Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Erstattung von Aufwendungen für die Prozessvertretung durch einen Verband. Anforderungen an die satzungsmäßige Regelung von Auslagenersatzansprüchen gegen die Verbandsmitglieder
Orientierungssatz
Eine Erstattung von Auslagen, die einer Partei im Rahmen einer Prozessvertretung im sozialgerichtlichen Verfahren durch einen sie vertretenden Verband (hier: Landvolk Niedersachsen Kreisverband Bremervörde e.V.) entstanden sind, kommt nur dann in Betracht, wenn die Satzung des Verbandes eine ausreichende Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung von Auslagenersatz gegen die Mitglieder enthält und damit der Anspruch auf Erstattung von Auslagen gegenüber dem Mitglied wirksam auf der Basis der Satzung entstanden ist. Eine bloße satzungsmäßige Ermächtigung an den Vorstand zur Festlegung von Kostenpauschalen für besondere Dienstleistungen genügt dem nicht, so dass in einem solchen Fall eine Erstattung von Auslagen im Rahmen des § 193 Abs. 2 SGG nicht in Betracht kommt.
Tenor
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Stade vom 6. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Erinnerungsführer begehrt die Erstattung der Aufwendungen, die er nach eigenen Angaben für die Prozessvertretung in dem Rechtsstreit S 1 KR 12/09 dem B. e.V. zu leisten verpflichtet ist.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung der Kostenfestsetzung ist zunächst, dass der Erinnerungsführer zur Erstattung der geltend gemachten Kosten verpflichtet ist.
Nach § 193 Abs 2 SGG sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Anwendungen der Beteiligten erstattungsfähig. Da nach Abs 3 die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands stets erstattungsfähig ist, werden von Abs 2 die Aufwendungen erfasst, die von der speziellen Regelung des Abs 3 nicht erfasst werden.
Nach § 73 Abs 2 Satz 2 Nr 8 SGG sind Mitgliedervereinigungen vertretungsbefugt, deren satzungsmäßige Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten. Die Bevollmächtigten nach dieser Regelung sind befugt, in allen sozialgerichtlichen Streitigkeiten aufzutreten. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Tätigkeit stets im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben der gesamten Einrichtungen bewegt, wobei der Satzungszweck nicht auf die in der Regelung genannten Zwecke beschränkt sein muss. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. März 2007 - B 9a SB 3/05 R) können grundsätzlich Kosten für einen Verbandsvertreter notwendiger Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren nach § 63 Abs 1 SGB X darstellen. Gleiches gilt für Kosten des Klageverfahrens nach § 193 Abs 2 SGG.
Voraussetzung für eine Kostenerstattung ist nach der Rechtsprechung des BSG (aaO) die Rechtswirksamkeit der Forderung, hier des D. e.V., gegen den Erinnerungsführer.
Die Erstattungsfähigkeit von Auslagen eines Verbandsvertreters ist in § 7 des Gesetzes über die außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen (RDG) geregelt. Der Verbandsvertreter wird im Rahmen einer erlaubnisfreien Tätigkeit nach § 7 RDG tätig. Die Rechtsberatung durch eine Vereinigung ist erlaubnisfrei. Sein Anspruch auf Kostenerstattung richtet sich allein nach § 193 Abs 2 SGG. In diesem Rahmen ist stets der Nachweis erforderlich, dass die geltend gemachten Aufwendungen gerade in diesem konkreten Verfahren angefallen sind und notwendig waren. Diese Notwendigkeit ist jedoch nur dann gegeben, wenn das Mitglied aufgrund der Satzung des Verbandes zur Zahlung entsprechender Auslagen verpflichtet ist.
Ebenso wie die gesetzlichen Gebührenordnungen eine Grundlage dafür bilden, dass die Entstehung und Höhe einer Kostenforderung nachvollzogen werden kann und damit gleichzeitig die Notwendigkeit der Kosten nachgewiesen ist, müssen auch die satzungsrechtlichen Regelungen Gewähr für eine solche Nachvollziehbarkeit und Notwendigkeit bieten (BSG, aaO).
Eine entsprechende Anspruchsgrundlage enthält die Satzung des Verbandes, von dem sich der Erinnerungsführer hat vertreten lassen, nicht. Diese Satzung des Landvolks Niedersachsen Kreisverband Bremervörde e.V. erhält in § 19 Abs 2 lediglich die Ermächtigung, dass der geschäftsführende Vorstand die Höhe von Kostenpauschalen für besondere Dienstleistungen festlegen darf. Die Satzung enthält jedoch keine Regelung, ob und ggf in welcher Höhe diese Vertretung zu vergüten ist. Lediglich der offensichtlich vom Vorstand unter Berücksichtigung der Ermächtigungsgrundlage in § 19 Abs 3 der Satzung erlassene Beschluss über Dienstleistungspauschalen aus 2002 regelt, dass für Klagen vor Gericht eine Pauschale in Höhe von 150,00 bis 300,00 EUR zuzüglich Mehrwertst...