung nicht gedeckt sein könnten. Etwaige Bedarfe sind konkret zu bezeichnen.

2. Die Berufung gegen die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung wird nicht allein dadurch zulässig, dass ein zukunftsoffener Antrag gestellt wird. Der vorläufige Charakter des Eilverfahrens lässt auch im Asylbewerberleistungsrecht einen Rückgriff auf § 144 Abs 1 S 2 SGG nicht zu.

 

Tenor

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Eilverfahren Geldleistungen nach dem AsylbLG an Stelle der Sachleistung in Form eines Busfahrscheines für den Ingolstädter Nahverkehr.

Der 1976 in Armenien geborene Antragsteller ist ukrainischer Staatsangehöriger und reiste am 27.12.2017 erstmals in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Mit Beschluss der Regierung von Oberbayern vom 05.12.2017 wurde der Antragsteller dem Bayerischen Transitzentrum M-Stadt/A-Stadt zugewiesen. Dort ist er in der Außenstelle in der M-Straße untergebracht. Der Antragsteller ist im Besitz einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens.

Die Antragsgegnerin händigte dem Antragsteller im Juni 2018 einen Busfahrschein der A-Städter Verkehrsgesellschaft aus, der zur unentgeltlichen Teilnahme am öffentlichen Personennahverkehr in A-Stadt berechtigt.

Mit Bescheid vom 24.05.2019 gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen nach § 2 AsylbLG in Höhe von monatlich je € 139,03 für die Monate April, Mai und Juni 2019. Die Leistungen würden unter dem Vorbehalt der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen, jeweils um einen weiteren Monat auf Grundlage dieses Bescheides verlängert. Die Antragsgegnerin komme in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 AsylbLG zum Ergebnis, dass die von § 2 AsylbLG verfolgten Ziele besser und wirtschaftlicher über Sachleistungen erreicht werden könnten. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass eine völlige Gleichstellung von Leistungsbeziehern nach dem AsylbLG mit solchen nach dem SGB XII vom Gesetzgeber nicht gewollt sei. Bei der Gewährung von Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG seien die Besonderheiten des AsylbLG zu berücksichtigen. § 2 Abs. 2 AsylbLG ermächtigte die Antragsgegnerin, Sach- an Stelle von Geldleistungen zu erbringen. Die Antragsgegnerin habe sich für die Sachleistung entschieden, weil auch im Fall von § 2 Abs. 1 AsylbLG noch kein verfestigtes Bleiberecht bestehe. Ziel der Konzeption der Transitzentren sei es, möglichst kurzfristig und schnell über Asylanträge und für den Fall der Ablehnung über die Ausreise zu entscheiden. Etwaige Bedarfe würden durch die Aushändigung des Busfahrscheines abgedeckt, zumal daneben im Einzelfall auch für private Besuche Kleinbusse für überörtliche Bedarfe zur Verfügung stünden. Der Gewährung der Sachleistung liege außerdem die Erwägung zu Grunde, dass innerhalb des Transitzentrums M-Stadt/A-Stadt Anspruchsberechtigte nach § 2 Abs. 1 AsylbLG und sonstige Anspruchsberechtigte untergebracht seien, teilweise sogar in einem Zimmer. Diese besondere Situation in der Aufnahmeeinrichtung führe zu einem nicht unerheblichen Konflikt- und Spannungspotential. Nach der Gesetzesbegründung des AsylbLG sollten solche Spannungen gerade vermieden werden.

Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 24.06.2019 Widerspruch ein. Der Widerspruch ist nicht Bestandteil der von der Antragsgegnerin dem Gericht vorgelegten Leistungsakte. Dem Widerspruch half die Antragsgegnerin nicht ab und legte ihn der Regierung von Oberbayern als Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor. Eine Entscheidung der Regierung von Oberbayern über den Widerspruch ist noch nicht erfolgt.

Am 01.07.2019 stellte der Antragsteller Eilantrag zum Sozialgericht München. Darin beantragt er, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller für die Zeit ab 29.06.2019 vorläufig Barleistungen nach dem AsylbLG in gesetzlicher Höhe ohne Abzug der Abteilung 7 (Verkehr) zu gewähren. Der Antragsteller trägt vor, ihm sei ein Busfahrschein der A-Städter Verkehrsgesellschaft ausgehändigt worden. Im Gegenzug sei die Barleistung in Höhe von € 32,90 gekürzt worden. Diese Kürzung sei rechtswidrig, er habe einen Anspruch auf ungekürzte Analogleistungen nach § 2 AsylbLG. Die Sachleistung Busfahrschein würde weder zeitlich noch räumlich sämtliche Mobilitätsbedarfe des Antragstellers abdecken...

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