Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Grundleistung. Fortschreibung der Geldbeträge. Koppelung an die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a SGB 12. Erforderlichkeit einer vorherigen Entscheidung durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber
Orientierungssatz
Die Erhöhung der Grundleistungen gemäß § 3 Abs 4 AsylbLG ist an die Erhöhung der Regelbedarfe nach dem SGB 12 gekoppelt. Soweit eine Leistungsveränderung nach dem SGB 12 feststeht, sind die Leistungen nach § 3 AsylbLG entsprechend anzupassen. Eine vorherige Entscheidung durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber ist nicht notwendig.
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung für die Zeit vom 27.12.2018 bis 31.12.2019 monatlich weitere 18,00 EUR an Asylbewerberleistungen zu gewähren. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten Antragstellers zu erstatten. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt D., E. gewährt. Eine Ratenzahlung wird nicht angeordnet.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Der Antragsteller reiste 1998 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Dieser wurde rechtskräftig abgelehnt. Er legte keinen Pass vor. Seine Identität und Herkunft waren nicht feststellbar. Insgesamt hat er während seines Aufenthaltes sechs unterschiedliche Namen und mehrere Geburtsdaten angegeben. Er gab an, aus Sierra Leone zu stammen. Die entsprechende Botschaft kam nach einem Interview des Antragstellers jedoch zu dem Ergebnis, dass er höchstwahrscheinlich nicht Sierra-Leonischer Staatsbürger sei. Möglicherweise stamme er aus Genua. Aufgrund der Passlosigkeit und der Unmöglichkeit der Identitätsfeststellung konnte er nicht abgeschoben werden. Er wurde daher seit 2000 geduldet. Auf seinen Antrag hin erhielt er Leistungen nach § 3 AsylbLG. Der notwendige persönliche Bedarf wurde zuletzt mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren (AsylVfBeschlG II) vom 11. März 2016 zum 01. April 2016 neu gefasst. Mit dem Entwurf eines dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes sollte eine Neufestlegung der Bedarfe nach § 3 AsylbLG zum 1. Januar 2017 anhand der Einkommens- und Verbraucherprobe 2013 erfolgen. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz allerdings nicht zu. Dieses Gesetz ist nach dem Grundsatz der Diskontinuität mit dem Ende der 18. Wahlperiode erledigt. In der Folge ist es nicht zu einer Anpassung der Leistungshöhe von § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AsylbLG gekommen. Mit Bescheid vom 1. Juni 2018 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für Juni 2018 Leistungen nach § 3 AsylbLG. Hiergegen wurde am 7. Juni 2018 Widerspruch erhoben. Im Juli und August wurde die Leistung in gleicher Höhe ohne den Erlass eines neuen Bescheides ausgezahlt. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2018 wies der Antragsgegner den Widerspruch als unbegründet zurück. Hiergegen erhob der Antragsteller am 2. September 2018 Klage vor dem Sozialgericht Stade (S 19 AY 15/18). Mit Urteil vom 13. November 2018 hat das Gericht den Antragsgegner unter Abänderung des Bescheides zur Auszahlung von angepassten Leistungen verurteilt und die Berufung zugelassen. Die erhobene Berufung ist unter dem Aktenzeichen L 8 AY 49/18 beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anhängig. Seit September 2018 wurden die Leistungen weiterhin in gleicher Höhe ohne den Erlass eines neuen Bescheides ausgezahlt. Am 27.12.2018 ist für den Antragsteller ein Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht Stade gestellt worden. Für den Antragsteller wird vorgetragen, dass er einen höheren Anspruch auf Leistungen habe. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylbLG seien die notwendigen Bedarfe zum 1. Januar eines Jahres entsprechend der Veränderungsrate nach § 28 a SGB XII in Verbindung mit der Verordnung nach § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII fortzuschreiben. Da zum 1. Januar 2017, 2018 und 2019 eine Erhöhung des Regelbedarfs nach den SGB XII erfolgt sei, habe der Antragsteller einen entsprechenden höheren Anspruch auf Leistungen. Der Antragsteller beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm höhere Asylbewerberleistungen entsprechend der Veränderungsrate nach dem SGB XII zu gewähren, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt D. zu bewilligen. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen. Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass er keinen höheren Anspruch auf Leistungen habe, da der Gesetzgeber bisher versäumt habe, eine entsprechende Anpassung vorzunehmen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales müsse nach § 3 Abs. 4 Satz 4 AyslbLG eine entsprechende Verordnung erlassen. Dies sei nicht geschehen. Das Bundesamt für Arbeit und Soziales habe aufgrund einer Anfrage des Sozialgerichts Bremen mitgeteilt, dass für eine Fortschreibung der Grundleistungssätze eine Bekanntgabe der aktuellen Leis...