Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung. Anspruch auf Kostenübernahme für eine bariatrische Operation. Adipositaschirurgie. Eintritt der Genehmigungsfiktion durch Fristablauf
Orientierungssatz
1. Die Frist des § 13 Abs. 3a S. 3 SGB V verlängert sich nicht durch die Anforderung von Unterlagen. Eine Regelung, die § 32 Abs. 1a S. 4 SGB V entspricht, hat der Gesetzgeber in § 13 Abs. 3a SGB V nicht aufgenommen.
2. Durch den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V wird der Genehmigungsbescheid der Behörde ersetzt. Von dem Gesetz wird unterstellt, es wäre von der Behörde ein bestimmter Verwaltungsakt erlassen worden ("fiktiver Verwaltungsakt"). Aufgrund dessen kann der Versicherte entweder von der Krankenkasse die Leistung verlangen oder sich gemäß § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V die Leistung selbst zu beschaffen.
Nachgehend
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten vom 19.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.05.2015 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine bariatrische Operation als Sachleistung zu gewähren.
II. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für eine adipositaschirurgische Maßnahme.
Die 1978 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Mit Schreiben vom 08.12.2014, bei der Beklagten eingegangen am 17.12.2014, wandte sie sich an die Beklagte.
Sie machte geltend, dass sie seit ihrer Kindheit unter Übergewicht leide. Sie habe schon die verschiedensten Diäten ausprobiert, sei es Metabolic, Weightwatchers, Doc Weight usw.. Auch mehrere Kuraufenthalte hätten nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Trotz regelmäßigem Sport (Schwimmen, Tanzen, Nordic Walking, lange Spaziergänge, Aqua-Fitness und Zumba) habe sie nicht ihre Ziele erreicht. Auch die körperlich schwere Arbeit, die sie ausgeübt habe, habe keinen Erfolg gebracht.
Inzwischen habe sie starke körperliche Beschwerden. Ihre Wirbelsäule “bringe sie um„, ihre Knöchel würden morgens so schwer schmerzen, dass sie am liebsten nicht aufstehen möchte. Ihre Knie machten sich bemerkbar und ihre Hüfte melde sich immer öfter.
Auch ihr Fettstoffwechsel sei ein Desaster. Ihre Belastungsgrenze sei ziemlich weit nach unten gesunken. Auch die tiefe Beinvenenthrombose 2013, die eine Lungenembolie beidseits mit Pneumonie und Lungeninfarkt mit sich gebracht habe, sei noch erwähnt.
Bei 1,63m und einem Gewicht von 113kg habe sie einen BMI von 42,5, was als morbiditäre und krankhafte Adipositas bezeichnet werde.
Sie habe sich bereits im Adipositas Zentrum in München B. bei Dr. S. vorgestellt. Dort würde sie sich auch gerne behandeln lassen.
Beigefügt war ein ärztliches Attest der Praxis M. vom 11.12.2014, eine Stellungnahme der Psychotherapeutischen Praxis Dr. D., sowie ein Schreiben des Adipositaszentrums München-B., in welchem die Indikation für eine gewichtsreduzierende Operation (Magenballon, ev. Schlauchmagenresektion) gestellt wird.
Weiterhin waren Bescheinigungen über durchgeführte Diätversuche beigefügt.
In der Folge wurde noch ein Ernährungstagebuch sowie eine Befund hinsichtlich der Nebenniere und Schilddrüse übersandt.
Am 16.01.2015 beteiligte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK).
Dieser teilte mit Gutachten vom 13.02.2015 mit, dass die Kostenübernahme für die Schlauchmagen-OP nicht befürwortet werde. Ein Bericht über ernährungstherapeutische Maßnahmen liege nicht vor. Im Ernährungsprotokoll sei die Aufnahme kaloriendichter und fettreicher Nahrungsmittel dokumentiert. Auffällig sei, dass die Klägerin große Mengen kalorienreicher Getränke zu sich nehme. Hier bestünden zahlreiche Möglichkeiten, das Essverhalten zu optimieren. Bewegungstherapeutische Maßnahmen würden sich anhand der Unterlagen nicht über einen längeren Zeitraum nachvollziehen lassen.
Die Adipositas Grund III liege bei der Klägerin erst seit 1-2 Jahren vor und sei sekundär durch ein Medikament mitverursacht worden. Anhand der vorliegenden Unterlagen lasse sich auch keine ausreichende konservative Therapie innerhalb der letzten 2 Jahre ableiten.
Es lägen bei der Patientin Hinweise auf Kontraindikationen vor: Instabile psychopathologische Zustände, insbesondere mit rasch wechselnden Ideen, Impulsen und Stimmungen würden eine Kontraindikation gegen eine bariatrische OP darstellen. Bei der Versicherten sei diesbezüglich eine Borderline-Persönlichkeitsstörung bekannt. Derzeit sei sie aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung krankgeschrieben.
Mit Bescheid vom 19.02.2015 lehnte die Beklagte daraufhin die Kostenübernahme für die beantragte Maßnahme ab.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 11.03.2015 Widerspruch.
In der Folge wurden noch weiter medizinische Unterlagen vorgelegt. Die Beklagte beteiligte noch einmal den MDK (Gutachten vom 07.07.2015).
Mit Bescheid vom 16.09.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin - gestützt au...