Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Aufforderung zur Stellung eines Antrags auf vorzeitige Altersrente
Orientierungssatz
1. Bei der Entscheidung des Grundsicherungsträgers über die Aufforderung eines Empfängers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, einen Antrag auf vorzeitige Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres zu stellen, hat der Grundsicherungsträger in die dazu erforderliche Ermessensentscheidung nicht nur die Fallgruppen einzubeziehen, die sich aus der Unbilligkeitsverordnung ergeben, sondern auch weitere relevante Aspekte einzubeziehen, die im Einzelfall gegen eine vorzeitige Verrentung sprechen könnten.
2. Eine Aufforderung zur Inanspruchnahme von Altersrente durch einen Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ist auch dann zulässig, wenn der Rentenbezug lediglich zu einer Verringerung der Hilfsbedürftigkeit und nicht zu deren vollständigen Ausschluss führt.
3. Einzelfall zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung eines Grundsicherungsträgers im Rahmen der Aufforderung zur vorzeitigen Antragstellung auf Gewährung von Altersrente an einen Grundsicherungsempfänger (hier: fehlerfreie Ermessensentscheidung bejaht).
Tenor
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 17.7.2014 gegen den Bescheid vom 7.7.2014 wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin sucht im Eilverfahren um Rechtsschutz nach gegen die Aufforderung des Antragsgegners vom 7.7.2014, umgehend bei der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg eine Altersrente zu beantragen.
Die am … Juni 1951 geborene Antragstellerin bezieht seit 2005 fast durchgängig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende - Arbeitslosengeld II - nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Sie erzielte überwiegend Einkommen nur aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, von September 2011 bis Februar 2012 jedoch auch aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Umfang von - vertraglich vereinbart - 20 Wochenstunden. Seit dem 01.03.2012 erzielte sie wiederum aus einer geringfügigen Beschäftigung bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 20 Stunden Einkommen i. H. v. 400,00 Euro monatlich. Dieses Arbeitsverhältnis wurde arbeitgeberseitig betriebsbedingt zum 30.6.2014 gekündigt (vgl. Blatt 588 der Verwaltungsakte) und beendet. Im Juli 2014 absolvierte die Antragstellerin eine Maßnahme nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III bei der Wäscherei … mit dem Ziel, im Anschluss ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen. Dazu kam es jedoch nicht.
Der Antragsgegner gewährt der Antragstellerin derzeit unter Anrechnung von Einkommen i. H. v. 240,00 Euro Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i. H. v. 601,90 Euro (Bescheid vom 04.03.2014 in Gestalt des Bescheides vom 2.7.2014: Regelbedarf 151,00 Euro; Bedarfe für Unterkunft und Heizung 450,90 Euro).
Am 03.06.2013 und 01.07.2013 gingen auf Aufforderung des Antragsgegners bei ihm Rentenauskünfte der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, die Antragstellerin betreffend, ein, wegen deren Einzelheiten auf Blatt 521 bis 526 RS sowie Blatt 528 bis 533 RS der Verwaltungsakte verwiesen wird.
Am 17.03.2014 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin erstmals zur Beantragung einer (vorzeitigen) Altersrente auf. Diesen Bescheid hob er unter dem 2.7.2014 im Widerspruchsverfahren auf (vgl. Blatt 578 der Verwaltungsakte), nachdem zuvor das Sozialgericht Potsdam zum Aktenzeichen S 38 AS 1168/14 ER die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet hatte.
Mit Bescheid vom 7.7.2014 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin erneut zur Beantragung einer (vorzeitigen) Altersrente auf. Unter Abwägung aller Gesichtspunkte sei er zu der Entscheidung gekommen, sie zur Beantragung dieser vorrangigen Leistung aufzufordern. Das Jobcenter sei gehalten, wirtschaftlich und sparsam zu handeln. Die Antragstellerin sei verpflichtet, die Hilfebedürftigkeit zu beseitigen oder zu verringern. Es seien keine maßgeblichen Gründe ersichtlich, welche gegen die Beantragung der genannten vorrangigen Leistung sprächen. In Abwägung der Interessen der Antragstellerin mit dem Interesse an wirtschaftlicher und sparsamer Verwendung von Leistungen nach dem SGB II sei der Antragstellerin die Beantragung der genannten vorrangigen Leistung zumutbar, da Hilfebedürftigkeit in ihrem Fall beseitigt bzw. verringert werde. Bei seiner Ermessensentscheidung habe er die Voraussetzungen der Unbilligkeitsverordnung geprüft. Keine der darin genannten Ausnahmen lägen vor. Auch wenn die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente eine finanzielle Einbuße beinhalte, könne auch nach Prüfung und Abwägung mit den Gründen der Unbilligkeitsverordnung in Verbindung mit § 12 a und § 5 Abs. 3 SGB II nicht auf eine vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente verzichtet werden. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Bescheides wird au...