Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. landwirtschaftlicher Unternehmer. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Bodenbewirtschaftung. Verarbeitung von fremdem Holz. kein Wahlrecht. Nebenerwerbsforstwirtschaft. Hofübergabevertrag
Orientierungssatz
1. Ein landwirtschaftlicher Unternehmer (im Nebenerwerb) steht bei der Verarbeitung von Brennholz, welches er aus gesundheitlichen Gründen zugekauft hatte, um sein Wohnhaus und das seiner Eltern (Altenteiler) zu heizen, mangels sachlichen Zusammenhangs zur versicherten Tätigkeit nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, da im Gegensatz zur Rodung das spätere Verarbeiten von fremdem Holz grundsätzlich nicht zur versicherten Tätigkeit gem § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a SGB 7 gehört.
2. Ein unfallversicherungsrechtlich unschädliches Wahlrecht des Unternehmers zur Verwendung eigenen oder fremden Holzes kann es jedenfalls vor dem Hintergrund des Bezugs der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zur Bodenbewirtschaftung nicht geben.
3. Ein Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit kommt - unabhängig von der Frage des zugekauften Holzes - auch über § 124 Nr 1 SGB 7 vorliegend nicht in Betracht, da der Haushalt des Klägers nicht dem landwirtschaftlichen Unternehmen dient.
4. Eine Haushaltung dient dem landwirtschaftlichen Unternehmen dann wesentlich, wenn der Haushalt sich nach Art und Umfang der anfallenden Arbeiten von einem normalen Haushalt unterscheidet, er auf den landwirtschaftlichen Betrieb ausgerichtet ist, dieser dem Haushalt ein gewisses Gepräge gibt und damit zwischen Haushalt und landwirtschaftlichem Unternehmen eine unmittelbare enge räumliche und sachliche Verknüpfung besteht. Das trifft bei der Nebenerwerbsforstwirtschaft des Klägers nicht zu.
5. Die Erfüllung einer Verpflichtung aus einem Hofübergabevertrag (Altenteilervertrag) führt im vorliegenden Fall nicht dazu, dass eine grundsätzlich privatwirtschaftliche Tätigkeit zu einer versicherten Tätigkeit wird.
6. Der Rechtsauffassung des BSG, dass der Versicherungsschutz - neben den Kriterien "örtlicher Zusammenhang" oder "eigene Erzeugnisse" - jedenfalls auf solche laut Altenteilervertrag geschuldeten Verpflichtungen zu beschränken ist, die von Art 96 EGBGB sowie den jeweiligen Ausführungsgesetzen der Länder hierzu umfasst sind, schließt sich die Kammer an (Anschluss an BSG vom 26.11.2019 - B 2 U 24/17 R = SozR 4-2700 § 2 Nr 52).
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 15. Oktober 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2022 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob der Kläger am 27. September 2021 einen Arbeitsunfall im Sinne des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) erlitten hat.
Der 1969 geborene Kläger zog sich am Unfalltag eine (mittlerweile ausgeheilte) Verletzung am linken Bein zu (Riss-Quetsch-Wunde), die mehrfach ärztlich behandelt werden musste. Konkret prallte ein größeres Holzscheit während der Benutzung eines Holzspalters gegen sein Schienbein. Der Holzspalter befand (und befindet) sich in einer Scheune (Stadel), die auf einem zum forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers gehörenden Grundstück steht. Das Grundstück befindet sich circa einen Kilometer von der Hofstelle entfernt (Auskunft Kläger sowie google-maps). Den bei der Beklagten versicherten forstwirtschaftlichen Betrieb (0,76 ha Almen/Alpen/Hutungen, 5,32 ha Forst, 0,1 ha Hoffläche) führt der Kläger im Nebenerwerb, hauptberuflich ist er bei der Gemeinde C-Stadt tätig. Der Kläger bewohnt in dem auf der landwirtschaftlichen Hofstelle befindlichen Wohnhaus eine abgeschlossene Wohnung. Die andere (ebenfalls abgeschlossene) Wohnung bewohnten zum Unfallzeitpunkt seine Eltern (im Folgenden: Altenteiler); der Vater des Klägers ist mittlerweile verstorben.
Der forstwirtschaftliche Betrieb wurde vom Kläger im Jahr 2002 auf der Grundlage eines notariellen Übergabevertrages von den Altenteilern übernommen. Unter "IV. Gegenleistungen" sind im Übergabevertrag neben Austragsrechten (s. sogleich) u.a. ein Holzschlagrecht des Vaters des Klägers von bis zu zwei Festmetern pro Jahr, eine Hinauszahlungsverpflichtung (teilweise Auszahlung etwaiger Veräußerungserlöse an die Schwestern des Klägers), eine Übernahme bestehender Belastungen sowie eine Abgefundenheitserklärung (bezüglich etwaiger Ansprüche des Klägers aus bisheriger Mitarbeit) enthalten.
Unter IV. 1. des notariellen Vertrags verpflichtete sich der Kläger, den Altenteilern "auf Lebzeit folgenden Austrag (Leibgeding)" zu gewähren: Wohnungsrecht bezüglich der abgeschlossenen Wohnung im Erdgeschoss des Hauses, Mitbenutzungsrechte (u.a. Garten, gemeinschaftliche Werkstätte und Wirtschaftsgebäude, Garage), Wart und Pflege, Kost und Verpflegung ("Die Übergeber verpflegen sich selbst."), Taschengeld. Als zu gewähren aufgeführt ist unter "b)" zudem Folgendes: "Die Austragsräume sind in gut bewohnbarem und beheizbarem Zustand zu halten und auf Verlangen des Übergeb...