Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des SG München vom 11.7.2007 - S 30 EG 34/07, das vollständig dokumentiert ist.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Elterngeld wegen Erziehung eines vor dem 01.01.2007 geborenen Kindes. Die ....1971 geborene Klägerin beantragte am 14.03.2007 beim Beklagten die Zahlung von Elterngeld wegen Erziehung ihres ... 2006 geborenen Sohnes A T-H. Die Klägerin ist Dipl.-Ingenieurin und Einkäuferin und lebt zusammen mit ihrem Ehemann und Vater ihres Sohnes M H, geboren ... 1968 und von Beruf Diplom-Kaufmann.
Mit Bescheid vom 02.04.2007 lehnte der Beklagte den Antrag ab und stützte sich hierbei auf § 27 Abs. 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) vom 05.12.2006 (BGBl. I S. 2748), wonach es für die Eltern von vor dem 01.01.2007 geborenen oder mit dem Ziel der Adoption aufgenommenen Kindern bei den Vorschriften des Bundeserziehungsgeldgesetzes verbleibe und ein Anspruch auf Elterngeld nicht bestehe. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2007 zurück.
Mit ihrer Klage bestreitet die Klägerin das verfassungskonforme Zustandekommen des BEEG, weil es an dem nach Art. 72 Abs. 2 Grundgesetz (GG) notwendigen Grund für eine Bundesgesetzgebung zu der nach Art. 74 GG zum Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung gehörenden Materie des Elterngeldes fehle. Außerdem verstoße § 27 BEEG gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sich (im Sinne von Formulierungen des Bundesverfassungsgerichts) "ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden lasse, kurzum, die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden müsse", weil der Staat eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandele, obwohl zwischen den Vergleichsgruppen "Eltern mit vor dem 01.01.2007 geborenen Kindern" und "Eltern mit ab 01.01.2007 geborenen Kindern" keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht finden ließen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Mit der Klage wird gefordert, mindestens denjenigen Eltern ein Elterngeld zuzubilligen, denen ein Geburtstermin vor 01.01.2007 prognostiziert worden war.
Zu ihrer persönlichen Situation trug die Klägerin vor, bereits 2005 eine Tochter bekommen zu haben. Für den Fall von Geburt und Erziehung eines dritten Kindes wäre erneut eine Benachteiligung absehbar, weil das dann zu zahlende Elterngeld nicht nach dem Elterngeld in voller Höhe zu berechnen sei, das bei einer Geburt von A am 01.01.2007 oder später angefallen wäre.
Der Vorsitzende gab eine schriftliche Mitteilung des Beklagten bekannt, wonach er im ersten Quartal 2007 für Oberbayern 9215 Anträge von Erstberechtigten und 1698 Anträge von Partnern auf Elterngeld erhalten habe, insgesamt also 10.913 Anträge. Damit seien 65 bis 70 Sachbearbeiter und Bearbeiter befasst, die außer mit dem Elterngeld noch zu 35 bis 40 Prozent mit Bundes- und Landeserziehungsgeld befasst seien. Der durchschnittliche Zeitaufwand für einen Elterngeld betrage ca. 90 bis 120 Minuten.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 02.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2007 zur Gewährung von Elterngeld ab 01.01.2007 zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Akten des Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhoben und ist somit zulässig.
Sie erweist sich jedoch in der Sache als unbegründet. Der Beklagte hat § 27 Abs. 1 zweiter Halbsatz BEEG zutreffend angewendet, wonach für Eltern von vor dem 01.01.2007 geborenen Kindern kein Anspruch auf Elterngeld besteht. Das Gericht könnte den Beklagten zur Zahlung von Elterngeld nur verurteilen, wenn es den verfassungsrechtlichen Einwänden der Klägerin folgen würde und daraus die Konsequenz ziehen würde, die angegriffene Vorschrift des § 27 BEEG in der Weise verfassungskonform auszulegen, dass Elterngeld auch nach Geburten vor dem 01.01.2007 zu zahlen wäre. Eine solche Vorgehensweise verbietet sich schon deshalb, weil die Stichtagsregelung so eindeutig und absolut formuliert ist, dass sie einer Auslegung im gewünschten Sinne schlechthin nicht zugänglich ist.
Würde das Gericht zu der Überzeugung gelangen, § 27 BEEG verstoße gegen das Grundgesetz, könnte es Elterngeld nicht zusprechen, sondern müsste unter Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG in Verbindung mit § 80 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift dem Bundesverfassungsgericht vortragen und eine Entscheidung von dort...