Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Zulassung. keine weitere Zulassung bzw Teilzulassung neben einer Vollzulassung. Möglichkeit einer bedingten Zulassung. Ermessen
Leitsatz (amtlich)
1. Neben einer vollen Zulassung ist kein Raum mehr für eine weitere Zulassung bzw Teilzulassung und erst recht nicht, wenn zusätzlich eine Filialgenehmigung besteht (vgl BSG vom 16.12.2015 - B 6 KA 19/15 R = BSGE 120, 197 = SozR 4-5520 § 20 Nr 4; Andreas Ladurner, Kommentar zur Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, RdNr 8, 12 zu § 20 Ärzte-ZV). Ein solcher Zulassungsbewerber ist als ungeeignet iSd § 20 Abs 2 Ärzte-ZV anzusehen.
2. Der Normzweck von § 20 Abs 3 Ärzte-ZV, der die Zulassung unter einer Bedingung vorsieht, besteht darin, vor allem angestellten Zulassungsbewerbern zu ermöglichen, auf eine Kündigung ihres aktuellen Arbeitsverhältnisses vor und während des Zulassungsverfahrens zu verzichten und die Kündigung erst auszusprechen, wenn der Zulassungsbescheid vorliegt (Andreas Ladurner, Kommentar zur Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, RdNr 27 zu § 20 Ärzte-ZV).
3. Es stellt keinen Ermessensnichtgebrauch bzw keinen Ermessensfehler dar, einem Zulassungsbewerber, der über eine Vollzulassung bzw zwei Teilzulassungen verfügt, die Zulassung verbunden mit einer Nebenbestimmung zu versagen, wenn es weitere Zulassungsbewerber gibt, denen die Zulassung oder Anstellungsgenehmigung erteilt werden kann, ohne dass damit Auflagen einhergehen müssten, um die Zulassungsvoraussetzungen zu erfüllen. Hier ist auch der Grundrechtsschutz (Art 12 GG) der anderen Zulassungsbewerber vorrangig zu berücksichtigen.
4. Einem solchen Zulassungsbewerber obliegt eine Bringschuld, durch einfache Erklärung gegenüber den Zulassungsgremien (Verzicht auf eine seiner bereits bestehenden Teilzulassungen im Falle einer anderen Teilzulassung) seine Bereitschaft, vertragsärztlich auf der Grundlage der neuen Teilzulassung tätig zu werden, zu bekunden.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 8) zu tragen.
Tatbestand
Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist die Entscheidung des Berufungsausschusses aus der Sitzung vom 06.10.2020 nach Entsperrung des Planungsbereiches Landkreis N4-Stadt in der O. für einen halben Vertragsarztsitz (Bedarfsplanungsfaktor 0,5) für die Arztgruppe der Urologen. Auf den ausgeschriebenen hälftigen Vertragsarztsitz bewarben sich der Kläger, seine Tochter und eine K. G.B (BAG). Der Kläger, Facharzt für Urologie, stellte zum einen Antrag auf Teilzulassung für sich selbst (Vertragsarztsitz: N-Stadt) und des Weiteren einen Antrag auf Anstellungsgenehmigung für K. (Vertragsarztsitz: P-Stadt; Stundenzahl: 15). Der Kläger besitzt eine Teilzulassung (hälftige Zulassung) in B-Stadt, Planungsbereich Landkreis E-Stadt, eine weitere Teilzulassung (hälftige Zulassung) in N5-Stadt, Planungsbereich Landkreis N-Stadt sowie eine Filialgenehmigung in P-Stadt, Planungsbereich Landkreis N-Stadt.
Seine Tochter, Fachärztin für Neurologie beantragte eine Anstellungsgenehmigung für den hiesigen Kläger.
Die G. Berufsausbildungsgemeinschaft beantragte eine Anstellungsgenehmigung für K. (Planungsbereich: N-Stadt; 12,5 Wochenstunden).
Der Beklagte entschied letztendlich unter Hinweis und Prüfung der Auswahlkriterien nach § 26 Abs. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie zugunsten der BAG und betonte, die dort genannten Auswahlkriterien sei nicht abschließend. Die Zulassungsgremien besäßen einen Entscheidungsspielraum, der von den Gerichten nur eingeschränkt überprüfbar sei. Der Antrag des Klägers wurde im Rahmen der Auswahlentscheidung nicht geprüft. Denn eine Teilzulassung für den Kläger sei abzulehnen (Az ). Der Kläger besitze nämlich bereits mit zwei Teilzulassung eine Vollzulassung, sodass für eine weitere Teilzulassung kein Raum mehr sei. Der beantragten Teilzulassung könne nur dann näher getreten werden, wenn auf eine der Teilzulassung verzichtet worden wäre. Der Beklagte wies auf die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10.10.2018 (Az L 12 KA 10/18) und auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11.02.2015 (Az B 6 KA 11/14 R) hin. Die Zulassung verpflichte den Vertragsarzt, seine vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben (§ 19a Abs. 1 Ärzte-ZV). Der Kläger könne daher eine dritte Teilzulassung nicht erteilt bekommen. Insofern sei er als ungeeignet im Sinne von § 20 Ärzte-ZV anzusehen. Mit einem dritten Versorgungsauftrag könne er seinen bereits erteilten Teilzulassungen nicht nachkommen.
Ebenfalls abgelehnt wurde der Antrag der Tochter des Klägers auf Anstellungsgenehmigung ihres Vaters (Az ). Die Antragstellerin sei zwar Fachärztin für Neurologie und insofern fachfremd, könne aber einen fachfremden Arzt anstellen. Dies ergebe sich aus § 95 Abs. 9 S. 1 SGB V in Verbindung mit § 32b Abs. 1, 2 Ärzte-ZV und 15 Bundesmantelvertrag-Ärzte.
Eine Anstellung von K., den hiesigen Kläger sei aber weder rechtlich, noch zeitlich möglich; in tat...