Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilung. Honorarkürzung aufgrund der Verletzung der Fortbildungspflicht nach § 95d Abs 3 S 3 SGB 5. Auszahlung des Einbehalts an die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Bei der Honorarkürzung aufgrund der Verletzung der Fortbildungspflicht nach § 95d Abs 3 S 3 SGB 5 handelt es sich um eine sachlich-rechnerische Berichtigung aufgrund einer Qualitätssicherungsmaßnahme (vgl SG Marburg vom 23.3.2011 - S 12 KA 695/10; SG Stuttgart vom 14.6.2012 - S 5 KA 1846/11). Die Kassenärztliche Vereinigung ist daher verpflichtet, die Honorarkürzung an die Krankenkasse auszukehren.
2. Az beim LSG Essen: L 11 KA 21/15.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 103.809,82 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, mit einem Betrag in Höhe von 103.809,82 Euro gegen den Anspruch der Klägerin auf Zahlung der zweiten Honorarabschlagszahlung für das IV. Quartal 2012 aufzurechnen.
Die Klägerin kürzte wegen Nichterfüllung der Fortbildungsverpflichtung gemäß § 95 d Abs. 3 Satz 3 SGB V für den Zeitraum vom Quartal III/2009 bis zum Quartal IV/2011 vertragszahnärztliches Honorar in einer Gesamthöhe von 439.153,57 Euro. Auf die Beklagte entfiel dabei ein Betrag in Höhe von 103.809,82 Euro.
Mit Schreiben vom 22.12.2011 machte die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in Westfalen-Lippe einen Anspruch auf Auszahlung der Honorarkürzungen dem Grunde nach geltend. Mit Schreiben vom 06.03.2012 lehnte die Klägerin eine Auszahlung dieser Honorareinbehalte ab. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 10.12.2012 in Höhe von 730.000 Euro die Aufrechnung gegen den Anspruch der Klägerin auf Zahlung der zweiten Honorarabschlagzahlung für das Quartal IV/2012. Nachdem die Klägerin den auf die Beklagte entfallenden Teil der Honorarkürzung mitgeteilt hatte, reduzierte die Beklagte den Aufrechnungsbetrag auf 103.809,82 Euro.
Die Klägerin hat am 17.10.2013 Klage erhoben. Zur Begründung ihrer Klage macht sie geltend, die Beklagte sei zu einer Aufrechnung nicht berechtigt. Aus dem Wortlaut des § 95 d Abs. 3 Satz 3 SGB V werde ersichtlich, dass bei der Honorarkürzung gegenüber den Vertragszahnärzten nicht die Gesamtvergütung thematisiert werde. Es werde vielmehr ausdrücklich geregelt, dass das Honorar, das aus der Vergütung vertragszahnärztlicher Tätigkeit resultiere, zu kürzen sei. Nach dem Wortlaut der Vorschrift handele es sich um eine Reduzierung ihrer Zahlungen an die betreffenden Vertragszahnärzte. Es handele sich bei der Honorarkürzung weder um die Kürzung einer Einzelleistung, die falsch abgerechnet worden sei, noch um eine Honorarkürzung für eine mangelhafte bzw. fehlerhafte zahnärztliche Versorgung. Bei der Prüfung des Nachweises der Pflichtfortbildung handele es sich gerade nicht um eine Prüfung auf sachliche Richtigkeit.
Anders als § 85 Abs. 4b und e SGB V, der ausdrücklich eine Weitergabe der aufgrund der Regelungen über die Degression erfolgten Honorarkürzungen an die Krankenkassen vorsehe, enthalte § 95 d SGB V keine Regelungen über die Weitergabe der Honorarkürzungen. Hieraus werde der Wille des Gesetzgebers deutlich, dass bei den auf § 95 d Abs. 3 Satz 3 SGB V gestützten Honorarkürzungen eine Weitergabe dieser Honorarkürzungen an die Krankenkassen nicht erfolgen solle.
In der maßgeblichen Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1525 S. 110) werde festgestellt, dass die pauschalen Honorarkürzungen zum einen ein Abschlag für die schlechtere Qualität der (zahn)ärztlichen Leistungen seien. Andererseits hätten die Honorarkürzungen eine ähnliche Funktion wie ein Disziplinarverfahren und dienten dazu, den Vertrags(zahn)arzt nachdrücklich zur Einhaltung seiner Fortbildungsverpflichtung anzuhalten.
Nach § 95 d Abs. 6 Satz 2 SGB V sei es Aufgabe der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, das Verfahren des Fortbildungsnachweises und der Honorarkürzung zu regeln. Diese gesetzliche Aufgabenzuweisung spreche dafür, dass § 95 d SGB V interne Regelungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen beinhalte.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 103.809,82 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags macht sie geltend, die von der Klägerin erwirkten Honorarkürzungen seien an die Krankenkassen auszukehren. Aus diesem Grunde sei sie zur Aufrechnung berechtigt. Der Gesetzgeber habe durch das GKV- Modernisierungsgesetz Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Patientenversorgung festgelegt. Neben § 95 d Abs. 3 Satz 3 SGB regelten für den Bereich der Heilmittel § 125 Abs. 2 SGB V und für den Bereich der häuslichen Krankenpflege § 132 a Abs. 2 SGB V die Möglichkeit von Vergütungsabschlägen im Falle nicht nachgewiesener Fortbildung. Die in § 95 d Abs. 3 Satz 3 SGB V geregelte Kürzung beziehe sich nur auf das Honorar; ande...