Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitigkeiten nach dem SGB XII (Sozialhilfe)
Tenor
I. Der Beklagte hat der Klägerin 8.511,33 Euro zu erstatten.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist ein Erstattungsanspruch für die von der Klägerin erbrachten Leistungen für technische Arbeitshilfen in Höhe von 8.511,33 €.
Mit Schreiben vom 27.07.2012, eingegangen bei der Klägerin am 01.08.2012, übersandte die Deutsche Rentenversicherung Bund den Antrag der Frau C. (16.11.1990), die an einer spastischen Tetraparese, Sehschwäche mit Nystagmus und Außenschielen leidet, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für Hilfsmittel in Form eines Vorlesegeräts. Im Rahmen eines ersten Beratungsgesprächs am 14.08.2012 wurde vereinbart, die Finanzierung technischer Hilfen für das Studium der Psychologie an der Universität R. zu prüfen und hierfür ein ärztliches Gutachten nach Aktenlage einzuholen sowie einen technischen Berater einzuschalten.
Am 29.08.2012 nahm die Klägerin telefonischen Kontakt mit dem Integrationsamt B-Stadt sowie dem Beklagten auf. Der Beklagte erklärte telefonisch seine grundsätzliche Zuständigkeit für die endgültige Leistungserbringung. Die Klägerin solle formell einen Erstattungsanspruch geltend machen; dies erfolgte mit Schreiben der Klägerin vom 29.08.2012 (Blatt 93 der Beklagtenakten), in dem voraussichtlich anfallende Kosten in Höhe von ca. 11.000,- € dargelegt und der Erstattungsanspruch dem Grunde nach geltend gemacht wurde. Frau C. wandte sich mit E-Mail vom 03.10.2012 an die Klägerin und bat um schnelle Entscheidung wegen des Studienbeginns in der folgenden Woche. Mit E-Mail vom 03.10.2012 leitete der technische Berater seine fachtechnische Stellungnahme an die Reha-Abteilung der Klägerin, in der die Beschaffung technischer Arbeitshilfen zu einem Betrag von 8.511,33 € als notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich vertretbar beurteilt wurde.
Mit Schreiben vom 09.10.2012, das bei der Klägerin am 11.10.2012 einging, erklärte sich der Beklagte in Sachen "grundsätzlicher Erstattungsanspruch nach § 14 SGB IX (Neuntes Buch Sozialgesetzbuch)" als überörtlicher Sozialhilfeträger gemäß dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und der Eingliederungshilfeverordnung grundsätzlich für die Gewährung von Hochschulhilfen für zuständig. Es sei allerdings nach rechtlichen Vorschriften Vermögen zu beachten. Der Beklagte habe Kenntnis darüber, dass im Fall von Frau C. Vermögen vorhanden sei (Blatt 145 der Beklagtenakten). Aus diesem Grund sei eine endgültige Erstattungszusage für die Bereitstellung von Hochschulhilfen gegenüber der Klägerin nicht möglich.
Nachdem das von der Klägerin beauftragte sozialmedizinische Gutachten vom 10.10.2012 die von Frau C. verlangten technischen Arbeitsmittel als zweckmäßig und erforderlich erachtete, bewilligte die Klägerin mit Bescheid vom 12.10.2012 Frau C. einen Zuschuss zu technischen Arbeitshilfen in Höhe von 8.511,33 €. In einem Vermerk der Klägerin vom 17.10.2012 hielt die Klägerin fest, dass sie als zweitangegangener Träger zur Leistungserbringung nach ihren Vorschriften verpflichtet sei und der Beklagte kein Mitspracherecht über die Höhe der Leistung habe. Mit Schreiben vom 07.11.2012 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass nach dem Recht der Klägerin eine Eigenbeteiligung nicht vorgesehen sei. Daher verbleibe es bei dem Erstattungsanspruch dem Grunde und auch der voraussichtlichen Höhe nach. Mit Schreiben vom 14.11.2012 lehnte der Beklagte den Erstattungsanspruch ab. Mit Schreiben vom 31.07.2015 machte die Klägerin den Erstattungsanspruch abermals geltend.
Mit Schreiben vom 01.02.2016, das am 02.02.2016 beim Sozialgericht N. eingegangen ist, hat die Klägerin Klage erhoben. Auf die Klagebegründung wird Bezug genommen. Der Beklagte hat unter dem 03.03.2016 Stellung genommen. Dem Sachvortrag der Klägerin werde vollinhaltlich zugestimmt. Die Auffassung der Klägerin, dass die Klägerin für die beantragte Leistung kein Rehabilitationsträger im Sinne des § 6 Abs. 1 SGB IX sein könne, der grundsätzlich in jedem Fall zur Leistung verpflichtet sei, und dass die Klägerin als zweitangegangener Rehabilitationsträger die Leistungserbringung ausschließlich nach den eigenen Rechtsvorschriften beurteile, werde nicht geteilt. Gemäß § 33 Abs. 8 SGB IX zählten Hilfsmittel grundsätzlich zum Leistungsspektrum im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsleben. Die Klägerin könne somit Rehabilitationsträger für die beantragte technische Ausstattung sein (§ 5 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX). § 14 Abs. 2 Satz 3 SGB IX verpflichte den zweitangegangenen Rehabilitationsträger in entsprechender Anwendung der Sätze 1 und 2, innerhalb bestimmter Fristen den Rehabilitationsbedarf festzustellen. Nach Überzeugung des Beklagten beinhalte diese Verpflichtung nicht zwingend, dass die Bedarfsprüfung in eine faktische Leistungserbringung münde. Denn zum einen müsse die Möglichkeit bestehen, dass der angemeldete Bedarf gar nicht oder nicht in diesem Umfang bestehe, zum anderen sei denkbar, das...