Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Umfang der Mitwirkungspflicht eines selbständig tätigen Hilfebedürftigen. Pflicht zur Vorlage von Einkommensnachweisen aus Zeiträumen vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit. Folgen unterbliebener Mitwirkung im Rahmen der Bearbeitung eines Leistungsantrags
Orientierungssatz
1. Bei der Antragstellung auf Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ist der Grundsicherungsträger berechtigt, im Rahmen der Ermittlung des Hilfebedarfs von einem selbständig tätigen Hilfeempfänger auch Einkommensnachweise aus Zeiträumen vor Beginn der Hilfebedürftigkeit zu verlangen, wenn dies für eine Einkommensprognose im Hilfezeitraum erforderlich ist. Verweigert der Hilfebedürftige die Vorlage von entsprechenden Nachweisen, kann die Leistungsgewährung wegen Verletzung von Mitwirkungsobliegenheiten bis zum Nachholen der Mitwirkungshandlung versagt werden.
2. Hat ein Träger der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende einen Antrag auf Leistungsgewährung abgelehnt, ist dagegen eine Leistungsklage unzulässig. Vielmehr kommt gegen den Ablehnungsbescheid nur die Anfechtungsklage in Betracht.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Versagung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Der am 00.00.1966 geborene Kläger stand im Leistungsbezug bei der Beklagten. Seit dem 15.02.2010 ist er als Gebäudeenergieberater selbständig tätig. Zuletzt wurde dem Kläger für die Bewilligungszeiträume vom 01.09.2011 bis 29.02.2012 und 01.03.2012 bis 31.08.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gewährt. Die Leistungsbewilligung erfolgte jeweils vorläufig, da der Kläger Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erziele, die sich im Voraus nicht abschließend beziffern ließen. Für den Zeitraum März bis August 2012 erfolgte bereits mit Bescheid vom 18.04.2012 eine endgültige Bewilligung.
Im August 2012 stellte der Kläger einen Weiterbewilligungsantrag. Die Beklagte versagte die Weiterbewilligung ab dem 01.09.2012 wegen fehlender Mitwirkung (Bescheid vom 12.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2013). Die hiergegen erhobene Klage (S 8 AS 49/13) wurde mit Urteil vom 11.11.2015 abgewiesen. Dagegen legte der Kläger Berufung ein (L 7 AS 2255/15).
Ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 29.10.2012 blieb erfolglos (Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 27.11.2012 - S 10 AS 696/12 ER - und Beschluss des LSG NRW vom 28.02.2013 - L 2 AS 2430/12 B ER -).
Auf einen Weiterbewilligungsantrag vom 28.02.2013 hin, versagte die Beklagte die Weiterbewilligung von Leistungen (Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2013). Die hiergegen erhobene Klage (S 8 AS 584/13) wurde mit Urteil vom 23.03.2016 abgewiesen.
Am 01.07.2013 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Alg II. Er legte eine Einkommensprognose für die Zeit von Juli bis Dezember 2013 sowie Kontoauszüge vom 25.01.2013 bis 28.06.2013 vor.
Mit Schreiben vom 03.07.2013 forderte die Beklagte den Kläger auf, bis zum 17.07.2013 u.a. die Anlage EK sowie abschließende Gewinn- und Verlusterklärungen für die Zeiträume 01.09.2011 bis 28.02.2012, 01.03.2012 bis 31.08.2012 und 01.09.2012 bis 30.06.2013 incl. sämtlicher Belege vorzulegen. Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass erst nach Eingang der Unterlagen über den Antrag abschließend entschieden werden könne. Sollte der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommen, könne sein Antrag wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt werden.
Mit Schreiben vom 10.07.2013 reichte der Kläger die Anlage EK ein. Er erklärte, dass er Gewinn- und Verlustrechnungen für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis 30.06.2013 nicht vorlegen werde. In diesem Zeitraum habe er keine Leistungen erhalten. Die Überschrift der Anlage "Abschließende EKS" laute: Abschließende Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes. Da es einen Bewilligungszeitraum nicht gegeben habe, werde er dafür auch keine Nachweise seines Einkommens erbringen. Außerdem weise er vorsorglich darauf hin, dass es für die Leistungsgewährung unerheblich sei, ob seine Einkommensprognose nachvollziehbar oder plausibel sei. Hinsichtlich der Zeiträume von September 2011 bis August 2012 wies er darauf hin, dass die Aufklärung des Sachverhalts durch das Fehlen dieser Nachweise nicht erheblich erschwert werde, weil diese Zeiträume bereits Jahre zurücklägen.
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 22.07.2013 und 31.07.2013 nochmals auf die Mitwirkungspflichten und Folgen fehlender Mitwirkung hin.
Mit Schreiben vom 29.08.2013 hörte die Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten Versagung von Leistungen an. Für die Zeit vom 01.07.2012 bis 30.06.2013 seien noch die abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit incl. entsprech...