Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Anrechnung von Nebeneinkommen. geringfügige Beschäftigung. selbständige Nebentätigkeit bereits vor Arbeitslosengeldanspruch. Anspruch auf zwei Freibeträge

 

Orientierungssatz

Ein Arbeitsloser, der bereits länger eine selbständige Nebentätigkeit ausübt und nach Entstehung des Arbeitslosengeldanspruches zusätzlich eine geringfügige Beschäftigung aufnimmt, hat einen Anspruch auf zwei Freibeträge für die Anrechnung von Nebeneinkommen nach § 141 SGB 3.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.09.2006; Aktenzeichen B 7a AL 88/05 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld teilweise aufgehoben und einen Erstattungsanspruch wegen der Anrechnung von Nebeneinkommen geltend gemacht hat.

Die ... Klägerin meldete sich bei der Beklagten ... arbeitslos und beantragte die Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Sie führte an, seit 1998 eine selbständige Tätigkeit unter 15 Stunden wöchentlich in der Hausverwaltung bei einer Eigentümergemeinschaft auszuüben. Das wöchentliche Entgelt gab sie mit EUR 154,00 an. Sie war in der Zeit vom 01.01.1978 bis zum 31.08.2003 abhängig als Rechtsanwaltsgehilfin beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis wurde am 28.01.2003 - unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende - zum 31.08.2003 durch die Arbeitgeber beendet. Die Klägerin gab eine Erklärung zur Inanspruchnahme von Leistungen unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III ab. Sie bezieht seit dem 01.11.2004 eine Altersrente ohne Rentenminderung.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin neu ab dem 01.09.2003 ungekürzt Arbeitslosengeld. Sie erfuhr durch eine Überschneidungsmitteilung vom 25.11.2003, daß die Klägerin eine geringfügige Beschäftigung bei ihren bisherigen Arbeitgebern ab dem 01.09.2003 ausübte. Die fortgesetzte Tätigkeit als selbständige Hausmeisterin sowie die ab dem 01.09.2003 auf Geringfügigkeitsbasis verrichtete Nebentätigkeit überschritten zusammen die 15-Stunden-Grenze nicht. Bei den EUR 154,15 Verwaltergebühr aus der Hausmeistertätigkeit handelte es sich nach Angaben der Klägerin um einen Bruttobetrag, von dem sämtliche Fahrtkosten und Auslagen in Abzug zu bringen und noch voll von ihr zu versteuern seien.

Ausweislich der Bescheinigung über das gleichbleibend erzielte Nebeneinkommen aus abhängiger Beschäftigung betrug dies monatlich brutto für netto EUR 165,00. Die Arbeitgeber bestätigten der Klägerin unter dem 20.01.2004, sie arbeite wöchentlich vier Stunden im Büro der Kanzlei. Für die Hausmeistertätigkeit wende sie durchschnittlich ca. 1,5 Stunden pro Woche auf und erhalte hierfür ein Entgelt von 1/12 x EUR 1.480,00. Das Entgelt sei ausschließlich als Jahresüberschuß erfaßbar. Insgesamt errechnete die Beklagte monatliche Einkünfte in Höhe von EUR 288,33. Sie ermittelte bei einem Mindestfreibetrag von EUR 165,00 einen monatlichen Anrechnungsbetrag von EUR 123,33, wöchentlich EUR 28,46.

Mit Bescheid vom 23.02.2004 verfügte die Beklagte, daß im Hinblick auf monatlich anrechenbares Nebeneinkommen in Höhe von EUR 123,33 ab dem 01.02.2004 laufend dieser Betrag zu berücksichtigen sei. Aufgrund ihrer Durchführungsanweisungen zu § 141 SGB III könne neben einem Freibetrag nach Abs. 2 bzw. 3 dieser Bestimmung kein zusätzlicher Freibetrag nach Abs. 1 eingeräumt werden.

Zugleich hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 23.02.2004 zur Überzahlung für die Vergangenheit an.

Zur Begründung ihres gegen den Bescheid vom 23.02.2004 erhobenen Widerspruchs führte die Klägerin aus, die Anrechnung von Nebeneinkommen habe zu unterbleiben. Nach § 141 Abs. 1 SGB III sei ihr der dortige Mindestfreibetrag von EUR 165,00 zu belassen. Nach Abs. 3 sei zusätzlich anrechnungsfrei das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von weniger als 18 Stunden wöchentlich, das die Klägerin in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs erzielt habe, da dieses niedriger als der Mindestfreibetrag ausgefallen sei. Soweit die Dienstanweisungen etwas anderes als der klare und eindeutige Wortlaut des Gesetzes vorsähen, der zwei Freibeträge nebeneinander zulasse, sei dies unbeachtlich.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.04.2004 hob die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.09.2003 bis zum 31.01.2004 teilweise auf. Zu Unrecht gewährte Leistungen wurden in Höhe von EUR 616,65 zurückgefordert. Dieser Bescheid sollte Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens gemäß § 86 SGG werden.

Auch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erhob die Klägerin am 13.05.2004 Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2004 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.02.2004 als unbegründet zurück. Der Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.04.2004 wurde, da dieser automatisch Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens geworden sei, als unzulässig verworfen. Die Beklagte verblieb b...

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