Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Auskunftsanspruch des GKV-Spitzenverbands gegenüber einer Apotheke bei zwischengeschaltetem Lohnhersteller
Leitsatz (amtlich)
1. Der GKV-Spitzenverband ist berechtigt, seinen Auskunftsanspruch nach § 129 Abs 5c S 4 SGB 5 gegenüber einer Apotheke im Wege des Erlasses eines Verwaltungsaktes geltend zu machen.
2. Allerdings besteht kein Anspruch des GKV-Spitzenverbandes gegenüber einer Apotheke auf Erteilung von Auskünften zu den tatsächlich vereinbarten Einkaufspreisen eines zwischengeschalteten Lohnherstellers für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen.
Tenor
1. Der Bescheid vom 10.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2012 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Im Streit ist die Verpflichtung der Klägerin, dem Beklagten Auskünfte nach § 129 Abs. 5c Satz 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) zu erteilen.
Die Klägerin ist Inhaberin der in ... gelegenen ... Apotheke. Jedenfalls im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.10. bis 31.12.2011 wurden in der Apotheke der Klägerin aus Fertigarzneimitteln zubereitete parenterale Zytostatika an Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben.
Der Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 15.08.2011 auf, für bestimmte einzeln bezeichnete Wirkstoffe die bezogenen Mengen, die Bezugsquellen sowie die tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2011 anzugeben.
Die Klägerin teilte hierzu mit Schreiben vom 07.11.2011 mit, ihre Apotheke würde parenterale Zubereitungen mit den genannten Wirkstoffen von dem behördlich zugelassenen Herstellerbetrieb, der ... GmbH (…-GmbH) produzieren lassen. Dieser stelle ihr die Gesamtleistung in Rechnung. Bezugspreise des Herstellerbetriebs für die Wirkstoffe oder andere Pharmazeutika, die bei der Produktion der Zubereitungen eingesetzt würden, lägen ihr nicht vor.
Mit “Anhörungsschreiben„ vom 27.03.2012 teilte der Beklagte der Klägerin daraufhin mit, der Auskunftsanspruch bestehe auch dann, wenn die Apotheke parenterale Zubereitungen durch einen Herstellungsbetrieb herstellen lasse. Die Apotheke müsse die entsprechenden Informationen dort einholen. Sie beabsichtige nunmehr ihren Auskunftsanspruch mit einem Bescheid, jetzt allerdings für den Zeitraum vom 01.10. bis 31.12.2011 durchzusetzen.
Die Klägerin legte daraufhin die ihr gegenüber erstellten Rechnungen der …-GmbH für das 4. Quartal 2011 vor, aus denen allerdings nur der jeweilige Gesamtpreis für verwendetes Fertigarzneimittel und Zubereitung zu ersehen ist.
Mit Bescheid vom 10.05.2012 forderte daraufhin der Beklagte die Klägerin auf, nach § 129 Abs. 5c Satz 4 SGB V für bestimmte, einzeln bezeichnete Wirkstoffe Auskünfte u.a. über Bezugsmengen und Einkaufspreis der bei der Zubereitung verwendeten Fertigarzneimittel zu erteilen.
Zur Begründung ihres hiergegen am 08.06.2012 eingelegten Widerspruches führte die Klägerin u.a. aus, sie habe dem Beklagten ihre Bezugsquelle, die verarbeiteten Mengen und ihre mit der ...-GmbH vereinbarten Einkaufspreise genannt. Soweit der Beklagte auch die Einkaufspreise der eingesetzten Fertigarzneimittel verlange, müsse er sich an den pharmazeutischen Unternehmer wenden. Die Einkaufspreise der ...-GmbH über die von ihr verarbeiteten Arzneimittel würden in den Rechnungen an sie nicht ausgewiesen, sie seien ihr unbekannt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2012 wies der Beklagte den Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung zurück, die Klägerin müsse die geforderte Auskunft bei ihrem Lohnhersteller einholen, falls die Einkaufspreise ihres Lohnherstellers ihr nicht bekannt seien.
Hiergegen hat die Kläger am 26.10.2012 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) mit dem Begehren erhoben, die streitgegenständlichen Bescheide aufzuheben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, der Beklagte habe bereits formell keine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts mit dem Inhalt des hier streitigen Auskunftsanspruchs gehabt. § 129 Abs. 5c Satz 4 SGB V beinhalte keine ausdrückliche Berechtigung des Beklagten zum Erlass eines solchen Verwaltungsaktes. Der Beklagte stehe auch in keinem Über- und Unterordnungsverhältnis, sondern in einem Gleichordnungsverhältnis zu ihr, sodass auch aus diesem Verhältnis keine Verwaltungsaktbefugnis abgeleitet werden könne. Aufgrund des belastenden Charakters des Auskunftsanspruchs sei aber eine gesetzliche Grundlage als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Bescheids als Verwaltungsakt erforderlich. Diese ergebe sich auch nicht aufgrund einer Auslegung des § 129 Abs. 5c Satz 4 SGB V.
Selbst für den Fall, dass § 129 Abs. 5c Satz 4 SGB V dem Beklagten eine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes in Form des Bescheides gebe, sei der Inhalt des Bescheids nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 129 Abs. 5c Satz 4 SGB V umfasst. Adressat des Auskunftsanspruchs sei nach dem eindeutigen Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage ausschließlich der Apotheker, der...