Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von Analogleistungen nach dem AsylbLG bei rechtsmissbräuchlich beeinflusster Dauer des Aufenthalts. Fortschreibung der Höhe der Grundleistungen
Orientierungssatz
1. Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von den §§ 3, 4, 6 und 7 AsylbLG das SGB 12 auf diejenigen Leistungsberechtigten anzuwenden, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechungen im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.
2. Nur ein Verhalten, das unter der besonderen Situation eines Ausländers in Deutschland und der besonderen Eigenheiten des AsylbLG unentschuldbar ist, führt zum Ausschluss von Analogleistungen. Hierzu zählen u. a. ein vorübergehendes Untertauchen und unterschiedliche Angaben zur Identität in Bezug auf das Geburtsdatum. In solchen Fällen kommt die Gewährung von Analogleistungen nicht in Betracht.
3. Hinsichtlich der Höhe von Grundleistungen gemäß § 3 AsylbLG hat der Gesetzgeber in Abs. 4 eine klare Regelung hinsichtlich der Fortschreibung der Leistungssätze des AsylbLG getroffen und die Fortschreibung nicht in das Ermessen der Exekutive gestellt. Auf die rechtswidrig unterbliebene Anpassung und Bekanntmachung der Leistungssätze durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kommt es daher nicht an.
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung ver-pflichtet, dem Antragsteller rückwirkend ab Stellung des Eilantrags weitere 18,00 EUR monatlich als Grundleistungen gemäß § 3 AsylbLG - vorläufig und unter Vorbehalt der Rückforderung - bis zum Abschluss des anhängigen Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 08.01.2019 und eines sich ggf anschließenden Klageverfahrens auszuzahlen.
Im Übrigen wird Antrag abgelehnt.
Der Antragsgegner hat die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Der im Oktober 1999 geborene Antragsteller lebt in Achim. Der Antragsgegner ist zuständiger Träger der Leistungen nach dem AsylbLG. Der Antragsteller reiste am 05.01.2017 in die Bundesrepublik ein und meldete sich in der Erstaufnahmeeinrichtung D., stellte jedoch keinen Asylantrag. Am 10.08.2017 meldete er sich beim Antragsgegner und beantragte Grundsicherungsleistungen. Der Aufenthalt zwischen Januar 2017 und August 2017 ist unbekannt. Während der Antragsteller in der Erstaufnahmeeinrichtung in D. als Geburtsdatum den 01.01.1996 angab, gab er im August 2017 gegenüber dem Antragsgegner den 10.10.1999 als Geburtsdatum an. Er verfügt über eine Duldung gemäß § 60a AufenthG und ist ausreisepflichtig.
Mit Bescheid vom 08.01.2019 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen gemäß § 3 AsylbLG für den Monat Januar 2019 in Höhe von 619,00 EUR. Im Bescheid teilte der Antragsgegner mit, dass die Unterkunft nicht mehr als Sachleistung zur Verfügung gestellt werde, sondern eine Gebühr für die Nutzung in Höhe von 290,00 EUR festgesetzt werde, die direkt an die Wohnungsgeber gezahlt werde. Außerdem wird ein Betrag für Stromkosten in Höhe von 25,00 EUR abgezogen. Hiergegen legte der Antragsteller am 21.01.2019 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.
Am 6.3.2019 hat sich der Antragsteller an das erkennende Gericht gewandt.
Er trägt vor, er halte sich seit über 15 Monaten durchgehend im Bundesgebiet auf und habe die Dauer seines Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich verlängert. Die geminderten Sätze nach § 3 AsylbLG seien im Hinblick auf das durch die Regelsätze der Sozialhilfe zu sichernde menschenwürdige Existenzminimum allenfalls übergangsweise mit Art 1 Abs 1 GG vereinbar. Der Antragsgegner sei beweisbelastet hinsichtlich der Rechtsmissbräuchlichkeit. Bezüglich des Hilfsantrags bestehe Anspruch auf die fortgeschriebenen Regelsätze gemäß in § 28a SGB XII, auch wenn die Veröffentlichung durch das Bundesministerium (BMAS) gemäß § 3 Abs 4 Satz 3 AsylbLG bislang unterblieben sei. Dies habe das Gericht bereits im Urteil vom 13.11.2018 - S 19 AY 15/18 - entschieden. Auch das Landessozialgericht in Celle gehe im Beschluss vom 01.11.2018 - L 8 AY 37/18 B ER - davon aus, dass eine Anpassung der Leistungssätze zu erfolgen habe. Hilfsweise sei der Unterschiedsbetrag von 17,00 EUR nach Maßgabe des § 6 Abs 1 Satz 1 AsylbLG zu gewähren, da diese Leistungen unerlässlich seien.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Leistungen nach § 2 Abs 1 AsylbLG iVm SGB XII zu gewähren, hilfsweise, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm Grundleistungen nach § 3 Abs 4 Satz 1 und 2 AsylbLG, die entsprechend der Veränderungsraten nach § 28a SGB XII iVm den Verordnungen nach § 40 Satz 1 Nr 1 SGB XII fortgeschrieben wurden, in der sich hieraus ergebenden Höhe zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Eilantrag und den Hilfsantrag abzulehnen.
Er trägt vor, der Antragsteller sei nach Abmeldung...