Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Folgenabwägung. Berufsausbildungsbeihilfe für einen aus Kamerun stammenden Ausländer. Sonderregelung für die Ausbildungsförderung für Ausländer. Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts -Festlegung durch das BAMF. ungeklärte Rechtsfrage

 

Orientierungssatz

1. Im Hinblick auf die fachgerichtlich nicht abschließend geklärten Rechtslage zu § 132 SGB 3 in der seit 6.8.2016 geltenden Fassung ist bei der Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes über den Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe eines Ausländers eine verfassungsrechtlich gebotene Folgenabwägung vorzunehmen.

2. Aus der Festlegung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, dass der aus Kamerun stammende Auszubildende keine gute Bleibeperspektive habe, kann nicht geschlossen werden, dass für den Auszubildenden kein mit erforderlicher Sicherheit rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt iS von § 132 Abs 1 S 1 SGB 3 zu erwarten ist. Es ist bedenklich, dass allein eine halbjährige Festlegung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge dafür herangezogen wird, welche Menschen aus welchen Herkunftsländern eine gute Bleibeperspektive haben, ohne dass eine individuelle Entscheidung über den Asylantrag getroffen wurde, noch sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung der in § 132 Abs 1 SGB 3 normierten Vermutungsregelung - ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist - vorliegt (Anschluss an LSG Berlin-Potsdam vom 16.11.2017 - L 18 AL 182/17 B ER ZVW = Asylmagazin 2018, 103).

 

Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit ab 22.11.2017 bis zur Entscheidung in der Hauptsache zum Aktenzeichen S 6 AL 50/17 vorläufig Berufsausbildungsbeihilfe für die Ausbildung “Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik„ bei der Firma H GmbH B unter Anrechnung der gewährten Ausbildungsvergütung zu gewähren.

2. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von R A L ab dem 22.11.2017 gewährt.

3. Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für seine Ausbildung zum “Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik„ bei der H GmbH B.

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger Kameruns und im Besitz einer Aufenthaltsgestattung mit Gültigkeit bis zum 29.02.2020. Unter dem 17.02.2015 hatte dieser einen Asylantrag gestellt, der bisher nicht abschließend beschieden wurde.

Ausweislich des Ausbildungsvertrages vom 28.07.2016 absolviert der Antragsteller seit dem 01.09.2016 eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik bei der H GmbH B und erhält dafür eine monatliche Ausbildungsvergütung von 550 Euro (vgl. Blatt 29 Gerichtsakte S 6 AL 13/17 ER). Unter dem 14.11.2016 hatte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe beantragt, nachdem die Stadt B mit Bescheid vom 30.11.2016 die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit Wirkung vom 01.12.2016 aufgehoben hatte (vgl. Blatt 30 Gerichtsakte S 6 AL 13/17 ER).

Mit Bescheid vom 21.12.2016 hatte die Antragsgegnerin die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe abgelehnt. Den dagegen unter dem 13.01.2017 erhobenen Widerspruch hatte die Widerspruchsstelle der Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2017 zurückgewiesen.

Unter dem 20.01.2017 hatte der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe begehrt. Mit Beschluss vom 29.03.2017 hatte die erkennende Kammer dem Begehren unter Anrechnung der gewährten Ausbildungsvergütung von monatlich 500 Euro stattgegeben. Auf die dagegen durch die Antragsgegnerin erhobene Beschwerde hatte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zum Aktenzeichen L 14 AL 52/17 B ER den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 29.03.2017 aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

In einem Parallelverfahren hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zum Aktenzeichen L 18 AL 182/17 B ER ZVW dem Begehren des dortigen Antragstellers in dem im dortigen Tenor benannten Umfang entsprochen. Bezüglich dieses Beschlusses wird auf Blatt 24 bis 25 der Gerichtsakte verwiesen.

Unter dem 22.11.2017 hat der Antragsteller erneut im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für die Ausbildung “Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik„ bei der H GmbH B unter Anrechnung der gewährten Ausbildungsvergütung von 550 Euro begehrt. Dieser hat zur Begründung seine Bevollmächtigte unter anderem ausführen lassen:

“… Der vorliegende erneute Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gründet sich auf eine geänderte Rechtslage seit dem Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 3.5.2017 - L 14 AL 52/17 B ER -,...

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