Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitlosengeld II. Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2. Vorzug eines aktuellen Mietspiegels vor der Wohngeldtabelle zu § 8 WoGG 2
Leitsatz (amtlich)
Sofern ein jährlich aktualisierter und auf einer ausreichenden Datenbank beruhender (einfacher) Mietspiegel iS des § 558c BGB vorliegt, ist dieser der Anwendung der Tabelle zu § 8 WoGG 2 zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB 2 weiterhin vorzuziehen (vgl SG Osnabrück vom 4.5.2006 - S 22 AS 295/05 - und vom 15.2.2006 - S 22 AS 363/05; entgegen LSG Celle-Bremen vom 24.8.2006 - L 8 AS 133/06, zurzeit in Revision - B 7b AS 44/06 R).
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2005 wird unter Maßgabe der Ziffer 2 abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 44,- € zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte trägt 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
5. Die Berufung wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, in welcher Höhe die Klägerin Anspruch auf Leistungen für Unterkunft für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 nach § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) hat.
Die Klägerin bewohnt eine seit dem Jahr 2000 bezugsfertige Wohnung mit einer Gesamtwohnfläche von 50 m². Die Kaltmiete beträgt monatlich 370,69, die Nebenkosten belaufen sich auf monatlich 85,- €. Im Rahmen der Heizkosten erfolgt eine monatliche Abschlagzahlung an die Stadtwerke H. AG in Höhe von 45,- € für Gas.
Mit Bescheid der Agentur für Arbeit H. als Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 10. November 2004 wurden der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 bewilligt. Dabei wies die Agentur für Arbeit H. die Klägerin darauf hin, dass die bei der Bedarfsberechnung berücksichtigte Miete nicht angemessen sei und daher lediglich bis zum 30. Juni 2005 anerkannt werde.
Mit weiterem Bescheid vom 15. Juni 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 in Höhe von 683,50 € monatlich (= 345,- € Regelleistung zuzüglich 300,- € Leistungen für Unterkunft und 38,50 € Leistungen für Heizung). Dabei legte die Beklagte zur Bestimmung der angemessen Kosten den Wert der rechten Spalte aus der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) an und berücksichtigte den tatsächlichen Heizkostenabschlag abzüglich 6,50 € Warmwasseranteil. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2005 zurückgewiesen. Zur Bestimmung der angemessenen Kosten für Unterkunft sei auf die bisher durch die Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe für die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen zurückzugreifen. Auf den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 22. November 1988 - 4 OVG B 383/88 - wurde verwiesen. Danach sei die rechte Spalte der Tabelle zu § 8 WoGG maßgeblich und mit 300,- € zutreffend berücksichtigt worden. Die Klägerin lebe in einer Situation, die als Regelsituation zu bezeichnen sei. Ausnahmetatbestände, die gegebenenfalls eine weitere Anerkennung der unangemessenen Unterkunftskosten rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich und von der Klägerin nicht vorgetragen worden.
Die Klägerin hat am 5. Januar 2006 Klage erhoben und begehrt die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für ihre Wohnung. Sie trägt vor, dass der Tabellenwert zu § 8 WoGG zur Bestimmung der angemessenen Kosten für Unterkunft nicht geeignet sei. Die zu § 8 WoGG eingeführte Tabelle sei noch von der Maßgabe ausgegangen, dass neben der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Sozialhilfe auch noch Wohngeld beantragt werden konnte. Insofern erschien es durchaus gerechtfertigt, die berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft bis zum 31. Dezember 2004 niedriger anzusetzen. Dieses könne jedoch mit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum 1. Januar 2005 nicht mehr gelten. Darüber hinaus seien die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft anhand der Wohnfläche, dem Wohnstandard und dem regionalen Mietzinsniveau zu bestimmen. Die Wohnung habe eine Größe von 50 m² und sei damit in diesem Punkt angemessen. Was die Berücksichtigung des regionalen Mietniveaus beträfe, sei auf den Mietspiegel der Stadt H. zurückzugreifen. Danach wäre ein Quadratmeterpreis von 7,20 € Kaltmiete in Ansatz zu bringen. Des Weiteren habe sie sich ständig ohne Erfolg bemüht, kostengünstigere Wohnungen anzumieten. Ausreichender Wohnraum bis 50 m² sei nicht vorhanden, weil es immer mehr Single-Haushalte gäbe.
Die Klägerin beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2005 unter Maßgabe der Ziffer 2 abzuänder...