Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung für Leistungserbringung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union. kein Leistungsausschluss wegen der Mangelhaftigkeit der Behandlung
Leitsatz (amtlich)
Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass demjenigen Versicherten, der einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs 4 S 1 SGB 5 geltend macht, die Mangelhaftigkeit der Behandlung anspruchsausschließend entgegengehalten werden kann. Der Versicherte ist insoweit nicht anders zu stellen, als bei einer Behandlung im Inland.
Orientierungssatz
Aktenzeichen beim LSG München: L 5 KR 3564/12
Tenor
I. Der Bescheid vom 30.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.04.2008 wird teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die in Ungarn vorgenommene Zahnersatzbehandlung weitere Kosten i.H.v. 610,89 € zu erstatten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind der Klägerin zur Hälfte zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung für eine in Ungarn angefertigte Zahnersatzversorgung streitig.
Die bei der Beklagten versicherte Klägerin (geb. 1946) reichte am 09.10.2007 einen Heil- und Kostenplan der Dental Data (B-Stadt, Ungarn) bei der Beklagten ein.
Mit Schreiben vom 18.10.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie sich an den Kosten, die im Rahmen der notwendigen Zahnersatzversorgung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland entstünden, bis zu dem Betrag, der nach den in Deutschland geltenden Regelungen aufzubringen wären, beteilige. Die Klägerin könne aufgrund des festgestellten Zahnbefundes einen Festzuschuss i.H.v. 1078,96€ erwarten. Die Beklagte wies die Klägerin u.a. darauf hin, dass der in Ungarn angefertigte Zahnersatz den deutschen Qualitätsstandards entsprechen müsse, damit eine Kostenerstattung erfolgen könne. Die Qualität müsse daher von einer Beratungszahnärztin beurteilt werden.
Die Klägerin ließ am 24.10.2007 den Zahnersatz in Ungarn anfertigen. Mit Schreiben vom 30.10.2007 reichte sie die Rechnung vom 24.10.2007 i.H.v. 1.463,00€ bei der Beklagten ein. Die Beklagte bat daraufhin die Klägerin zur ambulanten Untersuchung durch den MDK. Dieser teilte mit Stellungnahme vom 29.11.2007 mit, dass bei der Klägerin im Oberkiefer die drei Restzähne 22,23 und 25 überkront und die fehlenden Zähne durch eine Prothese nach 3.1 ersetzt worden seien. Bei der Untersuchung habe die Klägerin ein ausreichend gepflegtes Gebiss gezeigt. An den drei Kronen stünden die Ränder vestibulär 1,5 bis 2 mm ab. Lingual sei der Randschluss einwandfrei. Auf Kältetest habe keiner der Zähne reagiert. Die Klägerin habe die Abnahme der Prothese im Rahmen der Untersuchung verweigert. Sie sei aufgefordert worden, sich mit ihrem ungarischen Zahnarzt in Verbindung zu setzen und die Frage der Abnehmbarkeit zu klären. Die drei Kronen entsprächen nicht den Richtlinien, die Prothese nach 3.1 sei richtliniengemäß.
Mit Schreiben vom 04.12.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr ein Erstattungsbetrag i.H.v. 335,98€ überwiesen werde. Da die Versorgung mit drei Kronen erhebliche Mängel aufweise und nicht den deutschen Richtlinien entspreche, könne lediglich ein Zuschuss für die Prothese geleistet werden. Die Beklagte empfahl der Klägerin, sich mit dem Behandler in Ungarn in Verbindung zu setzen, um die bestehenden Mängel beseitigen zu lassen. Mit Bescheid vom 30.01.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass nach nochmaliger Überprüfung die Kosten für weitere Zahnersatzversorgung (drei Kronen) nicht übernommen werden dürfe. Es bleibe bei dem bereits von der Beklagten geleisteten Zuschuss.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 08.02.2008 Widerspruch und verwies insbesondere auf die Stellungnahme ihre behandelnden ungarischen Zahnarztes Dr. C. vom 07.01.2008, wonach bei Übergabe am 27.10.2007 alle drei Porzellankronen vestibular und platinal einwandfrei geschlossen hätten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass Voraussetzung der Kostenerstattung sei, dass die Kronen insgesamt funktionsfähig und den geltenden Standards entsprechend angefertigt worden seien. Der Gutachter des MDK habe durch körperliche Begutachtung festgestellt, dass die drei Kronen nicht den Richtlinien entsprächen, so dass hierfür eine Kostenerstattung ausscheide. Nach Beseitigung der Mängel sei natürlich eine erneute Überprüfung und ggf. Bezuschussung möglich.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 03.07.2008.
Das Gericht hat mit Beweisanordnung vom 25.07.2008 Herrn Dr. Dr. B. zum Sachverständigen ernannt. Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten vom 16.08.2008 aufgrund körperlicher Untersuchung der Klägerin zu dem Ergebnis, dass in Bezug auf die Kronen die zahnärztliche Leistung nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Zusätzlich zu dem Befund des MDK liege im Bereich der Kronenränder eine massive Entzünd...