Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten. Ermittlung der Referenzmiete bei Fehlen eines schlüssigen Konzepts zur Bestimmung angemessener Unterkunftskosten

 

Orientierungssatz

1. Im Land Nordrhein-Westfalen ist im Rahmen der Grundsicherungsleistung für Arbeitsuchende bei einem Alleinstehenden eine Wohnfläche von bis zu 45 Quadratmetern angemessen.

2. Bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze für Unterkunftskosten im Rahmen der Grundsicherungsleistungen ist jedenfalls bei einer Großstadt (≫100.000 Einwohner) auf das gesamte Stadtgebiet als Vergleichsraum abzustellen, jedenfalls soweit die einzelnen Stadtteile durch einen öffentlichen Personennahverkehr ausreichend erschlossen sind.

3. Die Referenzmiete für die Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten kann anhand eines qualifizierten Mietspiegels bestimmt werden.

4. Einzelfall zur Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten (hier: abgelehnt).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.09.2013; Aktenzeichen B 4 AS 4/13 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu gewährenden Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II).

Der am 00.00.1950 geborene Kläger bezieht seit 2007 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Er bewohnt eine 3-Zimmer Wohnung in der K.straße 0 in M. mit einer Gesamtwohnfläche von 76,51 qm. Ausweislich des Mietvertrags betrug die Miete im Jahr 2007 insgesamt 530,42 Euro, davon entfielen 428,46 Euro auf die Grundmiete abzüglich eines Verzichts von 45,14 Euro, auf Betriebskosten 135,- Euro, auf Kabelanschluss 12,10 Euro. Hinzu kamen Kosten für Wasser in Höhe von 15,50 Euro sowie für Wärme und Warmwasser in Höhe von insgesamt 61,50 Euro, sodass insgesamt 607,42 Euro anfielen. Ursprünglich bewohnte der Kläger die Wohnung mit mehreren Personen. Als diese auszogen, übernahm der Beklagte zunächst die vollständigen Mietkosten des Klägers abzüglich eines 18 %igen Abschlags für die Warmwasseraufbereitungskosten.

Mit Schreiben vom 18.09.2007 teilte der Beklagte dem Kläger mit, unter Berücksichtigung des örtlichen Mietpreisniveaus sei eine Miete für eine Wohnung, die von einer Person genutzt werde, in der Regel angemessen, wenn die monatliche Kaltmiete plus Nebenkosten 428,85 Euro nicht überschreite. Die Kosten für seine Wohnung lägen hingegen bei 530,42 Euro und überstiegen den angemessenen Wert um 101,57 Euro, sodass sich der Kläger um eine Kostensenkung bemühen müsse. Falls er einen Wohnungswechsel beabsichtige, müsse er berücksichtigen, dass für eine neue Wohnung monatliche Mietkosten (Kaltmiete plus Nebenkosten) von höchstens 428,85 Euro anerkannt würden. Zudem dürften die Kosten pro qm einen bestimmten Grenzwert, der sich an der Wohnfläche orientiere, nicht überschreiten. Die Miete von derzeit monatlich 530,42 Euro würde in voller Höhe als Bedarf längstens bis zum 29.02.2008 berücksichtigt. Sofern er über den 29.02.2008 hinaus leistungsberechtigt sei, ohne die Mietkosten gesenkt zu haben, würden ab dem 01.03.2008 bei der Festsetzung der Leistungen nur noch die angemessenen Kosten anerkannt werden.

Ab dem 31.01.2008 erhöhte die Vermieterin des Klägers die Miete auf insgesamt 611,26 Euro, die sich wie folgt zusammensetzte: 432,28 Euro Grundmiete, 122,- Euro Betriebskosten, 12,10 Euro Kabel und 90,- Euro Abschlag für Heiz- und Warmwasserkosten.

Mit Bescheid vom 13.02.2008 bewilligte der Beklagte Leistungen für den Zeitraum vom 01.02.2008 bis 31.07.2008. Für die Zeit vom 01.02.2008 bis 29.02.2008 bewilligte er insgesamt Leistungen in Höhe von 1029,67 Euro, hiervon 347,- Euro Regelleistung und 571,67 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung, zuzüglich eines befristeten Zuschlags nach § 24 Abs. 2 SGB II in Höhe von 111,- Euro. Ab dem 01.03.2008 bis zum 31.07.2008 bewilligte der Beklagte 937,28 Euro, die sich aus 347,- Euro Regelleistung und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 479,28 Euro sowie des o.g. Zuschlags zusammensetzten. Hiergegen erhob der Kläger fristgerecht Widerspruch, dem der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2008 insoweit stattgab, als dass für den Zeitraum vom 01.02.2008 bis zum 29.02.2008 die Mieterhöhung Berücksichtigung fand und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 600,17 Euro bezahlt wurde. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Am 24.06.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, um Wohnungen habe er sich immer bemüht, er habe nur keine passende Wohnung gefunden. So sei er bei den Wohnungsbaugesellschaften XXX als wohnungssuchend gemeldet, auch bei der S-KG. Zudem habe er eine Wohnungsanzeige beim S. an die Pinnwand geheftet. Wenn er sich auf Zeitungsinserate gemeldet habe, seien die Wohnungen immer bereits vergeben gewesen. Ferner sei ihm ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten. Er sei schwerbehindert und könne einen Umzug alleine nicht bewerkst...

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