Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Einkommenseinsatz. Eigenheimzulage. zweckbestimmte Leistung
Orientierungssatz
Die Eigenheimzulage stellt eine zweckbestimmte Leistung iS des § 83 Abs 1 SGB 12 dar und ist daher bei der Berechnung von Leistungen nach dem SGB 12 nicht als Einkommen anzusehen.
Gründe
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Antragsteller ab dem 1. September 2005 ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII zusteht, die der Antragsgegner nur deswegen versagt hat, weil nach seiner Ansicht die Ende März/Anfang April 2005 ausgezahlte Eigenheimzulage verteilt auf 12 Monate dem Einkommen des Antragstellers zuzurechnen sei, so dass sein Bedarf ausreichend gedeckt sei. Dabei werden der Ehefrau des Antragstellers und den 4 gemeinsamen Kindern (geboren zwischen November 1989 und Februar 1995) Leistungen nach dem SGB II von der Agentur für Arbeit Brake/Nordenham und dem Antragsgegner (bei dem entgegen den Vorgaben des Gesetzes keine Arbeitsgemeinschaft gegründet wurde) gewährt.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist aber die Eigenheimzulage als zweckbestimmte Leistung im Sinne von § 83 Abs. 1 SGB XII anzusehen, was zur Folge hat, dass sie grundsätzlich ein privilegiertes Einkommen darstellt, was bei der Berechnung der Grundsicherung dazu führt, dass sie nicht als Einkommen anzusehen ist. Zwar trifft es zu, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 28. Mai 2003 (- 5 C 41/02 - DVBl. 2004, 54 = NVwZ - RR 2004, 112) zu einem ähnlichen Fall im früheren Sozialhilferecht nach § 77 Abs. 1 BSHG ausgeführt hat, dass die Eigenheimzulage keine zweckbestimmte Leistung sei. Dem hat sich auch ein Teil der Literatur angeschlossen (Wahrendorf in: Grube/Warendorf, SGB XII München 2005, § 83 SGB XII Rdn. 9; Brühl in: LPK - SGB XII Baden-Baden 2005, § 83 Rdn. 28). Indessen haben nunmehr das LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 25. April 2005 - L 8 AS 39/05 ER), das LSG Schleswig-Holstein (Beschluss vom 8. Juni 2005 - L 10 B 99/05 AS ER), das LSG Hamburg (Beschluss vom 7. Juli 2005 - L 5 B 116/05 ER AS) und das LSG Baden-Würtemberg (Beschluss vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER - B) entschieden, dass die Eigenheimzulage eine zweckbestimmte Leistung im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II darstellt. Da aber diese Regelung im Wesentlichen wort- und zweckgleich mit § 83 Abs. 1 SGB XII ist (vgl. Warendorf, aaO, § 83 SGB XII Rdn. 1; Brühl, aaO, § 83 Rdn. 2) schließt sich der erkennende Richter jedenfalls für das Eilverfahren der Ansicht der vorgenannten obergerichtlichen Rechtsprechung an und geht auch für den Bereich des SGB XII davon aus, dass die Eigenheimzulage als eine zweckbestimmte Leistung anzusehen ist. Eine andere Betrachtung dieses Problemkreises im Sozialhilferecht als dem im Recht für die Arbeitssuchenden wäre auch sachlich nicht gerechtfertigt und würde in der Behandlung des Einkommens zu Unterschiedlichkeiten führen, die bereitende Bevölkerungsschichten nicht zu vermitteln wäre. Zutreffend weist auch der Antragsteller darauf hin, dass er ohne die Eigenheimzulage das vorher nur mit 62 qm Wohnfläche ausgestattete Haus nicht hätte um etwa die doppelte Wohnfläche durch einen Dachausbau erweitern können, wenn mit der Eigenheimzulage nicht die Finanzierung dieses Vorhabens mit sichergestellt worden wäre. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung es nicht bei der Eigenheimzulage erheblich ist, ob eine Abtretung des Auszahlungsanspruchs durch den Antragsteller wirksam nach der Abgabeanordnung gegenüber dem Finanzamt angezeigt wurde oder ob sie zunächst zu Händen des Antragstellers ausgezahlt und anschließend - sei es im Wege der Abbuchung oder sei es durch Überweisung - etwa der Landestreuhandstelle für das Wohnungswesen oder der die Kredite finanzierenden Bank zugewandt wurde. Mithin hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft dargetan.
Im Hinblick auf die existenzsichernde Bedeutung der Leistungen der Grundsicherung hat der Antragsteller gleichfalls einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Es entspricht der Billigkeit nach § 193 SGG, dass der Antragsgegner dem obsiegenden Antragsteller seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat. Das Verfahren ist für den Antragsteller gem. § 183 Satz 1 SGG gerichtskostenfrei.
Fundstellen