Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunftskosten. regelmäßige Schönheitsreparaturen. mietvertragliche Verpflichtung. Darlehen bei Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel. Abgrenzung zur Auszugsrenovierung
Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen der Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB 2 sind nur mietvertraglich geschuldete Schönheitsreparaturen als einmalige Leistungen zu übernehmen.
2. Ist eine entsprechende Mietvertragsklausel nichtig (vgl BGH vom 5.4.2006 - VIII ZR 106/05 = NJW 2006, 2113 zu Klauseln mit starrem Fristenplan), können Schönheitsreparaturen allenfalls als Darlehen übernommen werden.
Orientierungssatz
Davon abzugrenzen ist die Frage der Kosten einer sog Schlussrenovierung beim Auszug einer Wohnung, die zum Teil den Umzugskosten (§ 22 Abs 3 SGB 2) zugerechnet werden können.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Berufung wird bezüglich der Schönheitsreparaturen zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in diesem Verfahren (s. a. Parallelverfahren S 1 AS 21/06) darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten für die Anschaffung von Wohnungseinrichtung (Kleiderschränke, Leuchten), Renovierung und Schönheitsreparaturen zu übernehmen.
Die 1955 geborene und geschiedene Klägerin lebt mit ihren beiden Töchtern V. (geb. 7.8.1990) und M. (geb. 14.6.1992) in einer 3 bis 4-Zimmer-Wohnung mit Küche/Bad. Im Mietvertrag vom 25.4.1997 hat sie sich in § 8 verpflichtet, die während der gesamten Vertragsdauer nach Maßgabe eines Fristenplanes fällig werdenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten zu übernehmen. Unter Schönheitsreparaturen sind zu verstehen: Anstrich und Tapezierung der Wände, Decken, Heizkörper, Versorgungsleitungen und des Holzwerkes. Sie verpflichtete sich, Küche, Speisekammer, Besenkammer, Bad, Dusche, WC alle drei Jahre, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Dielen und alle sonstigen Räume alle fünf Jahre zu renovieren.
Sie bezog bis Ende 2004 Lebensunterhalt von der Stadt L.; seit 1.1.2005 erhält sie Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Alg II) von der Beklagten.
Am 15.2.2006 schrieb sie der Beklagten, dass sie einen Kleiderschrank für sich und ihre Kinder beantrage und außerdem Renovierungsgeld für die Küche und das größere Kinderzimmer.
Die Beklagte lehnte aber die Übernahme dieser Kosten ab (Bescheid vom 16.2.2006). Der bei allen Hilfesuchenden etwa gleiche Bedarf an Ernährung, hauswirtschaftlichem Bedarf und kleineren persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens werde anhand von Bedarfsuntersuchungen durch die Gewährung eines pauschalierten Regelsatzes berücksichtigt. Die von ihr beantragte Sonderleistung sei durch die gewährte Regelleistung in Höhe von monatlich 828,00 € abgedeckt und stelle nach den ihr vorliegenden Unterlagen keinen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes dar, so dass eine Übernahme der Kosten nicht möglich sei.
Dagegen legte die Klägerin am 20.2.2006 Widerspruch ein. Nach einem Schreiben der Stadtverwaltung L. vom 6.8.2004 seien die Regelsätze um 45,00 € monatlich angehoben worden, so dass Kleidung und kleinere Gebrauchsgegenstände davon bezahlt werden könnten. Möbel seien aber keine kleineren Gebrauchsgegenstände. Sie glaube, dass in ihrem besonderen Fall durchaus eine einmalige Hilfe gewährt werden könnte. Obwohl es schon sehr schwierig sei, Kleidung von den angehobenen Regelsätzen zu bestreiten, sei es ihr nahezu unmöglich, einen Kleiderschrank davon zu bezahlen und zwei Lampen und die Küche, die laut Mietvertrag regelmäßig zu renovieren sei. Auch könne in diesem Fall nicht nach § 23 Abs. 1 SGB II entschieden werden, ihr ein Darlehen zu gewähren.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch zurück (Bescheid vom 27.2.2006). Bei dem Kleiderschrank und den Lampen handele es sich nicht um eine Erstausstattung im Sinne von § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II. Die Klägerin habe die Wohnung bereits 1997 bezogen. Es liege somit lediglich Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf vor, der aus den Regelleistungen zu decken sei. Auch für die beantragte Renovierung ergäbe sich aus dem SGB II keine Rechtsvorschrift, die hier zum Tragen kommen könne, so dass auch die Renovierung von den vorhandenen Regelleistungen abgedeckt werden müsse. Ein unabweisbarer Bedarf im Sinne des § 23 Abs. 1 SGB II sei ebenfalls nicht zu erkennen.
Dagegen hat die Klägerin am 6.3.2006 Klage erhoben.
Nach § 21 Abs. 1a Nr. 4, Nr. 6 BSHG habe sie ein Recht auf Instandsetzung von Gebrauchsgegenständen durch einmalige Leistung. Es sei unzumutbar, ihre Bekleidung, egal welcher Art, in einem Zimmer zu stapeln, anstatt sie in einem Kleiderschrank unterzubringen. Es dürfte bekannt sein, dass dadurch mit der Zeit Ungeziefer angelockt würde. Ebenso sei es unzumutbar, ihre beiden Töchter ein dunkles, unbeleuchtetes Zimmer bewohnen zu lassen. Laut Mietvertrag sei es ihre Pflicht, ihre Küche regelmäßig zu renovieren. Das Alg II erhalte sie nicht in der vollen Summe, weshalb sie auf keinen Fall einen Kleiderschrank, zwei Lampen und Reno...