Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Gewährung von Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege als persönliches Budget. Voraussetzung der Bildung eines persönlichen Budgets. Anforderung an die Gewährung einer Hilfe zur Pflege im Arbeitgebermodell. Anspruch auf rückwirkende Leistungsbewilligung
Orientierungssatz
1. Die Bewilligung eines persönlichen Budgets zur Gewährung von Hilfe zur Pflege als Sozialhilfeleistung kann nicht für Zeiten beansprucht werden, die vor dem Tag der Antragstellung liegen.
2. Die Gewährung von Hilfeleistungen zur Pflege und zur Eingliederung in Form eines persönlichen Budgets kommt nur in Betracht, wenn die in das Budget einbezogenen Hilfeleistungen jeweils einzeln kalkuliert werden können, sodass auf dieser Grundlage der individuelle Bedarf festgestellt und das persönliche Budget gebildet werden können. Sollen in das Budget auch Ausgaben für Pflegekräfte einbezogen werden, muss durch den Pflegebedürftigen auch offengelegt werden, auf welcher Basis und in welchem Umfang diese tatsächlich mit der Erbringung von Pflegeleistungen betraut sind.
3. Die Gewährung von Hilfe zur Pflege in Form individueller Leistungen für die Beschäftigung von Pflegekräften im sog. Arbeitgebermodell kommt nur in Betracht, wenn eine solche Beschäftigung auch konkret nachgewiesen ist und dabei auch die gebotenen Meldungen zur Sozialversicherung für die Beschäftigungsverhältnisse erfolgen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird um die Übernahme der Kosten für eine 24-Stunden- Assistenz in Form eines persönlichen Budgets geführt.
Die 1956 geborene Klägerin ist seit Mai 2009 in der Pflegestufe III eingestuft. Sie erhält Pflegegeld nach Maßgabe dieser Einstufung von der Pflegekasse (Anerkenntnis der DAK vom 3.Juni 2010 im Verfahren S 19 P 56/10). Daneben wurde ein zusätzlicher Betreuungsbetrag anerkannt (Bescheid der DAK vom 5. November 2009), Rechnungen über zusätzliche Betreuungsleistungen hat die Klägerin jedoch bei der Pflegekasse seit 2010 nicht eingereicht (Schreiben der DAK an die Beklagte vom 12. September 2013). Für die Klägerin ist ein Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen G, B und H festgestellt.
Die Klägerin bezieht Einkünfte aus einer Rente wegen Erwerbsminderung (394,11 €), aus einer Witwenrente (373,92 €) sowie aus einer Witwenpension (63,99 €). Nach den Angaben im Antragsformular vom 1. November 2010 lebt die in einer Mietwohnung (A-Straße, in A-Stadt), für die im November 2010 Unterkunftsaufwendungen in Höhe von insgesamt 285 € angefallen sind. Ob sie diese Wohnung alleine bewohnt oder ob dort auch der 1962 geborene Herr C., lebt, ist zwischen den Beteiligten strittig. Zu den Mietaufwendungen bewilligte das Landratsamt Wohngeld in Höhe von 38 € monatlich (Bescheid vom 22. Juli 2010). Auf die Klägerin ist ein Fahrzeug (Baujahr 1989) zugelassen und versichert (DAV Versicherungsbestätigung Nr. …)
Am 16. Oktober 2010 beantragte die Klägerin Leistungen für eine 24-Stunden-Assistenz als persönliches Budget für die Zeit ab Mai 2009 beim Beklagten. Zum Umfang der beantragten Leistungen führte sie aus, dass sie zwei Vollzeitkräfte und mindestens acht geringfügig beschäftigte Assistenten zu einem Stundenlohn von 15,87 €, zuzüglich Nacht-, Sonn-und Feiertagszuschlägen benötige. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2010 benannte die Klägerin 15 Pflegekräfte durch Angabe von Namen und Wohnort, mit deren Hilfe sie ihre Pflege bestreite. Die Bezahlung hätten die Pflegekräfte gestundet.
In der Folge (Schreiben vom 5. Januar 2011und vom 6. April 2011) forderte der Beklagte die Klägerin auf, Nachweise zu den tatsächlichen Aufwendungen für die eingesetzten Assistenzkräfte vorzulegen. Weil die Klägerin Pflegegeld von der Pflegeversicherung beziehe, scheide weiteres Pflegegeld im Rahmen der Hilfe zur Pflege aus. Allerdings könnten die angemessenen Aufwendungen der Pflegepersonen übernommen werden, wenn diese nachgewiesen würden. Darüber hinaus sei es zur Feststellung des Pflegebedarfs auch erforderlich, das MdK - Gutachten aus dem Jahr 2009 sowie weiterer Unterlagen vorzulegen, welche zur Gewährung der Pflegestufe III geführt hatten.
Die Klägerin legte weitere Unterlagen vor, insbesondere eine Bescheinigung über einen häuslichen Pflegeeinsatz des BRK vom 28. Januar 2011 beharrte im Übrigen darauf, dass sie den notwendigen Bedarf für eine 24 Stunden-Assistenz ausreichend nachgewiesen habe.
Der Antrag der Klägerin wurde am 12. Dezember 2010 vom Beklagten abgewiesen. Der Beklagte begründete dies zum einen damit, dass für die Vergangenheit eine Leistungserbringung nicht möglich sei. Für die Zeit ab Antragstellung lehnte der Beklagte die Leistungen ab, weil der Hilfebedarf nicht nachgewiesen sei und außerdem angeforderte Unterlagen nicht vorgelegt wurden.
Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Die Regierung von Oberbayern wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2013 als unbegründet zurück. Dagegen richtet sich ...