Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Anstellungsgenehmigung. keine Auswahlentscheidung bei Nichteignung des anzustellenden Arztes. Möglichkeit einer bedingten Anstellungsgenehmigung. Ermessen
Leitsatz (amtlich)
1. § 20 Ärzte-ZV ist wegen § 1 Abs 3 Nr 3 Ärzte-ZV auch auf einen Antrag auf Anstellungsgenehmigung nach § 32b Abs 2 S 3 Ärzte-ZV anwendbar.
2. Einer Auswahlentscheidung nach § 26 Abs 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie (juris: ÄBedarfsplRL) bedarf es nicht, wenn der anzustellende Arzt ungeeignet iSv § 20 Ärzte-ZV ist.
3. Es stellt keinen Ermessensnichtgebrauch bzw keinen Ermessensfehler dar, eine Anstellungsgenehmigung unter Nebenbestimmungen zu versagen (§ 20 Abs 3 Ärzte-ZV), wenn der anzustellende Arzt über eine Vollzulassung bzw zwei Teilzulassungen, die einer Vollzulassung entsprechen, verfügt und es weitere Zulassungsbewerber gibt, denen die Zulassung oder Anstellungsgenehmigung erteilt werden kann, ohne dass damit Auflagen einhergehen müssten, um die Zulassungsvoraussetzungen zu erfüllen.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 8).
Tatbestand
Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist die Entscheidung des Berufungsausschusses aus der Sitzung vom 06.10.2020 nach Entsperrung des Planungsbereiches Landkreis N-Stadt in der O. für einen halben Vertragsarztsitz (Bedarfsplanungsfaktor 0,5) für die Arztgruppe der Urologen. Auf den ausgeschriebenen hälftigen Vertragsarztsitz bewarben sich die Klägerin (Fachärztin für Neurologie) im Wege einer Anstellungsgenehmigung für ihren Vater, Herrn Dr. Kö. (Vertragsarztsitz P-Stadt; Wochenstundenzahl: 15), Dr. Kö. (Antrag auf Anstellungsgenehmigung für Dr. Kr. (Vertragsarztsitz: N-Stadt) und Antrag auf eigene Teilzulassung am Vertragsarztsitz P-Stadt), sowie die K. G.B (BAG). Dr. Kö.(Facharzt für Urologie) besitzt bereits eine Teilzulassung (hälftige Zulassung) in B-Stadt, Planungsbereich Landkreis E-Stadt, eine weitere Teilzulassung (hälftige Zulassung) in N-Stadt, Planungsbereich Landkreis N-Stadt sowie eine Filialgenehmigung in P-Stadt, Planungsbereich Landkreis N-Stadt.
Die K. beantragte eine Anstellungsgenehmigung für Dr. K. (Planungsbereich: N-Stadt; 12,5 Wochenstunden).
Der Beklagte entschied letztendlich unter Hinweis und Prüfung der Auswahlkriterien nach § 26 Abs. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie zugunsten der BAG und betonte, die dort genannten Auswahlkriterien sei nicht abschließend. Die Zulassungsgremien besäßen einen Entscheidungsspielraum, der von den Gerichten nur eingeschränkt überprüfbar sei. Der Antrag der Klägerin wurde nicht im Rahmen einer Auswahlentscheidung behandelt. Zwar sei die Antragstellerin Fachärztin für Neurologie und insofern fachfremd, könne aber einen fachfremden Arzt anstellen. Dies ergebe sich aus § 95 Abs. 9 S. 1 SGB V in Verbindung mit § 32b Abs. 1, 2 Ärzte-ZV und 15 Bundesmantelvertrag-Ärzte.
Eine Anstellungsgenehmigung für die Klägerin sei abzulehnen (Az ). Denn eine Anstellung von Dr. Kö. sei weder rechtlich, noch zeitlich möglich; in tatsächlicher Hinsicht deshalb nicht, weil er neben den Teilzulassungen eine weitere vertragsärztliche Tätigkeit in einem Angestelltenverhältnis mit einem Umfang von 15 Wochenstunden nicht ausüben könne. Aufgrund seiner Teilzulassungen sei er verpflichtet, jeweils 12,5 Sprechstunden (= 25 Sprechstunden) wöchentlich abzuhalten. Dr. K. fülle nur unterdurchschnittlich seinen Versorgungsauftrag aus (Zahlen aus dem Quartal 1/20). Dazu kämen auch Bereitschafts-und Notdienste (§ 75 Abs. 1a S. 1 SGB V). Für die beantragten 15 Wochenstunden müssten 1,5 Tage eingeplant werden. Deshalb sei eine weitere vertragsärztliche Beschäftigung rein tatsächlich nicht möglich. Im Übrigen könne eine zulässige Nebentätigkeit nur außerhalb der vertragsärztlichen Tätigkeit aufgenommen werden (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.06.2019, Az L 24 KA 39/17). Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus § 62 Bedarfsplanung-Richtlinie.
Ebenfalls wurde der Antrag von Dr. Kö. abgelehnt. Dieser sei nicht geeignet i.S.d. § 20 Ärzte-ZV. Denn der Kläger besitze bereits mit zwei Teilzulassungen eine Vollzulassung, sodass für eine weitere Teilzulassung kein Raum mehr sei. Der beantragten Teilzulassung könne nur dann näher getreten werden, wenn auf eine der Teilzulassungen verzichtet worden wäre (vgl SG B-Stadt, Urteil vom 15. dritten 2023, Az S 38 KA 12/21).
Der Berufungsausschuss ordnete einen Sofortvollzug nicht an, weil ein öffentliches Interesse an dem Sofortvollzug nicht gegeben sei.
Dagegen ließ die Klägerin Klage zum Sozialgericht München einlegen. Es wurde von seinem Prozessbevollmächtigten vorgetragen, die Anstellung von Dr. Kö. sei für P1-Stadt beantragt worden, also nicht neben, sondern statt der Filiale in P-Stadt. Der Beklagte vermische Versorgungsauftrag, Zulassung und Anstellung. Angestellte Ärzte würden auch nicht zum Bereitschaftsdienst verpflichtet (§ 2 Abs. 1 BDO-KVB). Auch die Entfernu...